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Ratgeber

Geht bei uns nicht? Was Unternehmen tun müssen, damit Homeoffice funktioniert

Seit 2013 stagniert die Zahl der im Homeoffice tätigen Mitarbeiter. Woran liegt’s? Was braucht es auf Unternehmensseite, damit Homeoffice funktioniert?

Von Alexandra Vollmer
4 Min.
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Damit Homeoffice im Unternehmen gelingt, braucht es eine tragfähige Vision, professionelle Führung und eine große Portion Vertrauen. (Foto: Branislav Nenin/Shutterstock)

Immer mehr Tätigkeiten können außerhalb des Firmenbüros erledigt werden. So arbeiten bereits viele Mitarbeiter aus Vertrieb, Marketing, Entwicklung und Projektmanagement zeitweise im heimischen Büro, im Café vor Ort oder in der Bahn. Doch Routine ist das in deutschen Unternehmen noch lange nicht. In vielen Firmen gibt es zwar flexible Arbeitszeiten, aber erst wenige bieten ihren Angestellten die Möglichkeit, zumindest teilweise ortsunabhängig zu arbeiten.

Das Hauptproblem sind nicht die Mitarbeiter

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Viele Einwände gegen das Homeoffice-Konzept seien vorgeschoben, meint Geschäftsführer-Coach Bernd Geropp. „Unsere Mitarbeiter können das nicht“, so die Aussage vieler Firmen. Die eigene und gemeinsame Verfügbarkeit selbstständig zu koordinieren, sei mit den Mitarbeitern nicht zu machen: „Wir haben das mal ausprobiert. Das können die nicht“, laute das überwiegende Feedback von Unternehmensseite. „Das glaube ich sogar“, so Geropp. „Wer 20 Jahre lang autoritär geführt und dem jeder Handgriff vorgegeben wurde, der verlernt mit der Zeit, im Job selbstständig zu agieren.“ Für Geropp eine erlernte Hilflosigkeit. Eigenverantwortlich zu arbeiten, müsse sich der Mitarbeiter erst wieder aneignen. Doch in der Regel sei der Mitarbeiter gar nicht das Problem. „Die Führungskräfte selbst müssen erst einmal lernen, sich zu führen, sich zu organisieren und sich vernünftig ihre Zeit einzuteilen“, ist Geropp überzeugt. „Die Grundlagen der Führung beherrschen viele nicht.“ Wenn Führungskräfte jedoch bereits daran scheitern, sich vernünftig zu organisieren, wie könne man dann annehmen, dass es die Mitarbeiter auf Anhieb können?

Wenn man das Falsche misst

In vielen Unternehmen werde die Anwesenheit der Mitarbeiter belohnt – und nicht der Nutzen, den sie für das Unternehmen erbringen. „Führungskräfte in solchen Unternehmen mikromanagen den Prozess, anstatt mit einem kooperativen Führungsstil vernünftige Ziele zu vereinbaren und diese dann zu kontrollieren“, so Geropp. „Diese Manager kontrollieren Arbeitszeit statt Ergebnisse.“ In einem solchen Umfeld habe es das Homeoffice-Konzept naturgemäß schwer. „Manager ziehen alle Register, um nicht die Kontrolle zu verlieren – die Kontrolle über das Wie – anstatt sich Gedanken über das Warum und Wohin zu machen.“ Die Konsequenz: Es gibt keine großen Ziele, an denen sich Führungskraft und Mitarbeiter orientieren könnten. „Wenn aber das Warum fehlt, dann arbeiten Mitarbeiter nicht für die Sache, sondern hauptsächlich fürs Geld“, so Geropp. Und genau dann sei man in der Situation, dass Mitarbeiter jede Nische suchen, sich vor der Arbeit zu drücken. Sie seien im Homeoffice dann tatsächlich nicht produktiver. Im Gegenteil. Doch diese Mitarbeiter seien auch nicht engagiert, wenn sie im Betrieb sind. Dort werde zwar deren Anwesenheit kontrolliert. „Das bedeutet aber keineswegs, dass der Mitarbeiter währenddessen auch produktiv ist“, so Geropp.

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7 Tipps, wie Homeoffice im Unternehmen gelingt:

Dabei profitiere ein Unternehmen von Mitarbeitern, die sich einen oder mehrere Tage aus dem Betrieb rausziehen und an anderen Orten arbeiten, ist Geropp überzeugt. Nicht nur, dass der Mitarbeiter durch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf befreiter und so auch deutlich produktiver arbeiten kann. In der Regel könne man außerhalb der Büroräume auch ungestörter an einer Sache arbeiten und oft auch mehr Kreativität entwickeln. Geropp gibt sieben Tipps, wie Homeoffice im Unternehmen funktionieren kann:

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  1. Kläre das Warum. Warum gibt es dein Unternehmen? Was ist deine Vision? Du kannst Mitarbeiter nicht mit Zielen führen, wenn ihr nicht wisst, wohin die Reise geht.
  2. Führe mit Zielen. Vereinbare klare Ziele mit deinen Mitarbeitern. Besonders zu Beginn können Mitarbeiter oft schwer mit der neuen Freiheit umgehen. Ihnen ist unklar, wie viel und woran sie zu Hause arbeiten können. Am besten, ihr definiert gemeinsam die groben To-dos. Wichtig: Kontrolliere im Anschluss nur das Ergebnis.
  3. Kläre die Erwartungen. Welche Erwartungen haben beide Seiten ans Homeoffice-Konzept? Gibt es möglicherweise bestimmte Rahmenbedingungen, wann Homeoffice geht und wann nicht? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein? Gibt es Kernarbeitszeiten oder Kernarbeitstage? Schreibe das in einer groben Leitlinie fest.
  4. Triff konkrete Vereinbarungen. Wenn du in deiner Abteilung oder in deinem Unternehmen Homeoffice-Tage einführst, kann es sinnvoll sein, bestimmte Rollen und Prozesse festzuschreiben. Wie läuft die Organisation der Meetings? Wer kümmert sich wie um welche Anfragen und wie schnell? Welche Erreichbarkeit muss im Homeoffice gegeben sein? Ist es ausreichend, wenn der Mitarbeiter per E-Mail erreichbar ist und die E-Mails alle vier Stunden liest oder braucht es möglicherweise eine telefonische Erreichbarkeit zu Kernzeiten?
  5. Nutze geeignete technische Systeme. Erhält jeder, der im Homeoffice arbeitet, einen Laptop? Muss der Mitarbeiter im Homeoffice einen Internetzugang haben? Ist die Sicherung der Daten ein Thema? Welche Möglichkeiten lassen sich für die Kommunikation nutzen? Sind Videokonferenzen, Skype, Google Hangout oder Slack einsetzbar, um die Mitarbeiter zu verbinden?
  6. Coache deine Mitarbeiter. Homeoffice erfordert von den Mitarbeitern ein höheres Maß an Selbstorganisation. Sie müssen Anwesenheit, Termine und Projektziele im Team sehr genau absprechen, damit Projekte sauber geplant und Termine eingehalten werden. Als Führungskraft kannst du bei Anlaufschwierigkeiten helfen. So lässt sich Zeitmanagement beispielsweise gut erlernen.
  7. Hab Vertrauen. Gehe in Vorleistung. Vertraue deinen Mitarbeitern, dass sie Homeoffice nicht ausnutzen. Wenn du dich als Führungskraft richtig verhältst, wenn du Orientierung gibst, nur Ergebnisse und nicht den Weg dorthin kontrollierst, dann werden deine Mitarbeiter dein Vertrauen nicht enttäuschen.

„Am Anfang wird vermutlich Einiges schief gehen“, weiß Geropp aus Erfahrung. Das sei normal. Sowohl Team als auch Führungskraft müssten sich erstmal angemessen organisieren. „Die Führungskraft hat keinen kurzfristigen Zugriff mehr auf ihre Mitarbeiter, um mal schnell etwas erledigt zu bekommen oder nachzufragen“, stellt Geropp in Aussicht. Das sei auch gut so. „Denn das zwingt die Führungskraft dazu, richtig zu planen und zu delegieren.“

Hinweis in eigener Sache: Aufgrund der Corona-Pandemie wechseln auch in Deutschland ganze Unternehmen ins Homeoffice. Doch wie geht das eigentlich – und was müssen Führungskräfte dabei beachten? Der neue t3n Guide „Führen im Homeoffice“ liefert praxisnahe und verständliche Antworten. Hier entlang: Homeoffice-Guide: Praxis-Guide zum richtigen Führen auf Distanz!
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Benjamin

Ich bin Team Lead einer 15-Kopf Crew. Und in der Tat muss man den Leuten vertrauen –
Am Ende zählt eher was der einzelne Mitarbeiter draus macht. Als Team Lead kann ich nur vertrauen und beten. Mir geht das ewige Glorifizieren von homeoffice auf die Nerven. Lasst uns mal auch aussprechen, dass es auch downsides hat.

Hier hats leider nicht so toll funktioniert, wie man in all den NewWork Bibeln liest. Es wurde natürlich ordentlich ausgenutzt. Die Leute waren nicht mehr zu greifen und melden sich erst nach Studen zurück. Freitag wollten plötzlich alle Homeoffice machen. Und kaum einer war am Freitag echt am arbeiten.

Ziele sind sicherlich hilfreich – aber dafür muss die Firma auch entsprechend aufgestellt sein. In kleinen Agenturen sind Dinge oft eben nicht im Vorlauf schön als „Zielvereinbarungen“ planbar. Geht nicht. Da ruft der Kunde plötzlich an und man muss was checken. Rechnungen müssen kurzum korrigiert werden. Software muss plötzlich doch 2 Tage früher zur Kundendemo. Sounds müssen im Tonstudio neu aufgenommen werden und in die VR neu integriert werden. Jemand wird krank und man muss umshiften. Kurz: Die wenigsten Aufgaben in der Agentur hier kann man schön im Voraus planen und dann in Ruhe weg-produzieren. Das meiste ist eben flexibles reagieren…

Und ja: Ich denke, bei uns (!) verliert man mit Homeoffice eher Produktivität. Die Leute reden weniger miteinander als im Office. Office ist ein Tool und zuhause per Slack geht viel vom einfachen Raum-Austausch verloren. Ja, man KANN konzentrierter arbeiten, da weniger Störung – aber der Vorteil verpufft, weil der Druck zuhause weniger da ist und heimliches Netflix und Co die gewonnene Produktivität wieder nehmen.

Am Ende ist HomeOffice voll anhängig von den Mitarbeitern (nutzen sie es aus oder sind die anständig?) und vom Typ der Firma und deren Prozessen (schnelles Agenturleben oder strukturierte Produkentwicklung?). Ich wünschte mir etwas mehr kritische Berichterstattung darüber.

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