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Interview

Dieser Gründer hat Computerchips im Körper – und will dir auch welche verkaufen

Wer kennt es nicht? Schlüssel vergessen – ausgesperrt. Argh! Amal Graafstra war irgendwann so genervt davon, dass er begann, mit RFID-Mikrochips zu experimentieren. Aus diesem persönlichen Need wurde schließlich ein Business.

Von Insa Schniedermeier
5 Min.
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Werden wir bald alle Mikrochips statt Personalausweisen haben? Gründer Amal Graafstra sagt ja. (Foto: Shutterstock / Alona Siniehina)

Amal Graafstra, 45, ist ein Self-made-Man – im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem er sein Informatikstudium nach wenigen Semestern abgebrochen hatte, gründete er 1996 mit einem Freund seine erste Internetfirma. Später, in den früheren 2000ern, arbeitete Graafstra als IT-Beauftragter in verschiedenen Kliniken, meistens abends oder nachts. Dabei vergaß er öfter seine Schlüssel, sodass er mitten in der Nacht Menschen aus dem Bett klingeln musste, weil er sich eingesperrt hatte.

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„Gibt es keine andere Lösung zu den nervigen Schlüsseln?“, fragte er sich – und fand die Antwort bei Hunden und Katzen. Die nutzen ja RFID-Technologie in ihren Mikrochips, dachte Graafstra, und kontaktierte einige der Chiphersteller:innen.

 

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2005 setzte er sich seinen ersten Mikrochip ein und stattete zunächst seine Kellertür zu Hause mit einem Zugangskontrollsystem über Near-Field-Communication-Technologie, kurz NFC, aus. Es funktionierte und Graafstra war angefixt.

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Er experimentierte weiter, schrieb 2006 das Buch „RFID Toys“ und gründete schließlich im Jahr 2013 seine Firma Dangerous Things, mit der er RFID-Mikrochip-Kits in die ganze Welt verschickt. Nach den Türöffner-Chips ergänzte er auch Mikrochips, mit denen er bezahlen, seine persönlichen Kontaktinformationen übermitteln oder einen Tesla öffnen kann. Graafstra selbst hat inzwischen sieben Chips im Körper.

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2018 gründete Graafstra sein zweites Startup Vivokey Technologies, mit dem er sich auf RFID-Sicherheitssysteme fokussiert und in erster Linie B2B-Kund:innen anspricht. Für das Interview erreichen wir ihn über Zoom in seinem Bastelkeller in Seattle – hinter ihm steht eine Werkbank mit einem Mikroskop, allerlei Kabeln und Werkzeugen. Bei uns ist es 8 Uhr morgens, bei ihm 23 Uhr abends.

t3n: Herr Graafstra, Sie haben sieben Mikrochips im Körper. Was kann ihr neuester?

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Amal Graafstra: Nun, das ist ein Geheimnis, ich experimentiere immer viel an mir selbst herum. Aber ich kann sagen, dass er einige Sensoren enthält. Mich interessiert gerade besonders das Thema der menschlichen Identität und den damit einhergehenden Fragen zur Sicherheit. Man denke nur an all diese Sicherheits-Token, die wir aktuell nutzen: die Schlüssel am Schlüsselbund, Benutzernamen und Passwörter auf Websites oder Company-Badges. Nicht zu vergessen unsere Smartphones, die heutzutage erschreckenderweise zu Konsolidierungspunkten für die menschliche Identität geworden sind. Was würden Sie heute lieber verlieren, Ihren Geldbeutel oder Ihr Handy? Natürlich den Geldbeutel. Wir wollen das ändern und dem Mobiltelefon die Macht entziehen.

t3n: Warum?

Sobald man heute Zugriff auf das Telefon von jemandem hat, so hat man buchstäblich alles, weil jede App auf dem Telefon und jeder Dienst, der mit dem Handy verbunden ist, davon ausgeht, dass das Telefon sicher ist. Smartphones haben mehr Autorität über unsere Identität als wir selbst. Dabei sind diese Geräte nicht wirklich sicher und waren es noch nie.

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t3n: Wie wollen Sie das ändern?

Die Idee von Vivokey ist es, dass man eine sichere Identitätsplattform in den eigenen Körper verlegt, um seine Fähigkeiten upzugraden und seine Identität sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt nachweisen zu können. Wir führen beispielsweise gerade ein Gespräch über Zoom – woher wollen Sie wissen, dass ich kein Deepfake bin? Diese Technologien sind im Kommen. Unsere Idee ist, dass man sich nicht nur gegenüber seinem Auto, seinem Haus, seinem Computer, einem Netzwerk oder einem Unternehmen identifizieren kann, sondern auch gegenüber anderen Menschen. Und zw­ar kryptographisch. Von biometrischen Daten als Zugangsinformationen halte ich hingegen nichts.

t3n: Wieso?

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Biometrische Daten, also Fingerabdrücke, Iris-Scans und so weiter sind super, um Menschen zu identifizieren, aber furchtbar schlecht darin, Personen zu schützen. Man kann alles, vom Fingerabdruckleser bis zum Gesichtserkennungsscanner, sehr leicht austricksen, wie der Chaos Computer Club bereits 2008 prominent demonstriert hat, als sie den Fingerabdruck des ehemaligen Innenministers Wolfgang Schäuble veröffentlichten, den sie sich zuvor von einem Wasserglas gesichert hatten. Das Problem ist eben:

Passwörter kann man ändern, seinen Fingerabdruck oder seine Iris nicht so einfach.

 

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t3n: Was wollen Sie mit Ihrer Lösung erreichen?

Wir wollen Menschen mit Vivokey dabei helfen, sich einerseits zu identifizieren und andererseits ihre Identität zu schützen. Aktuell ist es beim Thema Sicherheit so: Entweder, es ist sicher, aber nicht einfach. Oder, es ist einfach, aber nicht sicher.

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t3n: Wie können Unternehmen davon profitieren?

Viele Unternehmen haben kritische Passwörter oder Schlüssel und Badges. Jedes Mal, wenn so ein Sicherheitstoken verloren geht, entsteht Arbeit für das Unternehmen, was natürlich Kosten bedeutet. Ich habe früher bei Boeing gearbeitet und dort meinen Ausweis vergessen. Es hat mehr als einen halben Tag gedauert, bis ich einen Ersatz hatte – das war ein vergeudeter Arbeitstag für mich.

Aus Sicht des Managements ist es eine Kostenersparnis, wenn die Mitarbeiter ihre eigenen Geräte mitbringen, „bring your own device“ kennen wir ja alle. Mit unserer Lösung gehen wir einen Schritt weiter, wir nennen das „bring your own identity“. Dabei bringt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sein eigenes Implantat in das Unternehmen mit, und die HR-Abteilung muss den Chip dann nur noch in die unternehmenseigenen Sicherungssysteme integrieren. So kann sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin über den Mikrochip im Körper barrierefrei durch Websites, Sicherheitstüren, verschlüsselte Netzwerkzugänge oder Computerzugänge bewegen – und das Management spart Kosten.

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t3n: Mit Ihren beiden Startups verkaufen Sie auch Sets, mit denen man sich selbst Mikrochips einsetzen kann. Ist das nicht gefährlich?

Das ist ein weit verbreitetes Missverständnis. Ja, wir verkaufen mit Dangerous Things DIY-Sets, aber wir empfehlen allen Kund:innen, sich die Chips von einem Profi einsetzen zu lassen. Dazu arbeiten wir mit Piercingstudios zusammen. Vom Selbermachen raten wir ab. Bislang hatten wir daher auch kaum Probleme mit Infektionen. Wenn es Komplikationen gab, dann in der Regel bei Menschen, die es selbst versucht haben.

t3n: Was glauben Sie, wie lange es dauern wird, bis wir alle eine Art von Chip implantiert haben?

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So wie nicht jeder ein Handy hat, wird es wohl auch bei Mikrochips keine 100-prozentige Abdeckung geben. Aber ich denke, dass es in den nächsten 10 bis 15 Jahren Bevölkerungsgruppen geben wird, die so gut wie flächendeckend mit Mikrochips ausgestattet sein werden. Vielleicht nur in bestimmten Orte wie Singapur oder so. Aber das Interesse daran ist jetzt schon groß, sodass sich eine zunehmende Akzeptanz abzeichnet.

t3n: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Graafstra!

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