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KI als Mordzeuge: Algorithmus bringt Mann zu Unrecht ins Gefängnis

Michael Williams’ Beifahrer wurde in den Kopf geschossen. Eine KI zur Schusserkennung legte nahe, Williams sei der Schütze. Dafür saß er fast ein Jahr hinter Gittern.

2 Min. Lesezeit
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Diese KI erkennt Schüsse und alarmiert die Polizei. (Bild: Shotspotter.com)

Diese Mordanklage war schnell geschrieben: Im Mai vergangenen Jahres hatte der 65-jährige Michael Williams aus Chicago im US-Bundesstaat Illinois seinen 25-jährigen Nachbarn Safarian Herring im Auto mitgenommen. Als Williams verkehrsbedingt halten musste, soll ein anderes Fahrzeug neben Williams ebenfalls zum Stehen gekommen sein. Dessen Beifahrer habe dann eine Waffe gezogen und Herring in den Kopf geschossen. Williams will den Verletzten dann auf kürzestem Weg ins Krankenhaus gebracht haben. Herring erlag der Schussverletzung und Williams landete auf der Anklagebank.

KI erkennt Schuss in der Nähe des mutmaßlichen Täters

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Ein wichtiges Beweisstück gegen Williams hatte Shotspotter geliefert. Das Unternehmen, das in verschiedenen Städten der USA, darunter auch Chicago, tätig ist, hat über die Stadt ein Netz von Mikrofonen installiert. Die nehmen Geräusche auf, die dann mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen untersucht werden. Erkennt die KI Schussgeräusche, alarmiert sie die Polizei.

Laut Staatsanwaltschaft hatte die Shotspotter-KI ein Schussgeräusch an einer Stelle registriert, an der Williams auf den Aufnahmen der Überwachungskamera in seinem Auto zu sehen war. Da niemand anderes in der Nähe war, sollte das den Beweis ergeben, dass Williams Herring selbst erschossen habe. Allerdings konnte die Polizei weder ein Motiv noch Augenzeugen noch die Tatwaffe finden. Für Williams sprachen lediglich die Aussage der KI und seine kriminelle Vergangenheit. Williams hatte in seiner Jugend wegen versuchten Mordes, Raubes und des Abfeuerns einer Schusswaffe im Gefängnis gesessen. Der 65-Jährige machte indes geltend, er habe sein Leben grundlegend geändert und mit der Tat nichts zu tun.

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Schuss oder Explosion eines Feuerwerkskörpers?

Bei näherem Hinsehen fanden die Pflichtverteidiger des Beschuldigten heraus, dass die Shotspotter-KI zunächst gar keinen Schuss in Williams Nähe aufgezeichnet hatte. Vielmehr hatte es sich um den Knall eines Feuerwerkskörpers aus einer Entfernung von über einem Kilometer gehandelt. Shotspotter-Mitarbeiter hatten das Geräusch später manuell als Schuss in Williams’ Nähe umklassifiziert. Den will Shotspotter dann allerdings mittels einer umfangreichen forensischen Analyse nachgewiesen haben.

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Diese Aussagen und die vorgelegte Analyse genügten dem Richter nicht, zumal auch die Mutter des Getöteten zu berichten wusste, dass schon zwei Wochen vor dem Mord an einer Bushaltestelle auf ihren Sohn geschossen worden war. Letztlich zog die Staatsanwaltschaft im Juli dieses Jahres den Shotspotter-Bericht als Beweisstück zurück und beantragte die Einstellung des Verfahrens wegen unzureichender Beweise.

„Ich habe immer wieder versucht herauszufinden, wie sie damit durchkommen konnten, die Technologie in dieser Weise gegen mich einzusetzen“, sagte Williams der Associated Press in einer ausführlichen Untersuchung des Falles. „Das ist nicht fair.“

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