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Warum du keine Leidenschaft brauchst, um deinen Job gut zu machen

Alle reden von Leidenschaft im Job. Wer keine empfindet, bei dem läuft was falsch. Aber stimmt das überhaupt?

Von Alexandra Vollmer
4 Min. Lesezeit
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(Foto: rawpxiel.com / Shutterstock)

Ob nun Vorzeige-Unternehmer, wie Steve Jobs, oder Ausnahme-Musiker, wie der chinesische Pianist Lang Lang – Erfolgsgeschichten dieser Art begegnen uns am laufenden Band. Du kommst an ihnen kaum vorbei – auch und gerade, wenn es um das Thema Karriere geht. Der Stoff, aus dem diese Geschichten gestrickt sind, ist überall der gleiche: Leidenschaft. Was hat es damit auf sich? Ist Leidenschaft so eine Art Zaubermittel für Erfolg?

Mit Leidenschaft durch die Decke

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Richtig ist sicher, dass Spitzensportler, Spitzenunternehmer oder Spitzenkünstler ganz oben auf dem Treppchen stehen, weil sie mit einem felsenfesten Willen zu Werke gehen. Weltklasse-Fußballer wollen Tore schießen. Koste es, was es wolle. Unternehmer sind überzeugt davon, dass die Welt exakt diesen federleichten Laufschuh, die Vintage-Klamotte oder das sparsamste Auto verdient hat. Und deshalb setzen sie alles daran, dass die Welt das Produkt auch bekommt. Der Geiger, der ganze Stadien füllt, will geigen. Er findet Erfüllung in der Musik wie nirgends sonst – und zieht mit seinem überirdischen Spiel Millionen Menschen in seinen Bann.

Dieser unbändige Wille, nennen wir ihn Leidenschaft, sorgt dafür, dass Menschen über sich hinaus wachsen, dass sie die Kraft aufbringen, gegen Hindernisse anzukämpfen und weiter zu machen. Bis sie tatsächlich im Olymp angekommen sind. Diese Beispiele sind es, die uns vorgaukeln, wir müssten Leidenschaft für unseren Job entwickeln, um gut zu sein. Ohne Leidenschaft kein Erfolg. Und noch schlimmer: Ohne Leidenschaft im Job kein Lebensglück. Denn das ist die nächste Botschaft, mit der die Karriereratgeber um die Ecke kommen: Wenn du deinen Job einfach nur gut machst, läuft etwas falsch in deinem Leben.

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Arbeit gut machen, nicht nur gut finden

Nicht jeder von uns ist Prima Ballerina, ein berühmter Herzchirurg oder geht als Superstar über den roten Teppich. Im Gegenteil. Die Masse der Bevölkerung geht schlicht und einfach ihrer Arbeit nach. Sie steuern den Linienbus, sie machen die Konzernbuchhaltung, sie organisieren Banketts in Hotels, gehen als Anwälte in die Bütt oder stehen als Lehrer vor einer Schulklasse. Möglicherweise kriegst du keine leuchtenden Augen, wenn du beim Date von deinem Job erzählst. Dein Date womöglich auch nicht. Na und? Wen kümmert es, ob du deinen Job nun einfach gut oder womöglich herausragend findest? Wichtig ist doch, dass du ihn gut machst.

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Doch genau darin liegt die Crux: Dir wird suggeriert, dass das nicht reicht. Wenn du nicht schreist vor Glück, dann stimmt etwas nicht mit dir. Dann gibst du dich mit zu wenig zufrieden. Dienst nach Vorschrift nennen wir das. Schillernd ist was anderes. Und so fangen all die Menschen, die täglich ihrer Arbeit nachgehen, die diese gern und gut machen, an zu grübeln: Muss ihr Job nun der große Lebensinhalt sein? Sind sie erst richtig gut und glücklich, wenn sie bei ihrer Arbeit Leidenschaft verspüren?

Leidenschaft ist nicht gleich Können

Wenn du Leidenschaft hast für eine Sache, dann macht sie erstens mehr Spaß, und zweitens machst du sie auch besser. Genau diese Korrelation ist ein Trugschluss. Dass man eine Sache zwangsläufig gut macht, wenn man sie leidenschaftlich macht, bezweifelt auch Volker Kitz in seinem Buch „Feierabend. Warum man für seinen Job nicht brennen muss“. Man müsse nur mal so eine Castingshow anschauen, wie „Deutschland sucht den Superstar”, um zu erkennen, dass Leidenschaft und Können zwei unterschiedliche Dinge seien, so Kitz in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. „Bloß, weil du etwas mit Leidenschaft machst, machst du es nicht zwangsläufig gut“, so der Autor.

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Gute Leistung braucht Distanz

Warum werden Polizisten aus einem Fall abgezogen, sobald Freunde oder Verwandte auf der Bildfläche erscheinen? Warum vertreten Anwälte nie sich selbst? Warum operieren Ärzte ungern Angehörige? Ganz einfach: Weil ihnen dann Emotionen im Weg stehen. Weil plötzlich Leidenschaft mit von der Partie ist. Leidenschaft, die den sonst so kühlen Kopf ins Schleudern bringt.

Leidenschaft kann auch dazu führen, dass du dich dem Effizienzgedanken verschließt. Nehmen wir einen Tischler, der vollkommen vernarrt ist in seine Arbeit. Wenn du dem damit kommst, er könne den Nachttisch etwas schneller fertigstellen, wenn er dieses neue automatisierte Rundschleif-Verfahren anwendet, dann wirst du damit schwerlich Erfolg haben. Der Mann liebt das Gefühl von Holz unter seinen Händen, an Effizienz hat er kein Interesse. Er ist sicher glücklich. Aber ist er auch erfolgreich? Klar, wenn seine Nachttische so einzigartig sind, dass sich die Menschheit danach die Finger leckt, dann kann es für ihn durch die Decke gehen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Kundschaft ausbleibt, weil der Tisch ewig nicht fertig wird.

Ein Hoch auf die bürgerlichen Tugenden

Was wünschst du dir von dem Fahrer der Linie 134, mit der du täglich zur Arbeit fährst? Pünktlich soll er sein. Er soll sein Fahrzeug und die Verkehrsregeln aus dem Effeff beherrschen. Schließlich willst du sicher ankommen. Und natürlich darf er sich nicht verfahren. Wenn er dir dann noch freundlich beim Einsteigen zulächelt, ist für dich alles paletti. Für ihn eigentlich auch. Es sei denn, er hasst diesen Job und macht ihn aus einer Not heraus. Aber diese Extreme sind eher die Ausnahme. Viel häufiger ist doch der Fall, dass jemand einfach gern Bus fährt. Ob er das nun extrem cool findet, spielt für seinen Erfolg am Ende des Tages keine Rolle. Damit du gern seine Linie benutzt, kommt es vielmehr auf bürgerliche Tugenden wie Zuverlässigkeit, Sorgfalt und Höflichkeit an. Klingt langweilig? Macht aber den Erfolg aus.

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Kitz appelliert in seinem Buch für mehr Ehrlichkeit beim Thema Job. Geben wir zu, dass Arbeit zu einem Großteil schlicht Routine ist, dass nicht jeden Tag die tollen, spannenden Herausforderungen anstehen, die das Gros der Stellenanzeigen suggeriert.

Wenn Arbeitgeber und Beschäftigte sich eingestehen, dass Arbeit Lebensinhalt sein kann – aber nicht muss – dann würden Menschen, so Kitz, entspannter und auch besser arbeiten. Klar darf Arbeit Spaß machen. Soll sie sogar. Dass du dir deinen Job nach Neigung und Fähigkeit aussuchst, bleibt unbenommen. Aber vor Leidenschaft platzen kann man auch woanders…

Mehr zum Thema: Digitalisierung – Diese Kompetenzen solltest du im Arbeitsleben mitbringen

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3 Kommentare
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Alex

Boah das ist ja echt schlimm, sind Sie zufällig Arbeitgeber???

Wenn ein Gitarrist supergut aber emotionslos ist, hat er bei uns in der Band nichts verloren. Wenn wie einen Mitarbeiter in den Verkaufsraum stellen, und er keine Emotionen für ein Produkt vermitteln kann, dann kommt er ins Lager.

Natürlich gibt es genügend Jobs, bei denen Emotionen fehl am Platz sind, aber diese verallgemeinerte Aussage Ihres Textes ist schon ziemlich krass in meinen Augen… Diese traurige fixierung auf Erfolg, „Er ist sicher glücklich. Aber ist er auch erfolgreich?“, und das in einem Format, dem viel mehr als allen anderen Nachrichtenwebsites bewusst sein sollte, dass durch die Digitalisierung diese ganzen Jobs, in denen man sich nicht durch Leidenschaft definiert bald Geschichte sein werden…

Arm!

Antworten
Lukas

Dieser oder zumindest ein sehr ähnlicher Artikel erschien bereits im Spiegel und im Manager Magazin – vor ungefähr 4 oder 5 Monaten. Sommerflaute?

Antworten
Tina

Ich finde es in Ordnung, wenn jeder Mitarbeiter auch ein wenig unternehmerisches Denken mitbringt.
Wie verkaufe ich meine Ideen und Ergebnisse am besten? Welche Anforderungen und Erwartungen hat mein „Auftraggeber“ an mein Ergebnis?
Ich glaube wenn man es stets schafft, nicht nur an sein persönliches Interesse zu denken, dann kann man Leidenschaft auch prima mit „Auftraggeber“-Zufriedenheit vereinen. Ich wüsste nicht, wieso das eine das andere ausschließt.
Der Tischler sollte in seinem Arbeitsprozess ja ein Interesse daran haben, dass seine Leidenschaft mitfinanziert wird. Da kann er sich sicher anpassen und einen Kompromiss finden, der auf beide Perspektiven passt.
Immermal die Perspektive wechseln hat schon immer Menschen davor bewahrt, zu sehr nur an sich selbst zu denken und seine Leidenschaft überzubewerten.

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