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Analyse

Gekaufte Likes: Datenleck gibt Einblicke in das Geschäft mit den „Gefällt mir“-Angaben

Politiker, Parteien, Unternehmen – sie alle profitierten von gekauften Likes bei Facebook, Instagram oder Youtube. Jetzt ist eine Datensammlung aufgetaucht, die die Größenordnung des Betrugs nur erahnen lässt.

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(Screenshot: t3n.de)

Zehntausende deutsche Accounts bei Facebook, Instagram und Youtube haben in den letzten Jahren offenbar von gekauften Likes profitiert. Das zumindest legt eine von NDR, WDR und SZ ausgewertete geleakte Liste nahe, die den Journalisten Wissenschaftler der Ruhr-Uni Bochum zugänglich gemacht haben. Diese enthält Daten zu rund 90.000 Social-Media-Präsenzen, für die das Magdeburger Unternehmen Paidlikes gearbeitet haben soll.

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Die Liste hätten, so heißt es in einer Pressemitteilung, die Mitarbeiter der Universität aufgrund einer schlampig programmierten Website einsehen können. Inwieweit dabei Gesetze verletzt wurden, bleibt offen. Was die Daten ebenfalls nicht verraten, ist, ob und zu welchem Preis wie viele Likes gekauft wurden – und unklar ist auch, ob jeweils die Profiteure oder Dritte hierfür gezahlt haben.

Das Magdeburger Unternehmen Paidlikes gibt an, seit 2012 mehr als 13 Millionen Likes, Follower und Abos vermittelt zu haben. Dabei sollen rund 350.000 Euro an mehr als 31.000 Menschen ausgeschüttet worden sein, die zwei bis sechs Cent pro Klick erhielten. Im vergangenen Monat waren über 3.300 Clickworker für das Unternehmen tätig. Paidlikes bietet seine Dienstleistungen für insgesamt sechs Plattformen an und setzt dabei auf Clickworker, die per Like und Engagement Interesse an bestimmten Themen, Unternehmen oder Personen vorspielen sollen. Im Grunde geht es dabei vor allem um eine Manipulation der Metriken und des Algorithmus des jeweiligen sozialen Netzwerks.

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Gekaufte Likes: Facebook prüft die Vorwürfe

Facebook und Youtube sind offenbar in den letzten Jahren nicht gegen das Treiben von Paidlike vorgegangen, wie die SZ schreibt. Allerdings prüfe Facebook laut einem Unternehmenssprecher, ob hier rechtswidrige Manipulationen stattgefunden haben. Auf Youtube und Instagram haben die Entdeckungen aber offenbar noch keinen Einfluss. Dabei könnte das Geschäftsmodell auch für die Auftraggeber gefährlich sein – zumindest dann, wenn sie mit ihren Likes oder Followern werben oder irgendwie suggerieren, dass der (gekaufte) Zuspruch tatsächlich bestehe. Gerade bei Unternehmen kann es wettbewerbsrechtliche Folgen haben, wenn sie versuchen, auf die öffentliche Meinungsbildung Einfluss zu nehmen.

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Doch wer hat nun von gekauften Likes profitiert? Das weiß man laut NDR, WDR und SZ nicht so genau: Denn diejenigen, für deren Konten Likes vergeben wurden, müssen ja nicht die Auftraggeber sein. Genau genommen wäre es sogar möglich, dass (schlecht) gefakete Likes von einem Mitbewerber oder missliebigen Konkurrenten in Auftrag gegeben worden sind. Die 90.000 Likes, die sich in der Liste finden, verweisen auf rund 70 Konten und Personen – doch nur elf gaben zu, in der Vergangenheit auf entsprechende Dienste zurückgegriffen zu haben.

Gekaufte Likes: Parteien, Politiker, Unternehmen

In den Datensätzen tauchen sämtliche Parteien auf, allerdings unterschiedlich oft: die FDP 17 Mal, die SPD 16 Mal, die CDU 13 Mal, die AfD zwölf Mal, die Grünen und die Linke je drei Mal. Sowohl die Parteien selbst als auch die Orts- und Landesverbände, die jeweils betroffen waren, können sich das nicht erklären oder verweigern die Aussage. Die Bundesgeschäftsstellen der Parteien erklärten, sie lehnten gekaufte Likes ab. Möglich ist aber in der Tat auch, dass es Dienstleister waren, die entsprechende Ziele anderweitig nicht erfüllen konnten und so zu dem Mittel des Like-Kaufs griffen – ohne das Wissen des Auftraggebers. Unwahrscheinlich ist diese Annahme nicht – eine bestimmte Agentur, die etliche kleinere Social-Media-Auftritte betreut, taucht in der Liste offenbar in größerem Umfang auf.

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Das Gros der Fanseiten- und Youtube-Kanäle in den Daten gehört dagegen kleinen und mittelständischen Unternehmen: Fastfood-Restaurants aus Süddeutschland, einer Autohausgruppe, einem Kinderwunschzentrum oder einem Singlebörsen-Vergleich. Hinzu kommen sogenannte Influencer, die mit der Präsentation von Produkten bei Youtube oder Instagram Geld verdienen. Auch hier gaben nur wenige die Manipulation offen zu, viele gaben sich ahnungslos oder stritten es vehement ab, für Likes bezahlt zu haben.

Clickworker verdienen kleines Geld mit vielen Likes

Diejenigen, die vor ihrem Computer oder Smartphones auf vorgegebene Seiten klicken müssen, verdienen sich damit ein paar Euro hinzu – mehr als ein zweistelliger Betrag ist es offenbar selten. Dafür werden am Tag 40 vorgegebene Seiten oder Beiträge geliked – mehr nicht, weil sonst das jeweilige soziale Netzwerk merken könnte, dass es da nicht mit rechten Dingen zugeht. Auch zu schnell hintereinander sollten die Likes nicht vergeben werden, wissen diejenigen, die so etwas regelmäßig machen müssen.

Das Magdeburger Unternehmen widersprach in einer Stellungnahme gegenüber NDR, WDR und SZ allen Vorwürfen. Das Unternehmen erklärt in einer Mitteilung, man sehe in der Sehnsucht nach Ruhm im Netz ein legales und legitimes Geschäftsmodell. Den Vorwurf des Betruges könne man nicht nachvollziehen. „Der nachhaltige Aufbau von neuen Fans, Followern oder Reichweite ist nicht als unlauter zu werten, da die Vergabe von sozialen Interaktionen auf Freiwilligkeit beruht“, heißt es. Auch wenn die Clickworker bezahlt werden, würde niemand gezwungen, bestimmte Seiten zu liken: „Wollen sie aufgrund des dargebotenen Inhalts keine Interaktion abgeben, so können sie die Kampagne ausblenden.“

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Dein t3n-Team

Leon Kroiß

Sehr interessanter Artikel! In heutiger Zeit gibt es immer mehr gekaufte Likes. Es wird immer schwieriger solche gekauften Likes zu erkennen. Deshalb ist es gut das Facebook dagegen angeht.

Beste Grüße
Leon

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