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Innenminister: Kampf gegen Verbrechen wichtiger als Datenschutz

Zur Bekämpfung schwerer Verbrechen im Internet fordern die Innenminister der Länder mehr Möglichkeiten zur anlasslosen Speicherung von IP-Adressen als bislang vom Bund geplant.

Quelle: dpa
3 Min.
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Täglich finden schwere Verbrechen im Internet statt. (Foto: Shutterstock/PabloLagarto)

„Es wäre ein Unding und Hohn für die Opfer, wenn wir in Deutschland diese Möglichkeit aus falsch verstandenem Datenschutz nicht nutzen“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), am Dienstag in München. Unter den Innenministern gebe es hierzu einen breiten Konsens.

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„Dieser Ermittlungsansatz ist erforderlich, um den Tausenden von gemeldeten Fällen der Verbreitung und des Besitzes von Kinderpornografie, hinter denen reale Missbrauchstaten stehen können, nachgehen zu können, bevor die einzige Spur zum Täter – nämlich die IP-Adresse – wie derzeit regelmäßig bereits nach wenigen Tagen unwiderruflich gelöscht wird“, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).

Diskussion ist noch nicht abgeschlossen

An der Konferenz nahmen auch die Justizminister der Länder teil, hier gebe es noch unterschiedliche Meinungen, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). „Die Diskussion ist in diesem Punkt noch nicht abgeschlossen.“ Man sei sich aber einig, Kindesmissbrauch und Kinderpornografie noch stärker zu bekämpfen, betonte er.

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Das Ausmaß der Verbrechen sei längst bundesweit „erschreckend“, so Herrmann. Bundesweit hätten sich 2021 die Fallzahlen im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt (39 171 Fälle, plus 108,8 Prozent). „Je intensiver wir ermitteln, desto mehr Fälle werden wir zu Tage fördern.“ Ohne die IP-Adressspeicherung könnten Missbrauchstäter und Konsumenten unter dem Deckmantel der Anonymität im Netz ihr ekelhaftes Treiben ungestört fortsetzen.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) erklärte, das von der FDP als Alternative präferierte „Quick-Freeze“-Verfahren zur Verbrechensbekämpfung im Netz sei unzureichend und kein geeigneter Ersatz für die anlasslose Speicherung der IP-Adressen durch die Provider. Ohne eine vorherige Speicherung der IP-Adresse sei es bei Verdachtsfällen zu spät, die Täter zu ermitteln.

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Bei dem „Quick-Freeze“-Verfahren muss zunächst ein Richter bei einem Verdachtsfall anordnen, dass der Provider die IP-Adresse speichern soll. Die FDP lehnt die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Verbrechen unter Verweis auf den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen im Bund konsequent ab. „Die Massenspeicherung der Kommunikationsdaten von Millionen Bürgerinnen und Bürgern ist nicht mit dem freiheitlichen Charakter unserer Verfassungsordnung vereinbar“, sagte der Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, am Dienstag in Berlin.

Auch der Koalitionsvertrag sei glasklar: Eine lückenlose Überwachung von Kommunikationsbeziehungen dürfe es nicht geben, auch nicht mit Blick auf die IP-Adresse, so Kuhle weiter.

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EuGH setzt Vorratsdatenspeicherung enge Grenzen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in der vergangenen Woche der Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Aufklärung von Straftaten in Deutschland enge Grenzen gesetzt. Die Richter urteilten, dass die derzeit ausgesetzte Regelung in Deutschland mit dem EU-Recht unvereinbar ist. Sie erklärten aber, dass zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eine Vorratsspeicherung der IP-Adressen möglich wäre.

Pistorius betonte, der Bundesgesetzgeber müsse den rechtlichen Rahmen ausnutzen, den der Europäische Gerichtshof in dem Kontext den Ländern gebe. Um erfolgreich im Internet gegen die Täter vorgehen zu können, sei es aber zudem wichtig, dass die Ermittler mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz in die Lage versetzt würden, das riesige Aufkommen an Daten zu analysieren.

Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) mahnte: „An keiner Stelle darf man den Datenschutz überhöhen über Kinderschutz.“ Aus Sicht der unionsregierten Länder dürfe es eigentlich auch keine Fragezeichen geben, IP-Adressen zu speichern und dann auch zu nutzen. Was genau möglich sei, müsse nun aber noch genau geprüft werden.

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Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) sagte, man befinde sich noch am Anfang der Debatte. Auch der Bundesregierung solle man Zeit zur Diskussion zugestehen. Es gebe noch viele wichtige und konkrete Fragen, die man klären müsse, bevor es dazu einen Gesetzentwurf geben könne. Als Beispiel nannte Gallina, dass Berufsgeheimnisträger bei der Speicherung von IP-Adressen irgendwie herausgefiltert werden müssten. Die Debatte müsse deshalb nun sehr im Detail geführt werden.

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