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Groupon: Stark überhöhte Ausgangspreise lassen Deals günstiger wirken

Anhand einer ganz kleinen Stichprobe will Marktplatz-Betreiber Thumbtack.com herausgefunden haben, dass Groupon und der weniger bekannte Wettbewerber Living Social die Preise ihrer Deals in vielen Fällen deutlich zu hoch ansetzen. So kann ein Discount natürlich wesentlich attraktiver aussehen, ohne dabei dem Merchant allzu weh zu tun…

5 Min. Lesezeit
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Groupon: Marktplatzbetreiber Thumbtack hat den Überblick über lokale Dienstleister

Thumbtack.com ist ein Marktplatz für ortsnahe Dienstleistungen. Darunter fallen nach Angaben des Betreibers insbesondere Gebäudereiniger, Fotografen, Hochzeitsplaner, Nachhilfelehrer, im Grunde alle Servicedienstleister, die ihre Leistungen aus verschiedenen Gründen nur lokal erbringen können oder wollen. Thumbtack bringt Angebot und Nachfrage zusammen. So schreibt der Kunde etwa “zwei Stunden Hausputz” über Thumbtack aus und erhält verschiedene Angebote von ebenfalls auf der Plattform angemeldeten Dienstleistern

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Nachdem inzwischen auch Groupon nach eigenen Angaben rund 11% ihrer Deals aus diesem Servicebereich rekrutiert, sahen sich die Thumbtack-Betreiber veranlasst, diese Deals einer nähere Betrachtung zu unterziehen. Was sie herausfanden, überraschte sie.

Danach konnten sie bei nahezu jedem sog. Deal einen teils deutlich überhöhten Ausgangspreis ermitteln, der dann im Wege des Extremrabatts auf ein Niveau gesenkt wurde, das als akzeptabel zu bezeichnen war. Akzeptabel, aber immer noch teils höher, als der durchschnittliche, regulär zu erzielende Preis und stets höher als der im Wege der Ausschreibung, etwa über Thumbtack zu erzielende Preis.

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Ein Beispiel: Zwei Stunden Hausmädchenservice in Chicago kosten laut Groupon regulär 90 Dollar. Im Wege des Deals können Groupon-Käufer 50% des Preises sparen und erhalten die beiden Stunden entsprechend für 45 Dollar, was 22,50 Dollar pro Stunde gleich kommt.

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Groupon: Ein Beispiel für einen Deal, der sich nicht lohnt…

Thumbtack ermittelte nun den durchschnittlichen Stundenpreis für Hausmädchenservices über alle auf der Plattform angemeldeten Dienstleister in Chicago, immerhin 62 an der Zahl. Deren Durchschnittspreis lag bei 20 Dollar pro Stunde, also 2,50 Euro unter dem vermeintlich extrem rabattierten Groupon-Preis. Der niedrigste, über Thumbtack im Wege der Ausschreibung angebotene Preis lag sogar bei 16 Dollar pro Stunde und damit mehr als 25 Prozent unter dem Deal-Preis.

Thumbtack vollzog diesen Vergleich für etliche weitere Services und kam im Grundsatz stets zum gleichen Ergebnis mit Abweichungen in der Deutlichkeit des Unterschiedes.

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Groupon: Thumbtack will es noch genauer wissen

Um weitere Beweiskraft hinter ihre Vermutung, Groupon- und Living Social Deals seien grundsätzlich künstlich überteuert, um einen massiven Discount ausweisen zu können, ermittelte Thumbtack weiter.

Sie suchten sich gezielt Dienstleister, die bereits Groupon-Deals angeboten hatten und zu denen die Groupon-Konditionen noch einsehbar waren. Diese riefen sie an und ließen sich telefonisch ein Angebot für die auch über Deals angebotenen Dienstleistungen machen.

Im Falle der Groupon-Deals wurden ihnen telefonisch in allen Fällen niedrigere Preise genannt, als es den via Groupon verkündeten Normalpreisen entsprochen haben würde.

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Groupon: Preise laut Groupon gegen telefonische Angebote der gleichen Merchants (Quelle: Thumbtack)

Groupon und Living Social beim fröhlichen Preise-Aufblasen erwischt?

Die Story griff der Business Insider auf und titelte in der deutschen Übersetzung: “Erwischt! Groupon und Living Social beim Aufblasen von Preisen aufgeflogen. Sie wollten ihre Deals besser aussehen lassen.”. Diese Überschrift ist ein gutes Beispiel dafür, wie man eine Information einseitig interpretieren kann, um ihr eine Richtung zu geben, die der vorgefassten Meinung am ehesten entspricht.

Schauen wir nochmal zu Thumbtack. Die haben anhand einer extrem kleinen Stichprobe bestimmte Erkenntnisse gewonnen. Im Kern: Was du bei Groupon zu Preis x bekommst, bekommst du mit einer kleinen Angebotsumfrage woanders zum selben Preis oder sogar günstiger.

Lassen wir mal außer Acht, dass die Stichprobe im Grunde für generelle Schlussfolgerungen viel zu klein ist und tun so, als sei das Ergebnis statistisch relevant. Dann kommen wir zu dem Ergebnis, dass sich die Groupon Deals nicht lohnen. Wir können anhand der Ergebnisse jedoch niemals auf die Schlussfolgerung kommen, Groupon habe die Preise künstlich aufgeblasen, um bessere Deals ausweisen zu können. Denn diese Schlussfolgerung ist durch nichts gedeckt, außer dem Wunsch, Groupon mal wieder medial eins auszuwischen.

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Wer meine Beiträge zu Groupon verfolgt, weiss, dass auch ich kein Freund des Geschäftsmodells bin und nicht glaube, dass sich Groupon lange wird halten können. Dennoch sollte man in der Betrachtung einen kühlen Kopf bewahren und auf sachlicher Ebene argumentieren.

Zurück zu den Ermittlungen Thumbtacks: Wir kommen also zum Ergebnis, dass sich Groupon Deals in der untersuchten Dienstesparte für den Käufer nicht lohnen. Wieso zeigt Groupon offensichtlich überhöhte Preise an? Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist, dass die Vermutung des Business Insider stimmt und die Deals-Websites die Preisempfehlungen künstlich aufblasen, um ihre extremen Rabatte noch extremer darstellen zu können.

Ebenso ist es aber möglich, dass der Merchant selber seine regulären Preise gegenüber Groupon und anderen Deals-Sites künstlich nach oben fährt, um die geforderten Rabatte wirtschaftlich sinnvoll überhaupt geben zu können. Nach meiner Erfahrung ist diese Erklärung die weitaus plausiblere, denn dieses Verfahren hat auch ansonsten Tradition. Es gibt ja praktisch keine Werbebeilage mehr, die nicht in irgendeiner Art und Weise von Rabatten spricht.

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Groupons Rabatte: Alter Hut! Discounts wurden schon immer von überhöhten Preisen gewährt

Händler und Dienstleister können jedoch nicht nur von Rabatten leben, sondern müssen sich betriebswirtschaftlich sinnvoll verhalten. Bei betriebswirtschaftlich sinnvollem Verhalten werden Preise ordentlich kalkuliert. Da spielt der Markt zwar eine Rolle, jedoch nur im Rahmen des Möglichen. So wird der ordentliche Kaufmann stets versuchen, seinen Einkauf so günstig wie möglich zu erledigen und seine Kosten so gering wie möglich zu halten. Der dann kalkulierte Preis sollte sich im besten Falle im Markt widerspiegeln. Gibt es erhebliche Abweichungen zum Wettbewerb, muss offen untersucht werden, woran das liegen kann. Keine Option ist es, den Preis einfach auf den des günstigsten Wettbewerbers zu senken.

Geschäfte, bei denen man effektiv Geld verliert, wird der ordentliche Kaufmann nur dann akzeptieren, wenn er sich andere Vorteile davon verspricht. So könnte sicherlich eine begrenzt laufende Werbeaktion mit fixem Budget, etwa ein kleinerer Groupon-Deal, eine potenziell vorteilhafte Situation nach dieser Definition sein. Auch im Rahmen dieser Maßnahme wird der Kaufmann jedoch versuchen, seinen Verlust so gering wie möglich zu halten.

Bei den Daily Deals Anbietern lässt sich das am einfachsten über die Angabe eines höheren Einstandspreises regeln. Diese Vorgehensweise entspricht übrigens auch der Vorgehensweise der Verkäufer von elektronischen Geräten aller Art, die ihre Preise stets in Relation zu den UVP der Hersteller setzen und von daher immer gut aussehen.

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Was bleibt nun von den “Ermittlungen” der Thumbtack-Betreiber? Im Grunde nichts, was man nicht unter Anwendung gesunden Menschenverstandes ohnehin schon hätte wissen können: Nicht jeder Kaufmann lässt sich mit Groupon-Deals in den Ruin treiben, sondern nutzt seine Möglichkeiten gegen zu steuern. Ist das verwerflich? Nein. Ist das Groupon anzulasten? Nein. Es ist den Kunden anzulasten, die dazu tendieren, Produkte und Dienstleistungen nur noch zu kaufen, wenn sie sie um mindestens die Hälfte reduziert erhalten können.

Erkenntnis des Tages: Die Menschen wollen belogen werden. Sie finden es nur nicht gern heraus…

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10 Kommentare
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Dein t3n-Team

Torsten

„Rabatt, das lass Dir sagen, wird vorher immer draufgeschlagen!“ Eine Grundregel, die jeder BWL-Student kennen sollte.

Antworten
Christopher

Guter Artikel aber hier und da wurden Dollar mit Euro vertauscht:

immerhin 62 an der Zahl. Deren Durchschnittspreis lag bei 20 Dollar pro Stunde, also 2,50 Euro

Es wären dann hier 2,50 Dollar

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Sven

Aufgefallen ist mir das auch schon bei dem Angebot über ein ThinkPad T60, 199 statt 1749 Euro.
Schaut man auf eBay, findet man dieses Gerät auch dort für 199 Euro.

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Dieter Petereit

@Christopher: Danke für den Euro-Hinweis! Ist korrigiert…

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fimbim

ist nicht wahr! SKANDAL. Damit hätte ja nie jemand gerechnet ^^

Antworten
Axel Kopp

Torsten hat mit seinem Kommentar absolut Recht. Wie soll es betriebswirtschaftlich auch viel anders funktionieren? Klar gibt es noch Möglichkeiten über Cross-Selling und After-Sales-Management Geld einzunehmen, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Groupon nur Deals mit 50% Rabatt oder mehr annimmt. Und das ist schon eine Menge. Will man als Unternehmen dabei sein, wird man die regulären Preise künstlich nach oben fahren müssen, zumal es sich beim Groupon-Klientel um Schnäppchenjäger handelt, die gerne mal was Neues ausprobieren und sich nicht so einfach binden lassen.

Ein Wort noch zur „Erkenntnis des Tages“: Eben weil Menschen gerne belogen werden bzw. das Gefühl haben wollen, ein Schnäppchen gemacht zu haben, wird die neue Media Markt Kampagne scheitern.

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Tom

Klar, dass es sich für die Unternehmen ja auch irgendwie rechnen muss. Ich schaue immer auf sparwelt.de, da werden nur Groupon oder Dailydeal-Angebote gezeigt, bei denen der Verbraucher auch wirklich spart und nicht an der Nase herumgeführt wird. Das spart dann auch die mühsame eigene Suche nach möglichen Hürden wie z.b. Mindestbestellwert, überhöhten Versandkosten oder ähnlichen Anbietern, die womöglich viel günstiger sind.

Antworten
Charly

Finde die Antwort von Migros (Tochtermarke: melectronics) auf Groupon und andere Aktions-Plattformen auch nicht ohne. Die nutzen Facebook, Freunde kriegen Discount. Beschrieb unter b2bcommunity.org

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