Jobangebot per Whatsapp bekommen? Unser Autor hat geantwortet – das ist passiert
Natürlich war mir sofort klar, dass es sich um einen Scam handelt. Eine Nummer mit der Ländervorwahl +27, eine einfache Nachricht: „Hallo“. Und weil es mir so klar war, dachte ich mir: antworte ich doch mal und schaue, wohin mich dieses Gespräch führen wird.
Aber zuerst ein Disclaimer: Aktuell häufen sich Whatsapp-Nachrichten aus Südafrika, also mit der Ländervorwahl +27. In diesen werden euch Jobs angeboten, die ihr ganz einfach von zu Hause aus erledigen könnt – für ordentliches Geld. Diese Nummern solltet ihr direkt blockieren. Denn der Chatverlauf führt schlussendlich immer dazu, dass ihr Daten preisgeben oder sogar Geld überweisen sollt, um an diesen vermeintlich neuen Job zu kommen.
Anna von „Business waretech“
Ich antworte also mit einem „Ja bitte?“ auf das „Hallo“. Denn ich möchte herausfinden, wie klug sich diese Scammer wirklich anstellen. Ich spoilere mal: gar nicht klug. Denn nun stellt sich eine „Anna von Business waretech“ vor, die mir einen „Online-Fernarbeitsplatz“ anbietet. Das sogar in Voll- oder Teilzeit und mit einem „engagierten Jobmanager“, der mich schult und mir einen „tollen Bonus gibt“. „Business waretech“ existiert natürlich nicht.
Toller Bonus klingt natürlich toll. Allein, wenn ich mir das Whatsapp-Profil dieser Anna anschaue, steht da der Name Lucio Kennedy. Komisch. Ist bestimmt ihr Vorgesetzter. Als ich ihr sage, dass ich Jobangebote per Whatsapp wirklich sehr vertrauenserweckend finde, bekomme ich einen Textblock, der alle meine Zweifel ausräumen soll:
Auf meine Frage, ob sie meine Nummer aus dem Telefonbuch haben (nein, meine Nummer steht nicht im Telefonbuch), kommt ein schlichtes „Ja“. Gefolgt von den Anforderungen, die ich zu erfüllen habe.
Ich habe Glück gehabt: Dass ich erst 74 bin (ich bin nicht 74), hält die liebe Anna nicht davon ab, mir zu versprechen, dass sich in den kommenden Tagen die „zuständige Person“ bei mir melden wird – natürlich auch wieder per Whatsapp –, um mir die Stellenbeschreibung und das Gehaltspaket zukommen zu lassen. Das alles passiert an einem Freitagnachmittag. Am Sonntag meldet sich dann endlich die zuständige Person bei mir.
Meine Aufgabe
Es ist Sonntagabend, als sich „Alisha Steffanie“ bei mir meldet – mit einem Bild, das wahrscheinlich von einem Instagram-Account geklaut wurde. Immerhin: Die Suche nach der Bildquelle per Google-Bildersuche ergibt keinen Treffer. Man hat sich also doch ein wenig Mühe gegeben.
Während sich Anna noch wie ein typischer Bot angefühlt hat, der auf bestimmte Keywords passende Textblöcke ausspuckt, scheint es sich bei Alisha um einen echten Menschen zu handeln. Das merke ich vor allem dann, als diese Person wütend auf mich wird. Aber zunächst geht es nach einer kleinen Vorstellung um die Details meines neuen Jobs, den ich natürlich so schnell wie möglich beginnen möchte.
Alisha ist deutlich ungeduldiger als Anna. Aber nun erfahre ich endlich, was ich eigentlich machen soll – zumindest so in etwa. Das Ziel sei es, „Apps dabei zu unterstützen, an Popularität zu gewinnen“. Und zwar so sehr, dass das Niveau dieser Apps mit „Youtube, Instagram oder Facebook“ vergleichbar wird. Aber wie genau mache ich das denn?
Sehr spannend alles. Und Alisha scheint auch wirklich begeistert von mir zu sein. Denn noch am gleichen Tag soll es eine Schulung geben, für die ich auch schon Geld bekommen soll – zwischen 50 und 200 US-Dollar immerhin! Und jetzt nennt sie mich auch „Liebes“.
Aber dann stelle ich zu viele Fragen. Was heißt denn Grundgehalt? Bekomme ich das Geld etwa auch, wenn ich gar nichts mache? Wie ermisst sich denn, ob ich für die Schulung 50 oder 200 Dollar bekomme? Auch möchte ich nochmal wissen, wie sie eigentlich an meine Nummer gekommen sind. Jetzt geht Alisha zum Gegenangriff über.
Meine Gegenfragen bringen nichts mehr, Alisha will jetzt ganz genau wissen, für welche Firmen ich schon Anwendungen optimiert habe. Und meine Antwort „Anwendungsoptimierung GmbH“ will sie einfach nicht zufriedenstellen. Immer wieder fragt sie, für welche Unternehmen ich arbeite. Ich sage ihr, das seien Geheimprojekte. Das gefällt ihr nicht und sie wird rabiat: „du musst mir zeigen“.
Geblockt – und was lernen wir daraus?
Die letzte Nachricht von Alisha ist: „Wenn Sie nicht vertrauen, zeigen Sie mir, dann können wir es hier beenden“. Danach blockt sie mich. Meine Nachricht, dass ich Journalist bin und gerne wissen würde, unter welchen Bedingungen „Alisha“ arbeitet und wie oft sie Erfolg mit dieser Masche hat, wird nicht mehr zugestellt.
Das ist freilich eine für mich lustige Geschichte. Aber da stecken ernstzunehmende Praktiken hinter. Immer wieder warnt etwa das BKA vor betrügerischen Nachrichten, die mit Messengern wie Whatsapp versendet werden. Seien es Personen, die sich als Sohn oder Tochter mit neuer Nummer ausgeben, oder eben wie bei mir jemand, der mir einen Job anbieten will.
Viele Menschen fallen darauf rein. Weil sie diese Nachrichten nicht richtig einschätzen können – und sicherlich auch, weil sie die Hoffnung haben, unkompliziert Geld zu verdienen. „Alisha“ wollte so genau von mir wissen, wo ich denn arbeite, um einschätzen zu können, wie viel Geld bei mir zu holen ist. Ähnlich verhält es sich bei dem sogenannten Love Scamming: Hier werden Alleinstehende etwa dazu verleitet, Geld an das virtuelle Gegenüber zu schicken, damit die Person sich ein Flugticket leisten kann, damit die Liebenden endlich vereint sind.
Dahinter steckt organisierte Kriminalität. Personen, die den gesamten Tag nichts anderes machen, als unbedarfte Menschen anzuschreiben, um an ihr Geld zu kommen. Die Zeit hat in einer Reportage gezeigt, unter welchen Bedingungen diese Menschen teils arbeiten. „Wenn die Uhren in Westafrika abends auf sechs springen, ist es in Mitteleuropa bereits acht. An der Ostküste der Vereinigten Staaten naht der Nachmittag. In Offinso beginnt die Kernarbeitszeit. „Wir machen hier Nachtschicht“, sagt Vincent, „ich arbeite bis morgens um fünf.“, heißt es in dem Bericht. Denn auch das ist ein Aspekt, der bei all dem Klamauk nicht untergehen sollte: Diese Leute würden sicherlich lieber etwas anderes machen.
Am Ende habe ich übrigens beide Nummern gemeldet und blockiert. Und ihr solltet das Gleiche tun, falls euch auch mal eine Nummer aus Südafrika anschreibt, die ihr nicht kennt.
Ich hatte beim Lesen des Artikels ein Déjà-vu, da ich gleichen Prozess aus Spass schon mitgemacht hatte mit dem Bewusstsein, dass es hier um eine betrügerische Masche geht. Ich bin ein Stückchen weiter gekommen als Matthias und durfte mich bei der Plattform (gummicube) registrieren und eine sinnlose Arbeit machen (Klicks auf irgendwelche App-Bewertungen, womit ich GBPs (GBPs = Gummicube Bonus Points?) bekam. Dazu wurde mir zu Schulungszwecke Guthaben vom „Lehrer“ bereitgestellt und nach 40 Bewertungen war Schluss für den Tag. Danach vertröstete ich den Lehrer*innen, dass ich auf Grund von Urlaub kein Zeit und kein Netz habe um weiter zu arbeiten. Ein paar Tage später wollte ich ohne den WhatsApp-Lehrer mich auf der Plattform wieder anmelden und die URL funktionierte nicht mehr. Ich fragte also beim Lehrer an, was los sei. Ich wäre willig nun mehr zu lernen und zu verdienen. Da wurde mir mitgeteilt, dass man aus Sicherheitsgründen regelmäßig die Domain wechselt, weil es ja so viele Betrüger gibt :-). Ich bekam eine neue URL mitgeteilt, konnte mich mit meinen Benutzer und 128-Bit-Kennwort anmelden und schon sollte der Unterricht weiter gehen. Ich beharrte damals darauf zu erfahren wie es denn zu einer Auszahlung kommt. Dazu bekam ich dann erklärt, dass ich eine Wallet bei einem bestimmten Anbieter brauche, dort einen Key bekommen und diesen in der Plattform einpflegen muss. Mein Ende des Gesprächs erfolgte in dem Moment, als mir der Lehrer mitteilte, dass ich nun meine Wallet aufladen sollte mir einer speziellen Krypto-Währung um diese dann an die Plattform auf mein Konto zu transferieren um damit dann die nächsten Bewertungen durchführen zu können.
Diese Warnung hätte ich vor 10 Tagen benötigt; ich stecke grad mitten in der Auflösung dieser Shize, die ich mir eingetreten habe. Ich werde mit € 710,- MINUS übrig bleiben. Danke für den Lernprozess.
Seit ich im www diese Form von Betrug recherchiere, hat sich (wahrscheinlich) eine neue Form von Betrug aufgetan: auf FB hat mittlerweile jede fünfte Werbung etwas mit „Wir holen dein/e verlorenes/n Geld/Kryptos zurück!“
In englischer Sprache, unterschiedliche Erscheinungsbilder, aber selbes Prinzip: Es kostet Geld – IM VORAUS.
Also wenn das nicht Scam 2.0 ist, dann heisse ich ab morgen Otto.
Och schade! Ich hatte dieser Tage auch eine Anfrage von einer jungen blonden Frau (Katharina) mit ausgeprägtem Interesse mich in einen lukrativen Nebenjob zu vermitteln. Schon deshalb hätte es mich wirklich interessiert … . Ich hatte gehofft, der Autor unterlässt den Sarkasmus und nimmt die ganze Sache etwas ernster. Anscheinend ging’s Herr Kreienbrink mehr um seinen Spaß als um echte Nachforschung. Ein wirklich investigativ arbeitender Journalist hätte sich zuvor auch eine entsprechende Legende zurecht gelegt, um nicht gleich bei den ersten Fragen („Anwendungsoptimierung GmbH“(◔_◔) ) aufzufliegen.
Team Wallraff, bitte übernehmen Sie!
Ich weiß tatsächlich nicht wie man als rational denkender Mensch auf diese Maschen hereinfallen kann. Die Devise lautet bei derartigen Kontakaufnahmen immer, die Scammer mit minimalen Aufwand so lange wie möglich hinzuhalten. Denn solange wir sie beschäftigen, können die Scammer bei weniger bedarften Opfern keinen Schaden anrichten. Wollen sie von Fots oder Dokumente haben, immer technisch total blöd stellen und sich die Übermittlung mehrfach erklären lassen! Soll es ein jpeg oder ZIP sein, einfach korrumpierte Dateien senden, die sich nicht öffnen lassen ;)