Keine Antwort auf Bewerbung? Dahinter können arglistige Gründe stecken

Dass viele Unternehmen sich um Fachkräfte reißen, lesen Interessierte oft. Vor allem in technischen Berufen gibt es einen nicht von der Hand zu weisenden Fachkräftemangel. Dennoch bekommen viele Jobsuchende oft nicht einmal eine Eingangsbestätigung auf ihre eingeschickten Unterlagen. „Die Klagen der Bewerberinnen und Bewerber, dass sie keine Rückmeldungen mehr bekommen, haben schon deutlich zugenommen“, berichtet auch Karriereberater Jürgen Hesse im Gespräch mit der Wirtschaftswoche. Der studierte Psychologe kennt auch die Gründe, die teilweise äußerst perfide sind.
Keine Antwort auf Bewerbung: Optimierungswahn und Täuschungsmanöver stecken oft dahinter

Keine Antwort auf Bewerbung: Jobsuchende bleiben oft ratlos zurück. (Foto: Shutterstock-f8-Studio)
Zum einen sei diese Haltung oft der Denke von Unternehmen und Personalberatern geschuldet, die immer schneller und effizienter arbeiten wollen. „Es war zumindest einmal Standard, eine Eingangsbestätigung zu verschicken, die bekommen Kandidaten heute nur noch in den seltensten Fällen zu sehen“, sagt Hesse. Es scheint, als hätten die Unternehmen die Eingangsbestätigung schlichtweg wegrationalisiert und falls es doch einmal zu einer Rückmeldung kommt, dann allenfalls noch als Serien-Absage-E-Mail, die mit „i.A.“ unterzeichnet von den Azubis versendet wurde.
„Es war zumindest einmal Standard, eine Eingangsbestätigung zu verschicken.“
Laut dem Experten würden viele Firmen ihre Stellen aber oftmals auch nur zum Schein ausschreiben. „Unternehmen inserieren, um wirtschaftliche Stärke zu zeigen, auch gegenüber Geldgebern und der Bank, nach dem Motto: Wir expandieren, uns geht es gut“, meint der Karriereberater. „Dazu gehört auch, dass man die Konkurrenz verunsichern oder ein bisschen ärgern möchte, wie wunderbar doch die Geschäfte laufen.“ Besonders durchtrieben sei es, wenn die eigenen Mitarbeiter durch Schein-Inserate unter Druck gesetzt werden sollen. Ganz nach dem Motto: „Unser Unternehmen sortiert sich neu“, so Hesse weiter.
Ein anderer Grund hinter dem Phänomen der Schein-Ausschreibungen stecke jedoch auch in der Bürokratie. Jürgen Hesse berichtet, dass in manchen Unternehmen sämtliche neue Stellen auch intern ausgeschrieben werden und bestehende Mitarbeiter dann oftmals die Nase vorn hätten. Manchmal seien Arbeitgeber aber auch schlicht zu bequem und vermeiden jegliche Rückmeldungen. Das passiert vor allem dann, wenn eine Stelle doch nicht besetzt oder der Bewerbungsprozess an externe Firmen ausgelagert wird. Letztere scheren sich dann nicht unbedingt um den Ruf der Personalabteilung, so der Karriereberater.
Guter Ruf unter Jobsuchenden: Unternehmen sollten auf eine Bewerbung antworten
Jobsuchende, die keine Antwort auf ihre Bewerbung erhalten, sind häufig frustriert und glauben, dass sie nicht gut genug für die Stelle gewesen seien. Die wirklichen Gründe liegen jedoch oft anderswo: Neben dem Verfall guter Sitten sind es vor allem der Optimierungswahn und perfide Täuschungsmanöver, die Bewerber ratlos zurücklassen. „Früher war eine Stellenangebotsanzeige eben wirklich ein freier Platz, der besetzt werden sollte, das ist heute einfach viel zu kurz gedacht“, so Hesse. „Heute geht es ein gutes Stück weit um Image – bei den Geldgebern, bei den Kunden, bei den eigenen Mitarbeitern, bei der Konkurrenz.“
Dass dieses Gebaren jedoch zum Bumerang für Unternehmen werden kann, liegt auf der Hand. Wer als Arbeitgeber dahingehend seinen Ruf ruiniert, dem wird das verspielte Vertrauen irgendwann auf die Füße fallen – und zwar spätestens, wenn wirklich einmal eine Stelle ausgeschrieben wird, die schnell oder hochwertig besetzt werden muss. Bewerber nehmen dieses Verhalten sehr wohl wahr und tauschen sich darüber in Internet-Foren aus. Die Gespräche sind öffentlich einsehbar und wer sich als Jobsuchender mit einem potenziellen Arbeitgeber auseinandersetzt, recherchiert schnell, was für eine Einstellung der pflegt.
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Übrigens: Keine Antwort auf Bewerbung? Das ist eine bodenlose Frechheit! Ein Kommentar.
Letztes Update des Artikels: 18. Juli 2019