Job an der weltgrößten Kamera: Forscherin sucht störende Lichtquellen im All
Die Zahl an Satelliten im Weltall nimmt zu. (Bild: Shutterstock/ Andrey VP)
Im Juni war es endlich so weit: Das 800 Millionen US-Dollar teure Vera-C.-Rubin-Observatorium lieferte die ersten hochauflösenden Bilder unseres Nachthimmels. Die Aufnahmen des Teleskops stellen den Startschuss für seine zehnjährige Mission dar, einen extrem detaillierten Zeitrafferfilm des Universums zu erstellen. Das neue Observatorium, das 2.700 Meter hoch auf dem Cerro Pachón in Chile steht, sucht seinesgleichen, da es viel mehr Sterne erfassen kann als jedes andere jemals gebaute astronomische Observatorium. Aber: Es sieht auch viel mehr Satelliten. Bis zu 40 Prozent der Bilder, die das Vera C. Rubin in den ersten zehn Jahren seines Betriebs aufnehmen wird, werden durch ihre sonnenlichtreflektierenden Streifen beeinträchtigt sein.
Welche Risiken von den Satellitenstreifen ausgehen
Eine der Expertinnen, die Rubins wissenschaftliche Mission vor der Satellitenplage schützen soll, ist Meredith Rawls. Sie ist Wissenschaftlerin beim Flaggschiff-Beobachtungsprojekt des Teleskops, Vera C. Rubins Legacy Survey of Space and Time. Denn die hellen Lichtstreifen überstrahlen Sterne und Galaxien, deren Leuchtkraft schwächer ist, und könnten so gerade die Beobachtung erschweren. Außerdem könnten die Satelliten Astronom:innen auch verwirren, wenn die von ihnen verursachte plötzliche Aufhellung mit astronomischen Phänomenen verwechselt wird.
Als Rawls 2016 zum Rubin-Projekt kam, hatte sie, wie sie selbst sagt, keine Ahnung, wie sich ihre Karriere entwickeln würde. „Ich wurde als Postdoc eingestellt, um beim Aufbau einer neuen Bildgebungs-Pipeline zu helfen, mit der Vorläuferbilder verarbeitet [und] Ergebnisse analysiert werden sollten, um Dinge zu identifizieren, die wir korrigieren oder ändern mussten”, sagt sie.
Verschärfte Lage mit dem Start von Starlink
Einen Wendepunkt gab es jedoch 2019, als SpaceX begann, seine Starlink-Konstellation aufzubauen. Die Community der Astronom:innen schlug Alarm. Die Satelliten umkreisten die Erde in zu geringer Höhe und reflektierten zu viel Sonnenlicht, wodurch sie helle Flecken in den Teleskopbildern hinterließen. Ein Jahr später waren Rawls und eine Handvoll ihrer Kolleg:innen die Ersten, die eine wissenschaftliche Bewertung der Auswirkungen der Satellitenstreifen auf astronomische Beobachtungen vornahmen. Dabei stützten sie sich auf Bilder des Víctor M. Blanco-Teleskops, das sich ebenfalls in Chile befindet. „Wir wollten sehen, wie hell diese Streifen waren, und mögliche Strategien zu ihrer Minderung untersuchen“, sagt Rawls. Ihr Team stellte fest, dass die Streifen zwar nicht übermäßig hell waren, aber dennoch die wissenschaftlichen Beobachtungen beeinträchtigen konnten.
Seit diesen frühen Beobachtungen hat sich ein völlig neuer Teilbereich der astronomischen Bildverarbeitung herausgebildet. Der Fokus liegt dabei auf Techniken, um Lichtverschmutzung aus den Daten zu entfernen. Außerdem gilt es, Beobachtungsprotokolle zu entwickeln, um zu verhindern, dass zu helle Satelliten die Sicht beeinträchtigen. Rawls ist zu einer der führenden Expertinnen in diesem sich schnell entwickelnden Bereich geworden.
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Asteroid oder Satellit?
„Wir verändern den Nachthimmel grundlegend, indem wir immer mehr Objekte mit einer nicht nachhaltigen Geschwindigkeit ins All schicken“, sagt Rawls, die auch als Astronomieforscherin an der University of Washington tätig ist. Um den Schaden zu mindern, haben sie und ihre Kolleg:innen Algorithmen entwickelt, die Bilder desselben Punktes am Himmel vergleichen, um unerwartete Veränderungen zu erkennen und festzustellen, ob diese durch vorbeifliegende Satelliten oder natürliche Phänomene wie Asteroiden oder Sternexplosionen verursacht worden sein könnten.
Die Zahl der Satelliten, die unseren Planeten umkreisen, ist von nur etwa 1.000 vor 15 Jahren auf heute mehr als 12.000 aktive Satelliten gestiegen. Etwa 8.000 davon gehören zu SpaceXs Starlink. Die Vorherrschaft von SpaceX weckt Begehrlichkeiten und lockt weitere Unternehmen in den Orbit. Das Problem der Lichtverschmutzung wird sich also in den kommenden Jahren noch verschärfen – ebenso wie das Problem des Weltraumschrotts.
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An den Satelliten vorbeigucken
Das US-amerikanische Unternehmen AST SpaceMobile baut beispielsweise eine Konstellation riesiger umlaufender Antennenanlagen, um 5G-Konnektivität direkt auf die Telefone der Nutzer:innen zu übertragen. Die ersten fünf dieser Satelliten – jeder mit einer Größe von über 60 Quadratmetern – befinden sich bereits in der Umlaufbahn und reflektieren so viel Licht, dass Rubin seinen Beobachtungsplan anpassen muss, um ihre Bahnen zu vermeiden.
„Bisher haben wir anhand der ersten Bilder festgestellt, dass es sich um eine Belästigung handelt, aber nicht um etwas, das die Wissenschaft unmöglich macht“, sagt Rawls. Sie bleibt optimistisch, dass sie und ihre Kolleg:innenen das Problem in den Griff bekommen werden.