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Kolumne
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„Ganz kurz nur“: Wie Chefs jede Weiterbildung innerhalb von Sekunden ruinieren

Wieder nichts gelernt? In Seminaren sitzen häufig Menschen, die nur noch kurz was erledigen müssen. Das ist traurig, falsch und Geldverschwendung. Und es nervt.

3 Min.
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In Seminaren sollten Mitarbeiter ungestört sein. (Foto: Jacob Lund / Shutterstock)

Die leichte Schulterrotation kündigt an, dass es schon wieder passiert: Die Seminarteilnehmerin greift in ihre Hosentasche, der Blick wandert unter den Tisch, die Lippen pressen sich zu einem Strich. Sie schaut aufs Telefon. In der Pause spricht die Dozentin sie an. Ihre Sorge: Die Teilnehmerin langweilt sich. Was wirklich passiert: Der Vorgesetzte schickt ihr den ganzen Tag über kleine Aufgaben und Rückfragen. Die Nachrichten beginnen mit den Worten „ganz kurz nur“.

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Die Dozentin ist eine Freundin von mir, und sie kennt das. Ich kenne das auch. Die meisten Menschen kennen das: Wollen sie sich weiterbilden, dann ist das Arbeitszeit. Und damit sind sie erreichbar. Dabei sollte genau das Gegenteil der Fall sein. Wer lernen will, der benötigt einen geschützten Raum. Können sie den nicht bieten, dann stellen sich Führungskräfte auf eine Stufe mit Kleinkindern. Deren Fragen können auch nicht warten.

Doppelter Stress und kein Lerneffekt

Setzen wir das Gehirn unter Stress, dann hat es anderes zu tun, als neue Erinnerungen zu bilden. Es mag lediglich eine emotionale Verknüpfung entstehen: Weiterbildung + ständige Anfragen = doppelter Stress + kein Lerneffekt.

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Als Referentin kann man schon zur Mittagszeit des ersten Tages sehr genau vorhersagen, wer am Ende etwas gelernt haben wird. Es sind die Menschen, deren Telefone noch nie zu sehen waren. Wenn sie ihre Lippen zusammenpressen, dann folgt eine interessierte Frage. In den Pausen stellen sie sich ihren Sitznachbarn vor. Sie stellen Fragen und formen die Lerneinheiten damit. Als Dozentin ist das großartig, weil diese Menschen die Verantwortung dafür übernehmen, dass das Seminar sich mit ihren Anliegen befasst.

Es sind diese Menschen, die am Ende erschöpft und voller neuer Eindrücke nach Hause gehen. Die, die arbeiten mussten, sind erleichtert, wenn es vorbei ist. Nicht selten geben sie irgendwann auf und kehren an den Schreibtisch zurück. Das ist in der Regel das Beste für alle Beteiligten. Ihnen fehlten längst die Grundlagen, um fachlich und menschlich mitzukommen. Sind sie gegangen, dann lenken sie wenigstens niemanden mehr ab.

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Rettet das Lernen!

Weiterbildungen sind in vielen Unternehmen nette Benefits, mit denen sie um Mitarbeitende werben. In einigen sind sie vorgegeben und werden mit Punkten versehen. Andere Menschen müssen für die Genehmigung kämpfen. Und es gibt genügend, die Bildungsurlaub hin oder her, ein klares Nein von ihren Chefs hören. Dabei ist das sogar ein Recht der Angestellten.

Grundsätzlich benötigen Weiterbildungstage feste Regeln. Wenn diese nicht unternehmensweit bestehen, werden sie am besten auf Team-Ebene festgelegt – oder eins zu eins, falls vorher noch nie jemand auf die Idee kam. Diese Fragen müssen geklärt werden:

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  1. Ist eine Weiterbildung operative Arbeitszeit?
  2. Dürfen Mitarbeitende kontaktiert werden?
  3. Müssen Kontaktaufnahmen beantwortet werden?

In einer perfekten Welt lautet die Antwort dreimal Nein. Lautet mindestens eine der Antworten ja, dann hat das Konsequenzen. Das Unternehmen muss sich fragen, ob es das Geld für die Weiterbildung wirklich ausgeben will. Die Mitarbeitenden müssen sich fragen, ob sie gute Weiterbildungen wirklich während der Arbeitszeit machen wollen – und ob Weiterbildungen wirklich ein Firmen-Benefit sind, wenn sie dann dabei gestört werden. Denn die Menschen sind da, um zu lernen. Und das tun sie am besten, wenn sie im Seminar nicht nur sitzen, sondern auch daran teilnehmen können.

In eigener Sache: Der Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung für Arbeitgeber. Erfahre in unserem Paper, wie du mit einer Up- und Reskilling-Strategie die Fachkräftesicherung selbst in die Hand nehmen kannst: Zum Download!

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Kommentare (2)

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Juri Sinitson

„Ganz kurz nur“ im Seminar oder außerhalb der Arbeitszeit!
Da muss ich echt laut lachen und zwar ganz laut!
Es gibt in den Situation kein „ganz kurz“. Der Ärger und und Kontext-Switch alleine kosten schon in meiner persönlichen Erfahrung etwa 30 Minuten.
Wer als Führungskraft mit so etwas ankommt, ist meiner Ansicht nach für Führung noch nicht geeignet und braucht dringend eine Beratung oder Schulung. Wenn das nicht hilft, soll sie/er ein Job woanders suchen.

Juri Sinitson

Meiner Meinung nach gehört der ganze Seminar-Tag inklusive Pausen zu einer Konzentrations-Phase.
Es könnte sinnvoll sein, dass die Person, die sonst sehr viel erreichbar sein muss, eine Übergabe an die Vertretung macht. Und wenn sie vom Seminar zurück ist, evtl. auch die Übergabe von der Vertretung zurück.

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