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MIT Technology Review Kommentar

Ganz langsam zu schnellem Internet: Wie ich 836 Tage auf meinen Glasfaseranschluss warten musste

Mehr als zwei Jahre musste unser Autor auf seinen Glasfaseranschluss warten. Was er dabei alles erlebt hat, wirft ein interessantes Licht auf die Frage, warum der Glasfaserausbau in Deutschland so schleppend vorankommt.

4 Min.
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Wer einen Glasfaseranschluss möchte, sollte eine gewisse Hartnäckigkeit und Leidensfähigkeit mitbringen.(Foto: Asharkyu/Shutterstock)

Ich habe seit Ende Februar einen Glasfaseranschluss. Darauf musste ich ziemlich lange warten. 836 Tage, um genau zu sein. Allein der Weg vom Keller in die Wohnung hat ein dreiviertel Jahr gedauert. Hier die Chronik der ganzen Pleiten, Pech und Pannen.

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Der Glasfaser-Akt beginnt

Dezember 2022: Ich schließe mit der Telekom den Glasfaser-Vertrag ab. Voraussichtliche Lieferung: Juli 2023.

Juli 2023: Keine Glasfaser, nirgends. Um über den Fortschritt zu informieren, hat die Telekom ein eigenes Portal eingerichtet. Ich muss mich also regelmäßig einloggen – und erfahre dort nicht mehr als: Wir arbeiten dran. Proaktive Kommunikation: keine. Lediglich die Einzugsermächtigung kommt zügig. Ich überwinde mich, die Hotline anzurufen, und erfahre einen neuen Termin: Mai 2024.

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Mai 2024: Keine Glasfaser, nirgends. Auch der neue Termin verstreicht, ohne dass die Telekom sich bemüßigt fühlt, mich darüber zu informieren. Im Portal steht: Wir arbeiten dran.

Juli 2024: Zufällig entdecke ich im Keller einen neuen Kasten, der sich als Glasfaser-Box erweist. Dann kann es mit dem Wohnungsanschluss ja nicht mehr lange dauern, denke ich in meiner grenzenlosen Naivität. Ich beantrage über das Portal einen Besichtigungstermin für den Wohnungsanschluss.

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Die Zuständigen erklären sich für unzuständig

18. September 2024: An diesem Tag sollte eigentlich der Besichtigungstermin stattfinden. Im Portal steht aber auch eine Woche später noch: „Die Rückmeldung von unserem Ausbaupartner vor Ort steht noch aus.“ Ich rufe die laut Portal zuständige Hotline an. Die erklärt sich für unzuständig und erklärt, dass es sich in meinem Fall um einen „Vollausbau“ handelt, und dafür sei eine andere Abteilung verantwortlich. Ich bekomme eine Telefonnummer, bei der ich nicht durchkomme. Also versuche es ich per Mail. „Die zuständigen Kollegen werden sich bei Ihnen melden, sobald es so weit ist“, werde ich vertröstet.

26. September 2024: Die zuständigen Kollegen haben sich nicht gemeldet, als es so weit war. An diesem Tag hat zwar eine Besichtigung stattgefunden – aber ohne mein Wissen, nur in Begleitung der Hausverwaltung. Was wurde beschlossen? Wie geht es nun weiter? Keine Ahnung, das Protokoll der Besichtigung kommt und kommt einfach nicht.

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Oktober 2024: Das Protokoll liegt noch immer nicht vor. Ich erteile – unter Umgehung des Dienstweges – telefonisch die Genehmigung.

Sorry, war wohl ein Zahlendreher

November 2024: Ich bekomme eine Mail mit dem Titel „Verzögerungen beim Glasfaser-Ausbau an Ihrer Adresse“. Darin steht, dass der „Ausbaupartner vor Ort“ mich nicht erreichen konnte. Ich frage nach: „Auf welchem Weg denn? Per Brieftaube? Per Rauchzeichen? Per Trommel?“ Daraufhin ruft die Hotline zurück: Sorry, war wohl ein Zahlendreher bei der Handy-Nummer.

3. Dezember 2024: Ich bekomme einen Installationstermin für den 18. Dezember.

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5. Dezember 2024: Die Telekom schreibt mir: „Sie haben uns gebeten, Ihren Termin zu stornieren.“ Bitte was? Einen Teufel habe ich. Die Hotline ruft zurück: Sorry, war wohl ein Zahldreher in der Auftragsnummer. Aber der bisherige Termin sei jetzt schon vergeben.

10. Dezember 2024: Ich bekomme einen neuen Installationstermin für den 3. Januar.

30. Dezember 2024: Ein freundlicher Telekom-Mitarbeiter ruft mich an und macht mich noch einmal auf den bevorstehenden Termin aufmerksam.

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31. Dezember 2024: Der Termin wird gecancelt.

Von Plan A zu Plan C

13. Januar 2025, vormittags: Der Installationstermin findet endlich statt. Der Techniker macht sich aber anheischig, einen neuen Kabelkanal mitten durchs Treppenhaus bis in den dritten Stock zu pflügen – mit vier Bodendurchbrüchen. Dabei gibt es bereits zwei Kabelkanäle. Aber diese sind aus Plastik, und die dürfe er aus Brandschutzgründen nicht nutzen, erklärt mir der Mann. Wer denkt sich sowas aus? Was ändert es am Brandschutz, wenn noch ein Kabel mehr in einem bestehenden Kanal liegt? Um die Sache in Ruhe zu klären, schicke ich den Mann wieder nach Hause.

13. Januar 2025, nachmittags: Ich bekomme endlich das Besichtigungsprotokoll zu sehen. Darin war die Variante mit dem neuen Kabelkanal durchs Treppenhaus nur als Plan B vorgesehen. Plan A lautete, durch einen stillgelegten Schornstein zu gehen. Soll mir recht sein. Aber einfach einen neuen Installationstermin buchen, könne man nicht, erklärt mir die Hotline. Zuvor müsse erst eine weitere Besichtigung stattfinden.

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21. Januar 2025: Ich bekomme einen neuen Besichtigungstermin für den 28. Januar.

24. Januar 2025: Der Termin wird storniert.

Kabel sucht Platz

3. Februar 2025: Der zweite Besichtigungstermin findet endlich statt. Dabei stellt sich heraus: Die Schornsteine sind voller Schutt. Das hätte man eigentlich auch beim ersten Termin schon merken können, wenn man kurz nachgeschaut hätte. Immerhin kommt der Telekom-Mann auf die Idee, nach dem Kanal für die bestehenden Kupfer-Telefonkabel zu schauen. Bingo! Hier ist noch genug Platz.

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18. Februar 2025: Ich bekomme eine Mail dem Titel „Verzögerungen beim Glasfaser-Ausbau an Ihrer Adresse“. Darin steht, dass der „Ausbaupartner vor Ort“ mich nicht erreichen konnte. Ich teile der Hotline (die mich bereits mehrfach angerufen hat) noch einmal meine Telefonnummer mit.

26. Februar 2025: Wieder ein neuer Installationstermin. Eigentlich dachte ich, dass mich nichts mehr überraschen könne. Aber damit hatte ich dann doch nicht gerechnet: Alles funktioniert. Der Wanddurchbruch ist minimalinvasiv, das Kabel wird innerhalb der Wohnung sauber verlegt, der Freischaltcode kommt wenige Minuten nach der Installation. Na bitte, geht doch.

Epilog

Meine Erfahrungen sind natürlich nur Anekdoten und lassen sich nur bedingt verallgemeinern. Vielleicht hatte ich einfach nur Pech, oder mein Fall war besonders kompliziert. An den Telekom-Mitarbeiter:innen (und ihren Subunternehmen) lag es jedenfalls nicht. Ich habe sie immer als freundlich und kompetent erlebt. Die Fehler liegen eher im System, vor allem in der Kommunikation: Dass angekündigte Termine folgenlos verstreichen; dass falsche Einträge nicht korrigiert werden; dass die Telekom ihr Zuständigkeitswirrwarr nicht intern klärt; dass Vorbesichtigungen schlampig durchgeführt und lausig kommuniziert werden; dass man als Kunde oft den Informationen hinterhertelefonieren muss – all das kann doch nicht so schwer zu ändern sein.

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Kommentare (4)

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Timo Mack

Zwei Jahre sind doch ein Witz…

Bei uns (Landkreis Aurich) hat der Landkreis entschieden, das Glasfasernetz in Eigenregie zu bauen. Nach Fertigstellung soll es an einen Betreiber verpachtet werden. Die erste Infoveranstaltung dazu fand im Oktober 2018 statt. Anfang 2019 kam dann Vodafone zum Klinkenputzen, wir haben unseren ersten Vertrag abgeschlossen. Nur um kurz darauf zu erfahren, dass wir leider erst zur zweiten Ausbauphase gehören (also zu den letzten vier Häusern, nicht nur in der Straße, sondern im Dorf).
Irgendwann fingen dann irgendwo am anderen Ende des Landkreises die Bauarbeiten an. Hier im Dorf liegen die Leerrohre respektive Kabel seit Ende 2021 im Boden, was an den schönen bunten Kabel bündeln am Straßenrand zu erkennen war. Allerdings auch nur bis zum Nachbarhaus. Danach ist erst einmal fast drei Jahre nichts passiert. Anfrage, wann es denn weitergehen würde, habe ich nie konkrete Informationen bekommen. Nur hieß es plötzlich, dass die zweite Ausbauphse neu ausgeschrieben werden musste. Und zwar nicht nur, was die ausführenden Unternehmen betrifft, sondern auch die Verpachtung. Letztere ging ebenfalls an Vodafoen, mit denen wir Anfang 2022 einen neuen Vertrag abgeschlossen haben. Die Häuser der ersten Ausbaustufe haben Mitte 2024 ein Leerrohr / Hausübergabepunkt erhalten, wir Ende des Jahres. Letzte Woche erhielt ich die Information vom Landkreis, dass die Kunden der ersten Ausbauphase Anfang des dritten Quartals und die zweite Ausbausphase gegen Ende des dritten Quartals den Anschluss aktiviert bekommen sollen.

Dann sind seit dem Erstkontakt fast sieben Jahre vergangen.

Das ganze wäre nur halb so schlimm, wenn es ihr wenigstens DSL gäbe, aber die Oberleitungen hier sind so überlastet, dass nicht einmal mehr eine einzelne Telefonnummer geschaltet werden kann. Die Mobilfunkversorgung ist auch nicht die beste. Telefonieren ist kaum möglich, der Internet Empfang nur mit Außenantennen. Allerdings hat Vodafone hier für die Übergangszeit massiv den Giga Cube vermarktet, wo runter der Datendurchsatz stark gelitten hat. Zuletzt ging gar nichts mehr, so dass ich seit zwei Jahren mit Starlink arbeite.

Würde nicht Elon Musk das Starlink stecken, würde ich wohl auf einen Glasfaseranschluss zwischen ganz verzichten können und wollen.

Ralf Kraudelt

Wie ich (über) 3000 Tage auf meinen Glasfaseranschluss warten musste. Ende 2012 verkündet Schweinfurts CSU-Oberbürgermeister Sebastian Remele den flächendeckenden Glasfaserausbau der Stadt binnen 2 Jahren durch Telekom und Stadtwerke Schweinfurt Regionet. Ohne die Telekom würde es bis zu 8 Jahre dauern, weil man zwischenzeitlich auch noch die Energiewende meistern und Windräder bauen muss. 2021 frage ich mal wieder nach, wann ich endlich meinen Glasfaseranschluss bekomme. Natürlich nie, bei Sanierung von Gas/Wasser/Strom/Sch… legt man kein Leerrohr rein und Glasfaser alleine erst recht nicht. Glasfaser sei nicht wirtschaftlich. Die Stadtwerke Schweinfurt bauen lieber in irgendwelchen Dörfern Glasfaser, aber nicht in Schweinfurt. Aber weil ich dem CSU-Politiker auf die Füsse trete, schaut 2022 endlich die Glasfaser aus der Wand. Jetzt lasse ich gemütlich mein DSL auslaufen… Dieses Jahr 2025 hat Schweinfurts Nachbarstadt Bamberg einen Preis für den Glasfaserausbau der Stadt erhalten, während Schweinfurts Stadtwerke zuvor einen Preis für den Bau einer Wasserleitung erhielten. Hier in Schweinfurt kann man echt stolz sein, dass wenigstens die Wasserversorgung einen Preis wert ist, wenn diese jahrtausendealte Kulturtechnik endlich Einzug hält.

Alesius Mafredo

Das ging aber Flott!
Bei uns in der Straße (Hauptstraße einer 200.000 Einwohner Stadt!) wurde 2014 Glasfaser verlegt. Nur 5 Jahre später haben die Städtischen Werke dann im Keller den Verteiler angeschlossen. Seit 3 Jahren (also ca. 2022!!!) bewirbt die Telekom, dass es hier schnellen Glasfaser-Anschluss geben soll. Im Kleingedruckten steht dann drin, dass es erst mal einen „normalen“ DSL-Anschluss gibt, bis die letzten Meter im Haus gelegt sein würden. Tja bisher ist das immer noch nicht geschehen!

Martin Gerken

„An den Telekom-Mitarbeiter:innen (und ihren Subunternehmen) lag es jedenfalls nicht“ – doch, genau an denen lag es. Die haben keine Protokolle erstellt, die haben Dich nicht zurückgerufen. Natürlich waren sie immer freundlich, haben schliesslich eine Schulung zur Deeskalation am Telefon hinter sich – wäre schön, wenn der Rest der Arbeit auch so liefe! Tut es aber nicht…

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