Was ist eigentlich gutes Gehalt in Deutschland – und wo stehst du?

Ab wann spricht man eigentlich von einem guten Gehalt? (Foto: Shutterstock-Sebra)
Eines gleich vorab: Es gibt diverse Meinungen dazu, was ein gutes Gehalt ist und was nicht. Tatsächlich sieht das jeder Mensch etwas anders und hat andere Bedürfnisse im Leben.
Dennoch gibt es ein paar Zahlen und Maßstäbe, die zumindest aufzeigen, wo sich der Rest der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger gehaltstechnisch aufhält. Dafür müssen Berufstätige sich nicht mit den Aldi-Brüdern oder der BMW-Erbin Susanne Klatten messen. Das würde wenig Sinn ergeben. Hier geht’s zu unserem Themenspecial New Finance.
Was ist in Deutschland ein gutes Gehalt?
Um ein ungefähres Gefühl zu bekommen, was in Deutschland ein normales, gutes oder sehr gutes Gehalt ist, reichen zunächst ein paar ziemlich simple Zahlen und Maßstäbe: Da wäre beispielsweise das jährliche Nettodurchschnittseinkommen, das in Deutschland rund 25.583 Euro beträgt.
Auf den Monat gerechnet sind das netto rund 2.131 Euro. Dieser Wert gibt einen Eindruck, wo du stehst, ob du zum Durchschnitt gehörst, darüber oder darunter bist. Zudem ist spannend, wo Wirtschaftsinstitute wie das IW Köln die Grenze zwischen Geringverdienenden, der Mittelschicht und der gehobenen Schicht ziehen.
Wenn wir die Einkommensschichten mithilfe der Daten des IW Köln bestimmen wollen, dann gehört ein Single mit einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 1.121 Euro und 1.495 Euro zuletzt zur einkommensschwachen Mitte.
Mit einem Nettoeinkommen von 1.496 Euro bis 2.804 Euro gehört ein Single zur Mittelschicht im engeren Sinne. Zwischen 2.805 Euro und 4.673 Euro gehört er zur einkommensstarken Mitte und mit mehr als 4.673 Euro zu den relativ Reichen. Anhand dieser Zahlen und Maßstäbe lässt sich zunächst einmal erkennen, wo Berufstätige im Vergleich stehen. Aber das allein ist nicht aussagekräftig.
Am Ende heißt es nämlich, dass Berufstätige sich zusätzlich auch mit der eigenen Berufsgruppe vergleichen müssen, um herauszufinden, ob sie ein gutes oder ein schlechtes Gehalt im engeren Sinne beziehen.
Dafür gibt es unzählige Vergleichsrechner im Netz wie etwa von gehalt.de oder gehaltsvergleich.com. Hier wird das eigene Gehalt mit Gehältern von Menschen im gleichen Job, der gleichen Position und mit der gleichen Erfahrung am gleichen Standort verglichen. Das zeigt, wie Berufstätige innerhalb ihrer Zielgruppe bezahlt sind – ob genau auf Linie oder sogar über- beziehungsweise unterbezahlt.
Was ist mit der Inflation?
Eine ganz neue Komponente in der Gleichung bringt jedoch, die steigende Inflation ein. Im März lag sie zuletzt bei +7,2 Prozent. In den Monaten zuvor, markierte sie sogar einen Höchststand von +10,2 Prozent. Genau genommen, müssten Berufstätige also eine Netto-Gehaltserhöhung in eben jenem Umfang einfahren, damit das Gehalt nicht negativ wächst.
Dass das passiert, ist natürlich für viele Menschen mehr als abwegig. Viele Berufstätige müssen die Inflationsphase wahrscheinlich aussitzen beziehungsweise mit geringeren Erhöhungen die Phase lediglich abfedern. Wer das eigene Gehalt um die aktuelle Inflationsrate steigern kann, setzt der Geldentwertung etwas entgegen.
Übrigens eine wissenswerte Zahl dazu: Der Sparkassen-Verbund gaben vor wenigen Wochen bekannt, dass Haushalte mit einem Nettoeinkommen von 3.600 Euro und weniger, immer häufiger auf Ersparnisse zurückgreifen müssten. Präsident Helmut Schleweis warnte auf einer Pressekonferenz, dass laut internen Berechnungen satte 6o Prozent der deutschen Haushalte künftig am Ende des Monats kein Geld mehr übrig haben dürften.
Geld allein macht nicht glücklich!
Doch Vorsicht! Auch diese Zahlen und Maßstäbe haben ihre Tücken. Denn natürlich sagen sie lediglich aus, wie einkommensstark eine Person ist, jedoch nicht, wie zufrieden. Wer 60 Stunden die Woche arbeiten muss, um zur einkommensstarken Mitte zu gehören, sollte sich überlegen, ob es das wert ist. Denn Geld allein macht auch nicht glücklich.
Vielen ist es genauso wichtig, Zeit zu haben – für die Familie, für die Freunde, für sich selbst. Wer also mit 30 Stunden beispielsweise zur Mittelschicht mit einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro gehört, könnte sagen: „Ich habe ein gutes Gehalt und bin zufrieden!“
Überhaupt ist das mit dem Glück so eine Sache: Laut dem Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman und dem Ökonom Angus Deaton stagniert es angeblich ab einer bestimmten Summe. In einer Studie haben die Forscher herausgefunden, dass die Verdopplung eines Jahreseinkommens von 15.000 auf 30.000 Euro das Glücksgefühl der Probanden enorm erhöhe. Wächst das Jahreseinkommen von 30.000 auf 60.000 Euro, stelle sich der Effekt auch noch ein. Danach sei es mit dem Glück jedoch vorbei, sagen sie. Selbst wer plötzlich 120.000 Euro verdiene, empfinde nicht mehr Zufriedenheit.
Statt mehr Geld – 10 beliebte Alternativen zur Gehaltserhöhung:
Im Artikel wird zwar auf die Inflation verwiesen – es gehört aber auch erwähnt, dass die genannten und verlinkten Daten aus 2019 (!) stammen und somit für einen Artikel im Mai 2023 nicht unbedingt aussagekräftig sind.
Das Märchen, dass Geld nicht glücklich macht, hält sich hartnäckig. Ich fand die erwähnte Studie schon immer schräg – kann man doch bei jedem Gespräch mit Kollegen genau sehen, dass jeder darüber schmunzeln muss. Und so war die Studie auch in der Wissenschaft lange umstritten.
Aber den legendären Kahneman wollte wohl niemand so richtig widersprechen.
Bisher!
Denn erst vor 2 Monaten erschien eine neue Studie: Geld macht die allermeisten DOCH glücklich. und zwar auch über das genannte vermeintliche Plateau hinaus.
Wer jetzt an der Studie zweifelt: Sie ist von keinem geringeren als Kahneman selbst (zusammen mit Killingsworth und Mellers).
Zähneknirschend gibt Kahneman darin zu sich geirrt zu haben und bestätigt was den meisten von uns intuitiv bewusst war: natürlich hilft Geld nicht, wenn man depressiv ist. Aber alle anderen finden es schon ziemlich geil – ohne Limit.
Kahneman, Deaton und Killingsworth haben ihre Ansicht im März dieses Jahres vollkommen revidiert – „Income and emotional well-being: A conflict resolved“ https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2208661120. Fazit: nur die unbelehrbar unglücklichen freuen sich nicht über mehr Einkommen.