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Mit 11 Genen: KI entwickelt neuartige Viren – und die können schon Bakterien töten

US-Forschende haben eine KI dazu gebracht, Genome für bakterienfressende Viren zu entwerfen. Einige der Designs wurden gegenüber E. coli-Bakterien tatsächlich aktiv. Doch Expert:innen raten auch zur Vorsicht bei solchen Versuchen.

Von MIT Technology Review Online
4 Min.
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Roboter arbeitet im Labor über einer Petrischale. (KI-generiertes Bild: Midjourney / MIT Technology Review)

Künstliche Intelligenz (KI) kann Katzenbilder zeichnen, Krankheiten voraussagen und Phishing-Mails schreiben. Jetzt kann dieselbe Technologie ein funktionierendes Genom zusammenstellen. Kalifornische Forscher:innen von der Stanford University und dem gemeinnützigen Arc Institute haben eine KI neue genetische Codes für bakterienfressende Viren vorschlagen lassen. Mehrere dieser sogenannten Bakteriophagen waren tatsächlich vermehrungsfähig und töteten auch Bakterien. Die Wissenschaftler:innen sagen, dass die Keime mit KI-geschriebener DNA „das erste generative Design vollständiger Genome“ darstellten.

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„Beeindruckender erster Schritt“ hin zu KI-gestalteter Lebensformen

Die in einem Preprint-Artikel beschriebenen Ergebnisse, die den wissenschaftlichen Gutachterprozess noch nicht durchlaufen haben, könnten neue Behandlungsmethoden schaffen und die Forschung an künstlich hergestellten Zellen beschleunigen. Es ist auch ein „beeindruckender erster Schritt“ in Richtung KI-gestalteter Lebensformen, sagt Jef Boeke von der NYU Langone Health, der nicht an der Veröffentlichung beteiligt war.

Dem Biologen zufolge ist die Leistung der KI überraschend gut und ihre Ideen unerwartet. Es gab „Viren mit neuen Genen, mit verkürzten Genen und sogar mit unterschiedlichen Genreihenfolgen und -anordnungen“, so Boeke weiter. Allerdings handelt es sich hierbei noch nicht um KI-gestaltetes Leben. Das liegt daran, dass Viren nicht lebendig sind. Sie sind eher wie abtrünnige Teile des genetischen Codes mit relativ schwachen, einfachen Genomen.

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In der neuen Arbeit versuchten Forschende des Arc Institute, Varianten eines Bakteriophagen – eines Virus, das Bakterien infiziert – namens phiX174 zu entwickeln, der nur elf Gene und etwa 5.000 DNA-Buchstaben hat. Dafür nutzten sie zwei Versionen einer KI namens Evo, die nach den gleichen Prinzipien funktioniert wie große Sprachmodelle wie ChatGPT. Anstatt die Modelle mit Lehrbüchern und Blogbeiträgen zu füttern, trainierten die Wissenschaftler:innen sie mit den Genomen von etwa zwei Millionen anderen bakterienfressenden Viren.

KI erstellte 302 Genome für Viren

Aber würden die von der KI vorgeschlagenen Genome überhaupt Sinn ergeben? Um dies herauszufinden, druckten die kalifornischen Forscher:innen 302 der Genomdesigns der Software chemisch als DNA-Stränge aus und mischten diese dann mit E. coli-Bakterien. Das führte zu einem tiefgreifenden „KI-ist-da“-Moment, als die Wissenschaftler:innen eines Nachts Bereiche mit toten Bakterien in ihren Petrischalen entdeckten. Später machten sie Mikroskopaufnahmen der winzigen Viruspartikel, die wie unscharfe Punkte aussehen.

„Das war ziemlich beeindruckend, diese von der KI generierte Kugel tatsächlich zu sehen“, sagt Brian Hie, der das Projekt am Arc Institute leitet. Insgesamt funktionierten 16 der 302 Entwürfe – das heißt, die vom Computer entworfenen Phagen begannen sich zu vermehren, drangen schließlich in die Bakterien ein und töteten sie.

Laut Craig Venter, der vor fast zwei Jahrzehnten einige der ersten Organismen mit im Labor hergestellter DNA schuf, sind die KI-Methoden für ihn „nur eine schnellere Version von Trial-and-Error-Experimenten“. Als es beispielsweise einem von ihm geleiteten Team 2008 gelang, ein Bakterium mit einem im Labor gedruckten Genom zu schaffen, war dies das Ergebnis eines langen Prozesses des Ausprobierens verschiedener Gene. „Wir haben die manuelle KI-Version verwendet, die Literatur durchforstet und das bekannte Wissen genutzt“, sagt er.

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Aber genau wegen dieser Geschwindigkeit setzen die Menschen darauf, dass KI die Biologie verändern wird. Die neuen Methoden wurden bereits 2024 mit dem Chemie-Nobelpreis für die Vorhersage von Proteinstrukturen ausgezeichnet. Und Investor:innen setzen Milliarden darauf, dass KI neue Medikamente finden kann. Mitte September sammelte das Bostoner Unternehmen Lila 235 Millionen US-Dollar ein, um automatisierte Labore zu bauen, die mit künstlicher Intelligenz betrieben werden.

Entwicklungen zum Schutz vor Bakterien

Vom Computer entworfene Viren könnten auch kommerziell genutzt werden. So probieren Ärzt:innen manchmal Phagentherapien aus, um Patient:innen mit schweren bakteriellen Infektionen zu behandeln. Ähnliche Tests werden derzeit durchgeführt, um Kohl mithilfe von spezialisierten Phagen vor Schwarzfäule zu schützen, die ebenfalls durch Bakterien verursacht wird.

„Diese Technologie hat definitiv viel Potenzial“, sagt Samuel King, der Student, der das Projekt in Heis Labor geleitet hat. Er merkt an, dass die meisten Gentherapien mit Viren arbeiten, um Gene in den Körper von Patienten zu transportieren, und KI möglicherweise effektivere Viren entwickeln könnte.

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Das Stanford-Team betont, dass es seiner KI bewusst keine Informationen über Viren vermittelt hat, die Menschen infizieren können. Diese Art von Technologie birgt jedoch das Risiko, dass andere Wissenschaftler:innen – aus Neugier, mit hehren Absichten oder böswillig – die Methoden auf menschliche Krankheitserreger anwenden und neue Dimensionen von todbringenden Fähigkeiten erforschen könnten.

„Ein Bereich, in dem ich zu äußerster Vorsicht rate, ist jede Forschung zur Virusverstärkung, insbesondere wenn sie zufällig erfolgt, sodass man nicht weiß, was man bekommt“, sagt Venter. „Wenn jemand dies mit Pocken oder Anthrax tun würde, hätte ich große Bedenken.“

Von einfache auf komplexe Genome

Ob eine KI ein echtes Genom für einen größeren Organismus erzeugen kann, bleibt eine offene Frage. Beispielsweise hat E. coli etwa tausendmal mehr DNA-Code als phiX174. „Die Komplexität würde von atemberaubend auf weit mehr als die Anzahl der subatomaren Teilchen im Universum ansteigen“, sagt Boeke.

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Außerdem gibt es noch keine einfache Möglichkeit, KI-Entwürfe für größere Genome zu testen. Während einige Viren allein aus einem DNA-Strang „hochfahren“ können, ist dies bei Bakterien, Mammuts oder Menschen nicht der Fall. Wissenschaftler:innen müssten stattdessen eine bestehende Zelle schrittweise durch Gentechnik verändern – ein nach wie vor mühsamer Prozess.

Trotzdem hält Jason Kelly, CEO des Cell-Engineering-Unternehmens Ginkgo Bioworks in Boston, genau solche Anstrengungen für notwendig. Er glaubt, dass dies in „automatisierten“ Laboren durchgeführt werden könnte, in denen Genome vorgeschlagen und getestet und die Ergebnisse zur weiteren Verbesserung an die KI zurückgemeldet werden. „Dies wäre ein wissenschaftlicher Meilenstein von nationaler Bedeutung, da Zellen die Bausteine allen Lebens sind“, sagt Kelly. „Die USA sollten sicherstellen, dass wir als Erste dieses Ziel erreichen.“

Der Artikel stammt von Antonio Regalado. Er ist Redakteur bei der US-amerikanischen Ausgabe von MIT Technology Review. Regalado schreibt über Themen aus der Biomedizin.
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Kommentare (4)

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Alex Holz

Faszinierende Technologie und wichtiger Artikel, aber sie macht auch Angst, falls wir sie eines Tages nicht mehr 100% verstehen bzw. nachvollziehen können und damit nicht mehr beherrschen. Experten sagen ja schon lange, dass KI einer der größten Bedrohungen für die Menschheit ist. Ich denke, wir brauchen glaubwürdige, allgemeingültige, klare, auf Sicherheit ausgerichtete und transparente Regeln für KI und deren Anwendungen, sonst „Gute Nacht“ und „Hallo Endzeit“.

Sunny Afternoon

Das ist ja schön für die Wissenschaftler:innen. Trotzdem kotzt mich euer gendern total an. ich lese keine Online -Zeitungen, die nicht mal die kleinsten deutschen Rechtschreibregeln beherrschen. Macht ihr weiter mit euren Wissenschaftler:innen. Ein Doppelpunkt mitten im Wort: ihr habt sie nicht alle auf der Reihe.

Tim Schmelter

@Sunny: Zum Glück sind Menschen wie Du vergänglich. Wir sind nur kurz da, maßen uns aber an Faschismus zu wählen, weil uns ein Doppelpunkt nicht gefällt, der für mehr Gleichberechtigung sorgen soll. Menschen sind so kleingeistig, rückständig und egoistisch. Unsere Kinder werden zum Glück kein Problem damit haben. Die Erde dreht sich auch mit Doppelpunkt und ohne uns weiter und das ist gut.

Sunny Afternoon

Tim: Zum Glück sind auch Menschen wie Du vergänglich, die jeden Unsinn annehmen und damit meinen, der große Gleichberechtigung Genüge getan zu haben. Dazu gehört mehr, als ein Doppelpunkt an der verkehrten Stelle zu setzen. Du gehörst zu denen, die meinen, solch ein Unsinn und alles Neue hat eine hohe Strahlungskraft.
Weil tendenziell Althergebrachtes verworfen wird zu Gunsten neuer Begriffe und so durch Änderungen ein Fortschritt suggeriert wird.

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