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Gen Z an der Börse: Zwischen Prepper-Tum und Hedonismus

Mit einer Mischung aus Zukunftsangst und Suche nach Unabhängigkeit von der Welt entwickeln viele Angehörige der Generation Z einen Lebensstil, der zwischen Prepper-Tum und Hedonismus schwankt. Eine Studie hat das Phänomen dahinter jetzt untersucht.

4 Min. Lesezeit
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Zwischen Börse und Bitcoin: Die Gen Z versteht Geldanlage anders als frühere Generationen. (Foto: Lisa-S / Bigstock)

Wenn man vor einigen Jahren auf einer Party erzählt hätte, dass man sich für Geldanlageprodukte interessiert, hätte man den Nerd-Stempel weggehabt – aber im negativen Sinn. Heute ist das anders. Das zeigt eine Studie, die das Marktforschungsunternehmen September Strategie & Forschung durchgeführt hat. Die tiefenpsychologisch ausgerichtete Marktforschungs- und Strategieberatung hat zu Beginn der Coronakrise die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen auf ihr Verhältnis zu Geld und (materieller) Zukunftsplanung befragt und einige interessante Erkenntnisse erzielt, die zu einer Typologie taugen.

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Auffällig ist, so beschreibt es Geschäftsführer Oliver Spitzer, dass man auf eine „Generation Angst“ treffe, „für die sich nicht mehr die Frage stellt, ob eine nächste große Krise kommt, sondern eher wann es so weit ist“. Laut der Studie glauben 52 Prozent der Befragten, dass es in Zukunft keine Sicherheit mehr geben wird, wie wir sie kennen – und sie wollen vorbereitet sein. Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Krisen, sondern auch um politische Krisen, um Instabilitäten von Staat, Politik und Gesellschaft.

Krisenszenarien zwischen Corona, Krieg und Klimawandel

Geprägt von Klimawandel und Corona-Pandemie – das Kriegsthema war damals noch nicht auf der Agenda zu sehen – reagieren die Angehörigen der Gen Z ganz unterschiedlich auf die Herausforderungen, die das Leben an sie stellt: „Kämpfen, erstarren, flüchten“, mit diesen drei Standardreaktionen aus der psychologischen Einordnung argumentiert Spitzer. Während eine Gruppe sich darum bemüht, die Herausforderungen der Zukunft anzugehen und den Planeten und alles, was dazugehört, ein Stück besser zu machen, hat sich eine zweite Gruppe darauf eingerichtet, zwischen Sabbatical und Work-Life-Balance nach Auswegen für sich selbst zu suchen.

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Die dritte Gruppe schließlich, die Spitzer als die „Puppies of Wallstreet“ – angelehnt an den „Wolf of Wallstreet“ – bezeichnet, machen immerhin 20 Prozent der Befragten aus. Die Puppies sind dabei jene Gruppe, die ihre Finanzen selbst in die Hand nimmt, sich möglichst weit weg von der staatlichen Vorsorge aufstellt und sich teilweise intensiv darum kümmert: 61 Prozent dieser Untergruppe informieren sich mindestens einmal am Tag über Geld- und Wirtschaftsthemen, investieren in Aktien, ETF und Kryptowährungen. Interessanterweise sind unter den Befragten der Generation Z 26 Prozent in Aktien investiert, unter den Puppies sind es sogar 70 Prozent. Zum Vergleich: In der deutschen Gesamtbevölkerung sind gerade einmal 17 Prozent in Aktien investiert. Erfahrungen wie die Dotcom-Krise vor gut 20 Jahren haben dazu geführt, dass die Aktienkultur einen starken Dämpfer erlitten hat.

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Ähnlich sieht’s bei Kryptowährungen aus – hier sind 19 Prozent der gesamten Bevölkerung investiert, unter den Puppies sind es dagegen 52 Prozent. Die dahinterstehende Grundüberlegung, so fasst es Spitzer zusammen, ist die, dass man angesichts der drohenden Krisen das Leben selbst in die Hand nehmen wolle, eine Art Prepper-Tum aufs Finanzielle. Insgesamt sind übrigens nur 19 Prozent der Puppies weiblich – was, so relativieren es die Marktforscher, aber nicht weniger ist als die Quote jener Finanzaffinen über alle Zielgruppen.

Eigenvorsorge und Unabhängigkeit von der Gesellschaft als Lebensstil

Generell hat Geldanlage, so beobachtet es Oliver Spitzer, „eine Art Sex-Appeal“ gewonnen, sei nicht mehr so uncool wie früher, auch getrieben durch das Krypto-Thema. Bemerkenswert, so berichtet der Marktforscher, sei dagegen die Vehemenz, mit der insbesondere Kryptowährungen (vor allem Bitcoin, Ethereum und Co, weniger CBDC) verteidigt werden. Ein überzeugendes Argument sei hier, dass sie eben nicht zum alten System, zu den etablierten Geldanlagen gehören. Vieles, so beschreibt es Spitzer, habe mit dem Glauben an Sicherheit zu tun. Und überhaupt – wichtig sei (wohl nicht nur in dieser gesellschaftlichen Gruppe) der Glaube daran, dass eine bestimmte Geldanlage sicher oder rentabel sei: Einige der Befragten gaben gar offen zu, dass sie sich nicht wirklich auskennen, hatten aber diverse Stereotype verinnerlicht, wie sie in den einschlägigen Social-Media-Kanälen zu besagten Themen vorkommen.

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Doch generell zeigt sich die Generation Z erstaunlich konservativ in Sachen Geldanlage und Vorsorge – und die Puppies zusätzlich noch erstaunlich ich-bezogen. „Das Einzige, worauf sie sich verlassen wollen, sind sie selbst“, beschreibt es Spitzer. „Und häufiger haben wir auch die Aussage gehört, ‚der Erfolg gibt mir recht‘“. Der eigene Erfolg werde dabei zur Messlatte, gebe Orientierung und Halt. Es könnte also gut sein, dass diese Selbsteinschätzung durch mögliche Kurseinbrüche einen satten Dämpfer erhält.

Nachhaltigkeit wird mitgedacht – aber eher pragmatisch

All das heißt allerdings nicht, dass sich die jungen Anleger:innen nicht um den Planeten sorgen: Sie besitzen häufiger als ihre Altersgenoss:innen nachhaltige Produkte und immerhin 48 Prozent besitzen nachhaltige Geldanlagen. Sie sehen einerseits, dass das ESG-Thema gerade angesagt ist und Unternehmen, die das unterstützen, gute Performance bieten, sie sehen aber auch, dass das allgemeine Interesse und die damit verbundenen staatlichen Förderungen den Unternehmen entgegenkommen. Grüner Opportunismus? Irgendwie schon.

Bemerkenswert ist aber auch, was die Banken und Versicherungen daraus lernen können. Denn deren Image ist erwartungsgemäß nicht das beste, sie bieten den Jungen zu wenig greifbaren Mehrwert und schmälern gefühlt den möglichen Gewinn mit ihren Gebühren. Auch Mitarbeiter:innen von Versicherungen trauen insbesondere die Puppies wenig Zukunftskompetenz zu. Hinzu kommt, so beschreibt es Spitzer, dass die Mitarbeitenden es selten schaffen, den Puppies of Wallstreet auf Augenhöhe und mit empfundener Wertschätzung zu begegnen.

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Statt zur Filialbank geht’s zum Smartphone-Broker

Mit „jungen Bankprodukten“ funktioniere das jedenfalls nicht, da das Jung-sein nicht das zentrale Unterscheidungsmerkmal ist, fasst es Spitzer zusammen. „Die Banken dürfen sich jetzt wieder trauen, Ellbogen zu zeigen, denn Rendite ist ja durchaus gefragt. Sie sollten aber zugleich einen Weg finden, um das Thema Nachhaltigkeit glaubwürdig mit Leben zu füllen.“ Die Demokratisierung der Marktzugänge durch Low-Fee-Broker wie Trade Republic hat außerdem dazu beigetragen, dass die selbstverständliche Ehrfurcht vor den Bankern dem Bewusstsein gewichen ist, dass man das selbst auch kann – „mein Handelsplatz ist das Smartphone“.

Die Generation Z dürfte damit deutlich verantwortungsbewusster in Sachen Altersvorsorge sein als etliche Generationen davor, die oftmals damit sogar kokettierten. Andererseits stellt die Studie der Puppies of Wallstreet eine Momentaufnahme dar: Ob die heute 20-Jährigen diese Einstellung auch noch behalten haben, wenn sie doppelt so alt sind, bleibt also abzuwarten.

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