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Jump Bikes werden zehntausendfach verschrottet – Tier Mobility will sie retten

Uber hat seine erst 2018 übernommene Mikromobilitäts-Tochter Jump Bikes zusammen mit einer hohen Investitionssumme Anfang Mai an das angeschlagene E-Tretroller-Startup Lime übergeben. Offenbar hat Uber aber nicht die gesamte Flotte der elektrifizierten Fahrräder an Lime weitergereicht. Stattdessen lässt das Unternehmen sie zehntausendfach verschrotten. Das Berliner Mobility-Startup Tier will sie nun, wie zuletzt die E-Modeps von Coup, vor ihrem zu frühen Ende bewahren.
Die Nachricht über die Verschrottung der Pedelecs versetzte nicht nur Fahrradenthusiasten in den sozialen Medien in Rage – das von ihnen als „skrupellose Tat“ verurteilte Vorgehen rief auch den Tier-Mobility-Gründer Lawrence Leuschner auf den Plan. Er richtete sich auf Microsofts Businessplattform Linkedin offen an Lime und Uber und erklärte, dass das schon vor drei Wochen getätigte Angebot weiterhin gelte.
Leuschner hatte also schon vor Bekanntwerden der Verschrottung der Pedelecs Interesse angemeldet. Seinen Ausführungen auf Linkedin zufolge hat Tier die Absicht, so viele der Fahrräder zu übernehmen, wie möglich sei. Anstelle sie „wegzuwerfen, sind wir bereit, uns um sie zu kümmern, sie zu reparieren und ihnen ein zweites Leben zu geben – so wie wir es für alle unsere Fahrzeuge tun“, schreibt Leuschner weiter. Er sei der Ansicht, dass „Mikromobilität für Nachhaltigkeit und Verantwortung stehe und nicht für Verschwendung.“

Tier hat die E-Roller-Flotte von Bosch-Tochter Coup übernommen. (Foto: Tier Mobility)
Würden Uber oder Lime sich auf einen Deal einlassen, wäre es Tiers zweite Rettungsaktion. Erst im Februar 2020 übernahm das Startup 5.000 E-Mopeds der eingestampften Bosch-Tochter Coup, um sie in die eigene Plattform zu integrieren. Nur wenige Monate nach der Übernahme rollen die ersten E-Mopeds mit Tier-Branding schon wieder durch Berlin.
Das notwendige Geld für den Kauf eines Teils der Jump-Flotte dürfte Tier noch auf der hohen Kante haben. Im Februar 2020 teilte das Unternehmen mit, seine im Oktober 2019 mit 60 Millionen US-Dollar abgeschlossene Series-B-Finanzierung zwischenzeitlich auf über 100 Millionen Dollar erweitert zu haben. Die neuen Mittel sollen zwar vornehmlich in Forschung und Entwicklung investiert werden, ebenso seien Teiles des Geldes aber auch für die weitere Expansion eingeplant.
Tier Mobility könnte aber leer ausgehen, denn die Verschrottung der Jump-Bikes findet derzeit nur in den USA statt. Bei diesen handelt es sich laut Uber um alte oder defekte Pedelecs, die Lime nicht übernommen hat. In Deutschland und weitere Teile Europas sei der Deal noch nicht vollkommen abgeschlossen – laut einem Lime-Sprecher wird voraussichtlich Mitte Juni damit zu rechnen sein. Wie viele der Jump-Pedelecs Lime in Deutschland übernommen hat, wurde nicht kommuniziert, allerdings heißt es, dass hierzulande nur aktuelle Pedelec-Modelle im Einsatz seien, die auch in den USA nicht zerlegt werden.

Lime vermietet in Denver (USA) schon wieder die knalligen Jump Bikes. (Foto: Lime)
Dass Lime die Jump-Bikes – wie schon in den USA in Denver geschehen – in naher Zukunft auch hierzulande wieder einsetzen will, steht im Grunde außer Frage. Fraglich ist nur, in welchem Umfang und unter welcher Marke. Wird Lime die Pedelecs in den eigenen Firmenfarben Grün-Weiß lackieren, oder bleiben sie im Signalrot von Jump? Auf diese Frage konnte uns der Lime-Sprecher keine Antwort geben. Aus Gründen der Geldersparnis, aber auch, um die starke Marke Jump zu nutzen, könnten sie so bleiben, wie sie sind. Sicher ist zudem, dass die Bikes sowohl in der Lime- als auch der Uber-App ausleihbar sein sollen.
Ob Tier Mobility trotz der vollen Kassen bei den Pedelecs zum Zuge kommt, ist fraglich: Der neue Jump-Besitzer Lime dürfte ein Wörtchen mitzureden haben, ob ein Mitbewerber auf dem sich wegen der Coronakrise stark konsolidierenden Mikromobilitätsmarkt Zugriff auf die speziell für den Sharing-Sektor entwickelten E-Fahrräder erhält.
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Artikel aktualisiert am 29. Mai 2020. Statements von Lime und Uber.
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Wenigstens ein Unternehmen, dass verantwortungsvoll mit Ressourcen umgeht. Kann doch nicht wahr sein, dass die die Teile einfach verschrotten wollen…
Es ist wirklich unglaublich, dass man diese praktischen Fahrzeuge einfach so verschrotten will. Also wenn schon abschaffen, dann könnte man sie z.B. an ärmere Leute verschenken und würde damit erst noch eine gute Tat vollbringen. Was man schenkt, kommt zurück. Aber das haben die Zombie Geschäftsleute von heute immer noch nicht begriffen.