Jobs der Zukunft: Das Management von Weltraumschrott im Fokus
Die Niederländer Stijn Lemmens hat einen ganz speziellen Arbeitsplatz. Als „leitender Analyst für die Eindämmung von Weltraumschrott“ bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) arbeitet er daran, die weitere Vermüllung der Erdumlaufbahn zu bekämpfen, indem er mit Raumfahrzeugkonstrukteuren und der gesamten Branche zusammenarbeitet, um Missionen zu entwickeln, die den Orbit weniger verschmutzen.
Obwohl dem Start von Raumfahrzeugen in den Weltraum viel Aufmerksamkeit beigemessen wird, wurde die Frage, was mit den Überresten von Satelliten, Raketen & Co. geschehen soll, lange Zeit weitgehend ignoriert. Viele frühe Missionen hatten gar keine Ausstiegsstrategie. Anstatt sie in einen Orbit zu bringen, in dem sie in die Erdatmosphäre eintreten und verglühen konnten, wurden Satelliten am Ende ihrer Lebensdauer einfach in der Umlaufbahn belassen. Dadurch entstanden Trümmer, die später genau überwacht und, wenn möglich, umgeleitet werden mussten, um Kollisionen mit anderen Objekten zu vermeiden. „In den letzten 60 Jahren haben wir den Weltraum so genutzt, als wäre er eine unerschöpfliche Ressource“, sagt Lemmens. „Aber vor allem in den vergangenen zehn Jahren ist allen ziemlich deutlich geworden, dass das nicht der Fall ist.“
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Raumfahrzeuge, die sich selbst entsorgen
Technische Lösungen für die Probleme gibt es einige. Der erste Schritt zur Reduzierung von Weltraumschrott ist die Entwicklung von Raumfahrzeugen, die das All nach Abschluss ihrer Mission sicher verlassen können. „Als Student dachte ich naiverweise: Wie schwer kann das schon sein?“, lacht Lemmens. Die Antwort stellte sich als komplizierter heraus, als er erwartet hätte.
Bei der ESA arbeitet er mittlerweile mit Wissenschaftler:innen und Ingenieur:innen an spezifischen Missionen, um gute Ansätze zu entwickeln, den Müll im All zu reduzieren. Einige beinhalten einen Antrieb, der auch Jahrzehnte nach dem Start noch zuverlässig funktioniert; bei anderen dreht es sich um Systeme, die Raumfahrzeuge leicht bewegen können, um sie vor Kollisionen mit anderen Satelliten oder Weltraumschrott selbst zu bewahren. Die ESA arbeitet auch an Plänen, um die Überreste ohne große Risiken für die Luftfahrt und die vorhandene Infrastruktur durch die Atmosphäre zu bringen.
Neue Lebensdauer für Satelliten
Standardisierung ist in der Weltraumforschung das Stichwort. Die Erdatmosphäre übt Reibung auf Satelliten aus, die sie schließlich aus der Umlaufbahn zieht. Nationale und internationale Richtlinien empfehlen, dass Satelliten am Ende ihrer Betriebsdauer ihre Höhe verringern, damit sie in die Atmosphäre eintreten und das Verglühen ermöglichen. Früher sollte dies höchstens 25 Jahre dauern. Lemmens und seine Kollegen schlagen fünf Jahre oder weniger vor – ein Zeitrahmen, der bereits zu Beginn der Missionsplanung berücksichtigt werden müsste.
Die Notwendigkeit dieser Änderung in der Richtlinie zu erklären, könne sich ein bisschen wie eine Predigt anfühlen, sagt Lemmens, und das macht er nicht gerne. Es sei eine Herausforderung, die Menschen davon zu überzeugen, die Weite des Weltraums nicht als „unendliche Zahl von Umlaufbahnen“ zu betrachten. Ohne Änderung könnte die Menge an Weltraumschrott in den kommenden Jahrzehnten zu einem ernsthaften Problem werden, indem sie die Umlaufbahnen zumüllen und die Zahl der Kollisionen erhöht.
Lemmens sagt, dass er sich wünscht, dass seine Arbeit in Zukunft überflüssig wird. Aber bei rund 11.500 Satelliten und über 35.000 derzeit getrackten größeren Trümmerobjekten und vielen weiteren geplanten Starts scheint dies unwahrscheinlich.
Forscher untersuchen drastischere Änderungen in der Art und Weise, wie Weltraummissionen durchgeführt werden. So könnten wir eines Tages beispielsweise in der Lage sein, Satelliten vor Ort zu demontieren und Wege zu finden, ihre Komponenten im Orbit zu recyceln. Ein solcher Ansatz wird wahrscheinlich nicht in naher Zukunft zum Einsatz kommen, warnt Lemmens. Er ist jedoch zuversichtlich, dass mehr Raumfahrzeugkonstrukteure über Nachhaltigkeit nachdenken: „Im Idealfall wird dies zur Norm, in dem Sinne, dass dies zu einer Standard-Ingenieurspraxis wird, an die man einfach denkt, wenn man sein Raumfahrzeug konstruiert.“