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Greenwashing: Es ist nicht alles grün, was glänzt

Nachhaltigkeit liegt voll im Trend. Und das ist auch gut so – theoretisch. Denn viel zu oft verbergen sich hinter den „grünen Versprechungen“ der Unternehmen weitaus weniger nachhaltige Kerngeschäfte. „Greenwashing“ ist ein Problem – wir klären, warum. 

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Wie erkennt man Greenwashing? (Bild: 24Novembers / shutterstock)

Bilder von leuchtend grünen Wiesen, die „nachhaltige Kreuzfahrt“, in Sweatshops „umweltbewusst“ produzierte Fast Fashion – Greenwashing hat viele Gesichter. Der Ruf der Konsumierenden nach nachhaltigen Produkten wird von Jahr zu Jahr lauter – jede:r will Retter:in sein, am liebsten, ohne dabei den eigenen Konsum einschränken zu müssen.

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Die Wirtschaft ist schon längst auf den grünen Zug aufgesprungen und flutet den Markt mit nachhaltigen Angeboten, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden – zumindest auf dem Papier. Denn in der Realität steckt leider nicht hinter jedem leuchtend grün vermarkteten Ei auch ein glückliches Huhn.

Definition: Was ist eigentlich Greenwashing?

Um den Anschein ökologischer Verantwortung zu wahren und den Anforderungen einer immer umweltbewusster denkenden Welt zu entsprechen, haben sich zahlreiche Unternehmen der Grünfärberei verschrieben. Mehr Schein als Sein – als Umschreibung ist das schon ziemlich treffsicher, denn Greenwashing ist im Grunde genau das: ein PR-Streich, mit dem sich Unternehmen ein hübsches, grünes Image zaubern, während im Hintergrund das Fracking-Gas die Produktion befeuert und die Endprodukte letztlich nur an der Nachhaltigkeit kratzen.

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Über gezielte Desinformation, Marketingstrategien und Einzelmaßnahmen wird Umweltfreundlichkeit suggeriert, die mit dem operativen Kerngeschäft meist allerdings nur wenig zu tun hat. Die eigentlichen ökologischen Probleme der Unternehmen und ihrer Produkte werden schlichtweg unter den grünen, fair produzierten Teppich aus recyceltem Meeresplastik gekehrt, statt sich ihrer tatsächlich anzunehmen.

Aus den Augen, aus dem Sinn – echte Nachhaltigkeit sieht anders aus. Greenwashing sorgt also über PR-Mittel und mangelnde Transparenz für ein grünes Unternehmens-Image, ohne dass tatsächlich wirksame, umfassende Maßnahmen umgesetzt werden.

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Warum betreiben Unternehmen Greenwashing?

Gewinnorientierte Unternehmen wollen vor allem eines: wettbewerbsfähig bleiben und bei Angebot und Nachfrage ganz oben mitspielen. Doch was, wenn die eigene Unternehmensstruktur so gar nicht zum wachsenden Umweltbewusstsein und den Forderungen der Konsumierenden nach nachhaltigeren Produkten passen will? Im Wettbewerb ein eindeutiger Nachteil, denn auf lange Sicht bedeutet ein angeknackstes Image immer auch einen Einbruch der Verkaufszahlen. 

Eine konsequente Umstrukturierung des eigenen Geschäftsmodells auf der Basis nachhaltigerer Grundsätze braucht jedoch seine Zeit. Und dann wäre da ja auch noch die Sache mit dem Geld … Dann doch lieber die Marketing-Masche, das ist günstiger, einfacher, sieht schön progressiv aus und das Ergebnis entspricht oberflächlich den Wünschen der Verbrauchenden.

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Ein einfaches Mittel also, um sich den eigenen Platz in der wirtschaftlichen Nahrungskette zu bewahren und den Anschein zu geben, mit Fortschritt und Nachhaltigkeit mitzuziehen. Darwin lässt grüßen.

Warum funktioniert Greenwashing?

Greenwashing ist keine Neuerscheinung der 2020er – der Begriff existiert bereits seit den 1970ern und entstand, als das Bewusstsein für Klima- und Umweltfragen langsam auch den Mainstream erreichte. Vor allem in den letzten Jahren konnte Grünfärberei aber nochmals deutlich an Boden gewinnen. Doch warum funktioniert die grüne Scheinheiligkeit überhaupt?

Jede Entwicklung hat ihre Grundlage. Beim Markt-Phänomen Greenwashing liegt sie unter anderem im Verhalten sowie den Bedürfnissen der Verbraucher:innen. Oft geleugnet, schon lange bewusst: Unsere kostbare Welt geht ökologisch auf dem Zahnfleisch – wäre es also nicht toll, mit dem eigenen Konsumverhalten einen Beitrag zu ihrer Rettung zu leisten?

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Die immer lauter werdende Nachfrage nach „Sustainability“ und grüner Verantwortung übt Druck auf den Markt aus: Er muss reagieren, um zu bestehen. Gleichzeitig sind Konsumierende bereit, für ein nachhaltigeres Angebot auch mal mehr zu zahlen. Man tut schließlich etwas Gutes. Hier spielt also auch die eigene Selbstwahrnehmung als Öko-Held:in eine Rolle: Die Polkappen tropfen weg, aber wenigstens kaufe ich Bio-Eier.

Der Greenwashing-Maschinerie spielt auch die Intransparenz in die Karten. Die Methoden, um sich einen grünen Umwelt-Stempel zu schnitzen, sind so vielfältig, dass ein Durchschauen in vielen Fällen kaum möglich ist.

Leider besteht nur wenig Klarheit darüber, wo echte Nachhaltigkeit aufhört – und wann es nur grüne Farbe ist. Zudem ist Greenwashing auch eine Frage des Standpunkts. Im richtigen Kontext betrachtet kann auch dem umweltschädlichsten Unternehmen eine Liebe zur Umwelt zugesprochen werden.

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Wie lässt sich Greenwashing also erkennen?

Wie erkenne ich Greenwashing?

Das Thema Greenwashing ist ein Irrgarten. Es gibt jedoch Zeichen, die auf „grüne Versprechungen“ und eine Beschönigung der Realität hindeuten, wie aus dem Bericht von BSR, einem Business Network für mehr Nachhaltigkeit, und der international agierenden Nachhaltigkeitsstrategie- und Kreativagentur Futerra aus dem Jahr 2009 hervorgeht.

Diese Merkmale geben Hinweise auf Greenwashing:

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  1. Schlechte Beweislage: Behauptungen, die ohne schlüssige Beweise von Unternehmen aufgestellt werden, weisen auf Greenwashing hin.
  2. Fachsimpelei: Beschreibungen, die ohne vorhandenes Fachwissen durch Verbraucher:innen nicht nachvollziehbar sind, können zu Täuschungen führen.
  3. Schwammig: Vage Bezeichnungen wie „nachhaltig“ oder „umweltfreundlich“ lassen sich schnell einstreuen. Dabei bleibt jedoch unklar, worin diese angepriesene Nachhaltigkeit begründet liegt. Dies wird auch als „fluffy language“ bezeichnet.
  4. Ausgedacht: Ein beliebtes Mittel der Grünfärberei ist die Verwendung von Gütesiegeln. Diese suggerieren die Zustimmung beziehungsweise Prüfung des Produkts durch Dritte, können tatsächlich aber vollkommen frei erfunden sein.
  5. Lange Nasen: Um das Geschäft möglichst grün und nachhaltig aussehen zu lassen, werden in manchen Fällen sogar Falschaussagen gemacht oder ganze Datensätze erlogen.
  6. Irrelevant: Manche Unternehmen brüsten sich und ihre Produkte, indem sie nachhaltige Merkmale anpreisen, die gesetzlich jedoch ohnehin längst als Standard gelten – oder selbstverständlich sind, wie zum Beispiel „Laktosefreie Äpfel“.
  7. Die Mücke und der Elefant: Oft werden kleine, positive Merkmale, die im Vergleich zum großen Kerngeschäft nur einen kleinen Teil ausmachen, genutzt, um die Aufmerksamkeit vom großen, umweltschädlichen Ganzen zu lenken.
  8. Glaubwürdigkeit: Ein Ölkonzern, der mit Nachhaltigkeit wirbt? Passt nicht, oder?
  9. Green dirty company: Wenn ein Unternehmen, das durch wenig umweltfreundliches Verhalten bekannt ist, nachhaltige Produkte herstellt, ist dies ein Hinweis auf Greenwashing.
  10. Nummer 1: Es ist auch dann Greenwashing, wenn Unternehmen sich im Konkurrenzvergleich besser darstellen, im Kern jedoch nicht nachhaltig handeln.
  11. Grüner Auftritt: Durch Design lässt sich viel kaschieren: Grüne Verpackungen, Blumenaufdruck, Fotos von glücklichen Nutztieren – hier entsteht eine nachhaltige Außenwahrnehmung, die jedoch nicht zwangsläufig viel mit dem Produkt zu tun haben muss.

In welchen Branchen wird vermehrt Greenwashing betrieben?

Fangen wir mit den offensichtlichen schwarzen Schafen an: Da wären beispielsweise die Energiekonzerne, Waffenhersteller, Tabakunternehmen, die Automobilbranche, Fastfood-Ketten, die Lebensmittelindustrie – you name it. Von der Textilindustrie ganz zu schweigen. Natürlich sind hier nicht alle Vertreter mit dem Teufel im Bunde. Greenwashing ist hier in vielen Fällen dennoch weitverbreitet.

So nutzen zahlreiche Unternehmen beispielsweise Re-Branding, um ihre Corporate-Identity nachhaltiger erscheinen zu lassen, und in der Textilbranche wird auf „Concious“ produzierte Artikel gesetzt – die allerdings vor allem bei großen Ketten nur einen kleinen Teil des gesamten Sortiments ausmachen. Auch das Pflanzen von Bäumen ist ein beliebter Marketing-Streich.

Kritik und Abmahnungen gab es auch für einige Anbieter der in der Tech-Branche beliebten und angepriesenen Refurbished-Marktplätze. Die EU-Kommission will Grünfärberei nun in zahlreichen Fällen einen Riegel vorschieben.

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Firmenperspektive: Wie kann Greenwashing vermieden werden?

Der Übergang von echter Nachhaltigkeit zu reinem Greenwashing ist fließend und „Vergrünung“ wirtschaftlich eine etablierte Methode. Durch erhöhte Aufmerksamkeit und einen kritischen Blick können Verbrauchende bereits einen guten Beitrag leisten, um dem grünen Gewäsch ein Bein zu stellen. In erster Linie liegt die Verantwortung jedoch vor allem bei den Unternehmen selbst – Ursachenbekämpfung war schließlich schon immer der effizienteste Weg zur Besserung.

Statt sich mit lediglich nachhaltig aussehenden Geschäftsmodellen zu profilieren, sollte stattdessen perspektivisch auf auch tatsächlich nachhaltige Geschäftsmodelle, wie die Kreislaufwirtschaft, gesetzt werden.

Damit das realisierbar wird, muss dazu langfristig die ökologische Verantwortung der Wirtschaft in den Wertekatalog der Unternehmen einfließen. Gemeinsam mit den wirtschaftlichen Interessen können so neue Rahmenbedingungen und Möglichkeiten definiert werden.

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Zudem entsteht Greenwashing vor allem dort, wo sich Transparenz und Außenkommunikation verabschieden. Unternehmen sollten auf Ehrlichkeit setzen, ihre Produkte barrierefrei halten und auch dann Farbe bekennen, wenn das eigene Geschäftsmodell eben nicht zu hundert Prozent einem grünen Bewusstsein entspricht. Kann ja noch kommen.

Doch die Wahrheit zu beschönigen und unliebsame Fakten unter den Teppich zu kehren, schadet dem Firmenimage langfristig mehr, als offen zum eigenen Defizit zu stehen und ernstgemeinten Willen zur Veränderung zu zeigen. Diese sollte dann natürlich auch irgendwann eintreffen.

Dabei kann auch die Politik Einfluss nehmen. Welche Wünsche Greentech-Gründer:innen an die Politik haben, erfahrt ihr hier.

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