Fundstück
Kassetten-Navi ohne GPS: Prototyp eines Navigationsgeräts in den 70ern

Getestet wurde das Kassetten-Navigationsgerät in einem VW Käfer. (Foto: Luis War / Shutterstock)
„Entschuldigung, wo ist die Kriegerstraße?“ „Geht ganz schnell: Einmal an der nächsten Ecke links, da beim Bäcker rum und dann gleich wieder links.“ Na, wer findet den Weg? Mit den schnellen Beschreibungen ist das gar nicht immer leicht.
Bevor es Navigationsgeräte gab, war das allerdings üblich. Auch beim Autofahren wurde – sofern keine Straßenkarte im Fahrzeug lag – an den Straßenrand gefahren und Passant:innen gefragt. Schon in den Siebzigerjahren wurde aber nach Alternativen gesucht.
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Eine Idee: Mit Kassette und Steuerelement im Auto ein Navigationsgerät entwickeln. Das hat Fernsehmoderator Michael Rodd im Oktober 1971 bei BBC vorgestellt.
Er sitzt in einem VW Käfer, zu hören ist eine Stimme, die ihm vorsagt, wann er abbiegen oder weiter geradeaus fahren muss. „Das nenne ich mal einen guten Navigator, er gibt klare und präzise Anweisungen“, so Rodd. Die Stimme kommt von einer Kassette, die im Kassettenspieler des Autos liegt. Auf ihr ist die Wegbeschreibung, ähnlich gesprochen wie heute bei Navis üblich, gespeichert.
Jede der Weg-Phrasen endet mit einem akustischem Signal, einem deutlichen Piep. Dieser Piep ist wiederum ein Signal für ein Steuergerät, das unter dem Armaturenbrett ist: Es gibt Auskunft darüber, wie viele Meter das Auto bis zur nächsten Ansage fahren muss. Außerdem ist das Steuergeräte mit dem Kilometerzähler des Autos verbunden und kann daher die Kilometerinformationen ablesen. Sobald sich die Pkw-Räder drehen, wird dadurch eine kleine Scheibe im Steuergerät zur Rotation gebracht, erklärt Rodd.
Die Drehungen werden gezählt – passen sie zu jenen von besagtem Piep, kommt die nächste Ansage: Der nächste Navigationshinweis wird abgespielt. Zwischen den einzelnen Signalen ist der Kassettenspieler abgeschaltet, an geht er durch das Signal der Steuereinheit.
Laut Rodd sei das Kassetten-Navi für jedes Fahrzeug geeignet: Allerdings muss durch eine Platine, die in die Steuereinheit geklippt wird, die jeweilige Reifengröße angegeben werden. Sonst funktioniert das System mit der Verbindung aus Drehungen der Reifen und der Scheibe im Steuergerät nicht.
In Serienproduktion gab es dieses Gerät, das ohne GPS funktionierte, nicht – es war eher eine Idee, um eine Alternative zu Karten und dem Ansprechen Fremder zu haben. Umständlicherweise war pro Kassette allerdings nur eine Route möglich. Ein weiterer Nachteil: Gibt es spontane Änderungen der Strecke, funktioniert die Navigation nicht mehr, sie kann nicht angepasst werden.
Angewendet wurde der Prototyp für eine 20-Kilometer-Strecke in der Stadt Chatham in der britischen Grafschaft Kent. Bei den Tests mit verschiedenen Fahrern sei das Programm auf 30 Yards, also etwa 27 Meter, genau gewesen, trotz unterschiedlicher Geschwindigkeiten.
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