KI-Sommelier bewertet Wein, ohne jemals eine Flasche geöffnet zu haben

(Foto: Africa Studio / Shutterstock)
„Mit einem hellen Grüngelb im Glas geht es los. Das herrlich saftig-fruchtige Bouquet mit Stachelbeeren, Maracuja, Zirtusfrüchten und einem Hauch Anis überzeugt ebenso, wie der fruchtbetonte, mit großem Trinkfluss und jeder Menge Frische ausgestattete Auftritt am Gaumen.“ So liest sich die durchschnittliche Beschreibung eines Weins auf der Website eines großen deutschen Weinhändlers. Fachwissen und Bildsprache gehören für einen Sommelier dazu.
Aber könnte auch eine künstliche Intelligenz die Bewertungen schreiben? Schließlich wird KI in vielen Fällen immer kreativer. Schon seit einiger Zeit gibt es den Wine Review Generator, der blumige Beschreibungen auf Knopfdruck ausspuckt. Nun haben sich Forschende des Dartmouth College, der Dartmouth’s Tuck School of Business und der Indiana University der Sache ebenfalls angenommen. Das Ergebnis ist im Fachmagazin International Journal of Research in Marketing erschienen.
Die interdisziplinäre Gruppe hat einen KI-Algorithmus entwickelt, der in der Lage ist, Bewertungen für Wein und Bier zu schreiben, die von denen eines menschlichen Kritikers fast nicht zu unterscheiden sind. Die Forschenden sagen, dass ihr Ansatz prinzipiell sogar auf Bewertungen anderer Produkte wie Kaffee oder Autos ausgeweitet werden könnte.
„Das Schreiben von Rezensionen ist eine Herausforderung für Menschen und Computer, zum Teil wegen der überwältigenden Anzahl unterschiedlicher Produkte“, sagte Keith Carlson, der an der Studie beteiligt war. „Wir wollten sehen, wie künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann, um Menschen zu helfen, die diese Bewertungen erstellen und verwenden.“
Missbrauchspotenzial für KI-Beschreibungen
Dazu trainierte das Team den Algorithmus mit etwa 125.000 bestehenden Weinbewertungen und 143.000 Bierbewertungen aus Onlinequellen Darin enthalten waren Informationen zur Produktherkunft, Rebsorte, Bewertung und Preis. Um eigene Bewertungen zu erstellen, erhielt die KI, quasi als Anschub, die Details eines bestimmten Weins oder Biers, wie etwa den Namen des Weinguts Brauerei, den Stil, den Alkoholgehalt und den Preis. Darauf basierend nutzte die KI dann vorhandene Bewertungen und erstellte aus den häufigsten verwendeten Adjektiven eine eigene Beschreibung.
In einem anschließenden Test legten die Forschenden die Ergebnisse einer Gruppe von Testpersonen vor. Diese konnten tatsächlich nicht die KI-Texte von den echten Sommelier-Texten unterscheiden.
Während die Forschenden glauben, dass ihr Algorithmus tatsächlich Menschen bei der Erstellung von Produkttexten helfen könnte, ohne selbst ins Glas geguckt zu haben, warnen andere: Eine KI zum Schreiben von Rezensionen könnte beispielsweise verwendet werden, um positive Rezensionen künstlich zu verstärken und negative zu übertönen, heißt es bei Scientific American. Immerhin, zumindest bei Lebensmitteln sollte man ohnehin nie allein der Beschreibung vertrauen. Sondern sich stets einen eigenen Eindruck machen, am besten beim – menschlichen – Weinhändler des Vertrauens.