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Karrierekiller Doktortitel: Wie schädlich ist die Promotion?

Ein Doktortitel macht sich hübsch auf Visitenkarten – wenn man denn welche bekommt. Nicht selten erschwert der akademische Grad nämlich den Berufseinstieg. Lohnt sich die Promotion noch?

Von Vicky Isabelle Bargel
4 Min. Lesezeit
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(Foto: dpa/Joker)

Clara Herdeanu ist promovierte Linguistin. Sie hat gerne studiert, erzählt sie. Gerne wissenschaftlich gearbeitet. Irgendwann habe sie sich dann allerdings dafür entschieden, in die freie Wirtschaft zu gehen. Clara Herdeanu wollte in die Medienbranche. Eigentlich gar nicht so weit hergeholt, promovierte sie doch zum Spannungsverhältnis von Sprache, Macht und Medien. Den Weg in den Job zu finden, war für die Promovierte dann allerdings gar nicht mal so leicht. Die Linguistin ist sich sicher: Der Doktortitel im Lebenslauf hat ihr so manche Karrierechance verbaut. Doch was steckt dahinter? Ist die Promotion in manchen Branchen wirklich ein Karrierekiller?

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Summa cum laude – dieses Prädikat trägt die Dissertation von Clara Herdeanu. Zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde sie damit zunächst allerdings nicht. Egal, bei welchem Medium sie sich bewarb, man verwehrte ihr den Berufseinstieg. Mehr oder minder frustriert wandte sich die Mediendiskurslinguistin schließlich an eine befreundete HR-Recruiterin. Ihr Ratschlag an Herdeanu: „Vielleicht solltest du deine guten Noten mal aus der Bewerbung streichen.“ Der Doktortitel könnte ein bisschen im Weg stehen, hieß es.

„Die kann ja gar nicht praktisch arbeiten“

Tatsächlich hatte Herdeanu das Gefühl, sie begegnete in ihrem Bewerbungsprozess einigen Vorurteilen auf Grund ihres Titels: „Fachidiotin“, „die kann ja gar nicht praktisch arbeiten“, „die ist uns bestimmt zu teuer“, „völlig überqualifiziert“. Kein Wunder also, dass ihr zunächst eine ganze Weile keine Stelle angeboten wurde. Wie die promovierte Linguistin schließlich doch einen Job gefunden hat? „Der Berufseinstieg hat bei mir  funktioniert, weil ich in der Zwischenzeit im Einzelhandel gearbeitet habe“, erzählt Herdeanu. „Auf die Frage im Bewerbungsgespräch, ob ich denn auch praktisch arbeiten könne, habe ich gesagt, dass ich aktuell Strumpfwaren verkaufe – das hat dann verrückterweise überzeugt.“

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Doch handelt es sich bei diesen Schwierigkeiten um einen Einzelfall? Offenbar nicht. Ganz ähnliches berichtet nämlich auch Petra Böhne-Beismann. Sie ist Arbeitsvermittlerin bei der Agentur für Arbeit und hat besonders viel Erfahrung mit der Jobvermittlung an Akademiker. Für sie ist der Fall ziemlich klar: Wer in die freie Wirtschaft will, sollte auf die Promotion verzichten. „Fast immer ist der Doktortitel ein Karrierekiller“, sagt Petra Böhne-Beismann. „Das klingt zwar hart, aber ich erlebe das wirklich sehr häufig. Ich hatte in der Vergangenheit sehr viele promovierte Kunden und die haben immer wesentlich länger gesucht als nichtpromovierte.“ Vor allem für Geistes- und Sozialwissenschaftler gelte das. Hilfreich sei es daher, sich schon frühzeitig zu überlegen, ob man in die Wirtschaft wolle. Die Arbeitsvermittlerin sagt: „Der Doktortitel ergibt nur Sinn, wenn man in der Wissenschaftskarriere bleiben will. Oder bei Medizinern, da natürlich auch.“

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Die richtigen Stellen aussuchen

Heißt es also wirklich bye-bye Wirtschaftskarriere, wenn man sich schon für die Promotion entschieden hat? Der Karriereberater Bernd Slaghuis weiß ebenfalls um die Schwierigkeiten von Promovierten, sieht ein gewichtiges Problem aber nicht nur im Arbeitsmarkt, sondern vielmehr in der Arbeitssuche. Er sagt: „Viele Promovierte bewerben sich auf Stellen, die nicht für sie ausgelegt sind, wie etwa Positionen für Berufseinsteiger oder auf Trainee-Programme. Da ist es wenig verwunderlich, dass sie diese Jobs nicht bekommen. Die meisten anderen Trainees kommen frisch aus dem Bachelor und sind so Anfang 20. Kaum ein Recruiter wird schon alleine wegen der Gruppendynamik deutlich Ältere mit in einen Trainee-Jahrgang aufnehmen. Daher ist es ratsam, nach Stellen zu suchen, in denen der Doktortitel oder die Inhalte der Dissertation für einen Arbeitgeber wertvoll sind.“ Slaghuis rät seinen promovierten Kunden deshalb, gezielt nach jenen Stellen Ausschau zu halten, in denen das Prestige eines Titels gern gesehen ist.

Nicht verstecken, sondern gekonnt inszenieren

Bernd Slaghuis hat selber promoviert und weiß aus eigener Erfahrung, dass das die Jobsuche natürlich trotzdem nicht immer erleichtert. Und dennoch: Er glaubt daran, dass man sich mit einem Titel nicht zu verstecken braucht. „Schließlich hat die Anfertigung der Dissertation wahnsinnig viel Arbeit und Durchhaltevermögen erfordert“, sagt Slaghuis.

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Und diesen Arbeitsaspekt, den dürfe man in seinem Lebenslauf durchaus besonders hervorheben. „Manche Arbeitgeber glauben, Promovierte seien wissenschaftliche Theoretiker, dabei beinhaltet auch die Promotionszeit sehr häufig schon einiges an Berufserfahrung. Ich habe während meiner Promotion auch an einem Lehrstuhl gearbeitet und dort neben der Betreuung von Studierenden auch die Finanzen und Drittmittel verwaltet sowie mich um das Recruiting und die Verträge von studentischen Hilfskräften gekümmert“, erzählt Slaghuis. „Das ist ja auch praktische Erfahrung, die darf man ruhig im Lebenslauf als solche verkaufen.“ Nicht verstecken, sondern gekonnt inszenieren – so sollte das Credo also lauten. Und so sucht man als Geistes- oder Sozialwissenschaftler mit einem Titel vielleicht länger, stolz sein kann man auf die Promotion trotzdem, findet auch Slaghuis: „Eine Promotion erfordert immerhin eine ganze Menge an Eigenverantwortung und Biss – und jeder kann stolz sein, es geschafft es zu haben.“

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9 Kommentare
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Quasar

So ein Quatsch. Ein Doktortitel ist nach wie vor ein Prädikat welches dem Recruiter zeigt dass der Kandidat sich selbstständig über einen längeren Zeitraum in einen komplexen Sachverhalt einarbeiten und neue Lösungen erarbeiten kann. Viele Firmen stellen aber lieber drei billige Junior ein statt einen erfahrenen Senior (das beinhaltet Promovierte) ein. Dort will man als Experte auch nicht arbeiten da Qualität in solchen Firmen nicht im Vordergrund steht.

Außerdem ist es natürlich schwer mit einem nicht MINT-Abschluss einen Job zu finden. In der Wirtschaft werden nun mal echte Produkte und selten Essays verkauft. Geisteswissenschaftler haben nun mal ein sehr spezielles Nischenwissen.

Antworten
Ich dachte ihr seid besser...

Ihr redet hier ausschließlich von Doktortiteln in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Wo bleibt da die journalistische Qualität. Wenn ihr so reißerische Überschriften ohne Bezug zum Artikel wählt kann ich auch gleich Bild-Zeitung lesen. Bin sehe enttäuscht!

Antworten
Dieter Petereit

Puh. Tu das.

Antworten
Martin Wunderlich

Ja, man kann stolz sein auf seinen Doktor, egal in welchem Fach. Allerdings finde ich es schon recht offensichtlich, dass die Schwierigkeit beim Jobfinden nicht am Doktor liegt sondern, wie schon in Nebensätzen anklingt, an Geistes- und Sozialwissenschaften.

Mit einem Doktor im MINT-Bereich wird es, wie mein Vorredner schon schrieb, sicher sehr einfach sein, etwas Gutes zu finden. Studium ist halt mehr Bildung statt Ausbildung und kann für die freie Arbeitswelt mitunter recht irrelevant sein.

Antworten
Christoph Stockinger

Wann fliegt der Artikel endlich raus. Für mich ist der nicht belegt und völlig absurd.

Antworten
Dieter Petereit

Die Antwort fällt leicht: Gar nicht.

Antworten
eva

Leider ist der Artikel sehr un-repräsentativ und nicht wissenschaftlich. In manchen Branchen, wie z.B. den Naturwissenschaften, bekommt man ohne Doktortitel keinen Job, außer man akzeptiert Konditionen die dem entsprechenden Ausbildungsberuf entsprechen…wozu man aber auch kein Studium braucht…

Antworten
Martin

Der Artikel ist eben keine Doktorarbeit und muss darum auch nicht alle möglichen Aspekte beleuchten. Er ist ein gelungener Diskussionsbeitrag, was man an den vielen Reaktionen sieht. Ich habe mir meine Doktorarbeit in Physik bewusst nach meinem Interesse ausgesucht, d.h. nach einem Thema, das mich auch beruflich interessiert hat. Dafür habe ich meine Heimat verlassen und eine Fremdsprache gelernt. Es hat mich also etwas gekostet und der Anfang war sehr schwer. Im Beruf hatte ich sehr viel mit Akademikern zu tun, und da hat mir der Doktortitel sicher den Weg geebnet und Kontaktaufnahmen vereinfacht. Das Gehalt war deswegen nicht automatisch höher gewesen, sondern war wie bei allen anderen Arbeitnehmern Verhandlungssache. Ich habe vor kurzem die Möglichkeit genutzt, früher in Rente zu gehen, will mich aber nicht nur auf die faule Haut legen. So habe ich mich auf einige einfache Teilzeitjobs in der Umgebung, die ich gut und gerne erledigt hätte, beworben. Das hat nicht funktioniert, wobei ich nicht weiss, welcher der grössere Killer ist, das Alter oder der Titel. Es hat dann schliesslich doch geklappt, mit einiger Geduld und Beharrlichkeit, kombiniert mit Beziehungen.
Übrigens: ich habe mich aus einer Führungsposition in einer kleinen Firma einmal bei einer grossen Firma beworben für einen Job unterhalb der Führungsebene. Man hatte mit einer solchen Konstellation schon schlechte Erfahrung gemacht und argwöhnte, ich würde am Stuhl meines Vorgesetzten sägen. Das war der grösste Killer in meiner aktiven Karriere und hatte überhaupt nichts mit dem Titel zu tun.

Antworten
Ulfhednar

Was ein Bullshit. Bin Ingenieur, aktuell noch ohne Promotion, und habe mehr als einmal bei Assessment Centern für Trainee-Programme Doktoren aus den Mint Fächern unter den Konkurrenten gehabt. Und jetzt ratet mal, wer da normalerweise die Stellen bekam…
Das es in den Geisteswissenschaften anders aussieht ist klar, aber das ist auch ohne Promotion so. Ein Master da schadet der Karriere genauso.

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