Google-Mutter Alphabet streicht Passus, der KI-Nutzung für Waffenentwicklung untersagt

Der Suchmaschinenriese Google und sein Mutterkonzern Alphabet haben ihre Richtlinien für Künstliche Intelligenz geändert. Wichtiger als die Frage, was darin jetzt enthalten ist, ist das, was fehlt. Denn der Passus, der explizit die Nutzung von KI für die Entwicklung von Waffen oder Überwachungstechnologie untersagte, wurde gestrichen.
Die Anwendung von KI für „Waffen oder andere Technologien, deren Hauptzweck oder Einsatz darin besteht, Menschen zu verletzen oder dies unmittelbar zu erleichtern“ sei untersagt, hieß es in der Version von 2018 noch. Damals hatte sich bei Google interner Widerstand gegen die Teilnahme an einem Drohnenprogramm des US-Militärs geregt.
„Globaler Wettbewerb um die Führung im Bereich der KI“
In einem Blogbeitrag zu „Verantwortungsvoller KI“ hat Google jetzt den kontroversen Schritt erklärt. Freilich ohne das Streichen des Passus explizit zu erwähnen.
Seit 2018 habe sich nicht nur die KI-Technologie „rapide entwickelt“. Man habe es zudem mit einer „zunehmend komplexen geopolitischen Landschaft“ zu tun. Darin finde ein „globaler Wettbewerb um die Führung im Bereich der KI“
„Nationale Sicherheit“ steht nun im Vordergrund
„Wir glauben, dass Demokratien bei der KI-Entwicklung führend sein sollten, geleitet von Grundwerten wie Freiheit, Gleichheit und Achtung der Menschenrechte“, heißt es in dem Blogbeitrag zu dem globalen Rennen um die KI-Führung.
„Unternehmen, Regierungen und Organisationen, die diese Werte teilen“, sollten laut Google zusammen arbeiten, „um KI zu entwickeln, die Menschen schützt, globales Wachstum fördert und die nationale Sicherheit unterstützt“.
Übersetzt könnte man es auch so ausdrücken: Bevor China oder Russland bei Künstlicher Intelligenz führend werden und sie zur Entwicklung von Waffen einsetzen, tun es lieber wir.
Google verschiebt Verantwortung auf internationale Organisationen
Seit 2018 habe es Fortschritte bei den „bei den KI-Prinzipien auf globaler Ebene“ gegeben, schreibt Google. Internationale Organisationen und einzelne Staaten haben „Rahmenvereinbarungen veröffentlicht, um die sichere Entwicklung und Nutzung von KI anzuleiten“.
„Organisationen und Regierungen können sich zunehmend auf diese gemeinsamen Standards stützen, wenn sie darüber nachdenken, wie diese sich entwickelnde Technologie am besten entwickelt, reguliert und eingesetzt werden kann“. Techunternehmen tragen also nicht mehr die alleinige Verantwortung, könnte man diese Argumentation interpretieren.
Google bezieht sich etwa bei seinem gerade veröffentlichten Report über den Fortschritt von verantwortungsvoller KI auf das Risikomanagement-Rahmenwerk des National Institute of Standards and Technology (NIST), der US-Bundesbehörde für Standardisierungsprozesse.
So reagieren Googles Mitarbeiter:innen
Laut Business Insider haben manche Mitarbeiter:innen von Google mit zynischem Humor auf die Streichung des Ethik-Passus reagiert. Ein Meme im internen Message-Board zeigt Alphabet-CEO Sundar Pichai, der „Wie wird man Waffenunternehmer?“ googelt.
Ein Beitrag zeigt Sheldon Cooper aus „The Big Bang Theory“, der sich fragt, warum Google seine rote Linie für Waffen aufgibt. Als er einen Bericht über die engere Zusammenarbeit von Google mit dem Pentagon sieht, beantwortet er seine Frage selbst mit „oh, deshalb“.
Eine Person postete das bekannte „Are We the Baddies“-Meme. Darin realisieren als Nazis verkleidete Teilnehmer eines Spiels, dass sie die Bösen sind.