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Was, wenn Google und Facebook komplett danebenliegen?

Google und Facebook verdienen den Großteil ihres Geldes mit Werbung. Ein Blick nach China zeigt: Das könnte die falsche Strategie sein. 

Von Sören Stamer
5 Min. Lesezeit
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(Foto: Tanarch / Shutterstock)

Google und Facebook sind zweifelsohne zwei der größten Erfolgsgeschichten des digitalen Zeitalters. Beide Firmen haben Milliarden von Kunden. Sie bieten vielfältige Dienste direkt an und geben darüber hinaus zahllosen Diensten von Drittanbietern Raum. Beide Firmen verfügen über unvorstellbare finanzielle und technische Ressourcen. Sie sind die Gewinner unserer Zeit. Sie haben sich eine Riesenwelle geschnappt, auf der sie nun gekonnt surfen. Was aber, wenn sie ihr Kerngeschäft missverstanden haben?

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Was wäre, wenn Google und Facebook auf lange Sicht die falsche Monetarisierungsstrategie gewählt haben? Was wäre, wenn Werbung schwächer als Transaktionen ist? Was wäre, wenn wir unserer Zukunft in China beim Entfalten zusehen können?

Die Anzahl der Zeichen, die darauf hindeuten, steigt stetig. Eines der deutlichsten ist die schnelle Entwicklung von Chinas E-Commerce-Markt und Tencents Aufstieg zu Chinas wertvollster Tech-Firma.

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Tencents Erfolg zeigt ein Geschäftsmodell auf, das über Werbung hinausgeht: direkte Transaktionen. Tencent bietet virtuelle – und jetzt auch materielle – Güter an, anstatt hauptsächlich nervige Werbeklicks zu verkaufen. Dem Verbraucher werden diese geschäftlichen Transaktionen auf beliebigen Geräten und Wegen direkt übermittelt. Frei nach dem Motto: Gib den Leuten die Chance zu kaufen, was sie wollen und wann sie wollen. Was du sehen kannst, kannst du kaufen, gleich hier auf deinem Smartphone.

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Tencents Wechat-Software revolutioniert gerade den E-Commerce-Bereich. Die Chat-App verbindet mit großem Erfolg Bestellungen, Bezahlvorgänge und Kundenbetreuung. In den städtischen Gebieten Chinas wird Wechat bereits von neun von zehn Menschen benutzt. Tencents Herangehensweise ist jedenfalls ein Riesenerfolg: Sie hat der Firma mehr als zehn Milliarden US-Dollar Umsatz in der ersten Hälfte von 2016 verschafft. Das sind 48 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, und dieses ganze Wachstum findet mit einer Netto-Gewinnmarge von 30 Prozent statt. Sogar die glücklichsten Amazon-Aktionäre könnten neidisch auf diese Zahlen sein.

Anders als Google und Facebook, die etwa 90 Prozent beziehungsweise 97 Prozent ihrer Umsätze durch Werbung generieren, ermöglicht Tencent direkte Transaktionen, die den Großteil der Umsätze ausmachen.

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Werbung ist in China nicht das vorherrschende Geschäftsmodell

Digitale Werbung ist in China zweifellos ein wachsender Markt, der Milliardenumsätze erzeugen wird, allerdings ist Werbung dort nicht wie im Silicon Valley das vorherrschende Geschäftsmodell. Und vielleicht wird es das auch niemals werden.

Google ist sogar in den USA mit Problemen konfrontiert: Das Unternehmen steht nicht mehr an der Spitze der Suchmaschinen für Produktsuchen. Dieser Titel gehört mittlerweile Amazon – und der Vorsprung wächst: 55 Prozent der Verbraucher suchen auf Amazon nach Produkten, gegenüber 44 Prozent in 2015, aber nur 28 Prozent (2015: 34 Prozent) suchen mit Google. Das bedeutet auf lange Sicht erhebliche Probleme für Google, da diese Art Suchanfragen die beste Monetarisierung erlauben. Google Shopping wurde deshalb vor einiger Zeit als Amazon-Konkurrent ins Leben gerufen und stellt einen großartigen Service dar. Die obigen Zahlen deuten allerdings in Richtung unzureichend.

Angesichts des wachsenden Erfolgs von Werbeblöcken für mobile Geräte kann man mit Gegenwind für jede Art von Werbung rechnen, die Nutzer stört oder nervt – egal ob alt oder neu. Niemand will mit Werbung bombardiert werden, aber die meisten von uns kaufen gern schöne Dinge. Genau darin könnte die führende Monetarisierungsstrategie der Zukunft liegen: Es soll möglichst einfach sein, Produkte zu kaufen, die wir haben wollen.

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Anscheinend haben sich Apple und Facebook die Lektionen von Wechat zu Herzen genommen. Beide Firmen haben ihre Messaging-Plattformen für externe Apps geöffnet, was Transaktionen direkt im Chat ermöglicht und Funktionen zum Bezahlen erlaubt. Innerhalb Apples iMessage kann man Geld mit Square Cash überweisen, einen Uber-Wagen bestellen oder die Lieblingsmode mit der Yoox-App teilen. Außerdem kann man Apple Pay auf Apple-Geräten nutzen, um Sachen im Internet zu bezahlen. Und Facebook hat die gesamte Plattform zum Marktplatz gemacht, auf dem Firmen direkt von ihren Facebookseiten aus Produkte verkaufen können.

Zukünftig werden Shopper mehr und mehr Möglichkeiten haben, ihr Geld gesellig in ihrer Lieblings-App auszugeben. Der Abstand zwischen den Inhalten, die Produkte zeigen und dem Kauf dieser Produkte wird weiter schrumpfen. Amazons One-Click-Shopping wird überall der Standard sein. Und da wir die meiste Zeit in der Messaging-App verbringen, wird es dort sein, wo wir neue Dinge entdecken und kaufen werden.

Warum hat Facebook nicht schon früher versucht, direkte Transaktionen möglich zu machen?

Sie haben es versucht. Jahrelang gab es Bemühungen, mit Transaktionen und einer plattformeigenen digitalen Geldbörse Profit zu generieren – allerdings ohne Erfolg. Der Hauptgrund, warum Werbung die Vorherrschaft im Silicon Valley erlangt hat, könnte im Startpunkt liegen. Als Google und Facebook mit ihren Monetarisierungsbemühungen begonnen haben, gab es in den USA bereits ein hochentwickeltes Einzelhandels-Ökoystem mit weithin akzeptierten Bezahloptionen und erheblichen Werbebudgets. Die Durchdringung des Internets war schon damals maßgeblich, obwohl es noch kein mobiles Internet gab. Onlinewerbung hat in dieser Umgebung ziemlich gut funktioniert, wenn man sie mit all den anderen Optionen vergleicht. Sie war effizient, skalierbar und einfach umzusetzen. Es hat einfach funktioniert.

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Der Versuch, Online-Transaktionen zu monetarisieren, war wesentlich schwieriger. Es war auch nichts, was amerikanische Shopper auf jeden Fall haben mussten. Die waren nämlich zufrieden mit ihren Einkaufszentren und Superstores, wo sie normalerweise kaufen konnten, was sie wollten.

In China dagegen mangelte es an all diesen Umständen. Es gab keine vergleichbare Einzelhandels-Infrastruktur, und die wachsende Mittelschicht hatte deshalb nur schwer Zugang zu Einzelhändlern. Das Hauptproblem war, dass es Verbrauchern möglich gemacht werden musste, Geld auszugeben und Sachen zu kaufen. Glücklicherweise hatte China von Anfang an mobiles Internet und keine antiquierten Systeme, die nur im Weg stehen. Chinas Internet-Ökosystem hat einfach die etablierten Muster der westlichen Welt übersprungen.

Was bedeutet das für Marken?

Marken sind möglicherweise am meisten durch diese Entwicklung begünstigt. Mehr Plattformen, die mehr Kunden erreichen, lassen erfolgreiche Marken mehr verkaufen. Um in einer solchen Umgebung gedeihen zu können, werden Marken mehr verlockende Inhalte und fesselnde Erfahrungen auf den verschiedenen Plattformen bieten müssen. Kaufbare Produkte werden in Apps, mobilen Websites, Messaging-Software, sozialen Netzwerken und anderen Plattformen, die wir uns noch nicht einmal vorstellen können, zu finden sein. Bevor aber ein Produkt gekauft werden kann, muss es erst gesehen werden und dabei gut aussehen. Daher wird es wachsenden Bedarf an Spitzencontent geben, der zu der ganzen Bandbreite an Handelsszenarien passten muss.

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Was heißt das für die Publisher?

Die Publisher könnten hier auf der Verliererstraße stehen. Ihnen gehörte ein großer Teil unserer Aufmerksamkeit, die sie mit erheblichem Profit an Werbetreibende verkauft haben. Das Internet hat unseren Fokus auf andere Dinge und neue Größen wie Facebook und Google gelenkt, und die Gewinne der Publisher schrumpften zusammen. Google und Facebook konnten unsere Aufmerksamkeit erobern und sie effizienter und in viel größerem Maßstab verkaufen. In einer Welt, in der Werbung als Hauptmonetarisierung durch Transaktionen abgelöst wird, müssen die Publisher vielleicht ihre mobilen und digitalen Strategien überdenken.

Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf coremedia.com. Übersetzung: Stephan Haberl.

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4 Kommentare
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Dein t3n-Team

Haiopai

Also, anstatt Werbung des Verkäufers gezeigt wird, soll dann Werbung (Einkaufsoption) des Verkäufers gezeigt werden. Ist ja toll.

Antworten
Dennis Tröger

Verstehe auch noch nicht so Recht, wo der Unterschied liegt. Vielleicht unglücklich ausgedrückt.

Antworten
sfreund

Amazon hat vielleicht alles richtig gemacht.

Es ist beeindruckend, wie zielstrebig dieser Konzern einen Bogen um das Anzeigengeschäft gemacht hat und sich von den Erfolgen von Google und Facebook überhaupt nicht irritieren ließ. Amazon wusste, dass nur eins zählt: Direkte Interaktion mit dem Endkunden.

Und so arbeitete sich Amazon von Markt zu Markt. Immer nach dem selben Muster und niemand scheint sie abfangen zu können. Nahezu unheimlich.

Antworten
A. Bcde

Interessant ist hierbei wohl eher (kann auch als Antwort auf vorherige Kommentare dienen), welche alternativen Wege denkbar und möglich sind, jenseits des simplen Wegfallen eines Handelsweges allein. Dieses allerdings, in jedem Fall Begleiterscheinung, ermöglicht ungeheure Profitmaximierung bei Unternehmen solchen Kalibers! Und könnte auch ganze Branchen (z.B. Marketing, Marktforschung, uvm.) gravierend verändern.

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