Kick für Lithiumionen: So soll ein „Energydrink“ älteren Batterien neue Leistung verleihen
Der Energydrink, den Forschende aus Japan komponiert haben, soll nicht Fitnessfanatikern, sondern Lithiumbatterien frische Kräfte verleihen. Genauer gesagt, den einzelnen elektrochemischen Zellen, aus denen Batterien in der Regel aufgebaut sind. Die Flüssigkeit bestehe aus lithiumhaltigen Verbindungen, die den altersbedingten Schwund beweglicher Lithiumionen in den Elektroden ausgleichen könnten, berichtete das Team, an dem der Autohersteller Toyota beteiligt ist, kürzlich im Fachblatt Joule. Dafür müsse sie lediglich in jene Zellen injiziert werden, die von Kapazitätsverlusten betroffen sind, heißt es in der Studie.
Mit diesem Kniff wollen die Forschenden aus Japan den Zeitpunkt für das Recycling von Lithiumbatterien weit nach hinten verschieben und so Rohstoffe und Energie sparen. Schließlich werden in Zukunft immer mehr gebrauchte Lithiumbatterien anfallen, ob aus Elektroautos, von Solaranlagen oder aus dem Einsatz als stationäre Speicher für Stromnetze. Ein Recycling sei zwar sinnvoll, verschlinge aber Energie und Ressourcen, heißt es in der Studie. Je später dieser Schritt erfolge, desto nachhaltiger sei es.
Die Wiederbelebungsstrategie setzt bei einem bekannten Phänomen an. „Oft gehen die Kapazitätsverluste einer Lithiumionenbatterie darauf zurück, dass die Zahl beweglicher Lithiumionen in der Zelle sinkt, die man aber beim Laden und Entladen braucht“, erklärt Christoph Neef vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Im Verlauf der Alterung bilde das Lithium mit Substanzen aus dem Elektrolyten stabile chemische Verbindungen, die sich nicht mehr auflösen ließen. Für den Transport elektrischer Ladungen sind sie dann verloren und die Kapazität der Batterie sinkt.
Aktivierung in der Elektrode
Laut der Studie aus Japan können nun zwei bestimmte organische Lithiumsalze diesen Verlust wieder ausgleichen. Sowohl ein Lithium-Arenid, als auch ein preisgünstigeres Lithium-Naphtalid taugten dafür, heißt es. Die Forschenden haben verschiedene Mischungen mit jeweils einer dieser Verbindungen in degradierte Lithiumbatteriezellen injiziert und die Zellen dann nach einem ausgetüftelten Protokoll geladen. Bei diesem Prozess werden die Lithiumionen offenbar genau dort aktiviert, wo sie gebraucht werden, nämlich in den Elektrodenmaterialien. Anschließende Kapazitätsmessungen zeigten, dass auf diesem Wege gleich mehrere Rezepturen die Ausgangskapazität der Batterien wieder herstellen konnten.
Neef findet die Idee grundsätzlich gut. „Die große Frage ist jetzt, wie so ein disruptiver Ansatz aus dem Labor in der Praxis funktioniert und wie lange der Effekt auch anhält“, betont er. Vermutlich sei er für Batterien aus Elektroautos weniger geeignet. „Man muss das Batteriepack auseinander bauen, um an die Zellen zu kommen, die Zellen öffnen und wieder schließen“, sagt er. Und das könnte zunehmend schwierig werden, denn der Trend gehe aktuell zu immer kompakteren, zunehmend fest miteinander verklebten Zellen. Zudem seien länger haltbare Batterien für E-Autos womöglich gar nicht nötig. „Es zeichnet sich mittlerweile ab, dass Batterien für Elektroautos im Grunde langlebig genug sind, sowohl was die Kilometerleistung als auch die Jahreslebenszeit betrifft“, so der Physiker. Das liege auch daran, dass Autos nach wie vor die meisten Zeit nur herumstünden. Für stationäre Speicher oder Batterien von Elektro-LKWs , die viel stärker beansprucht seien, könnte die Strategie hingegen sinnvoll sein.
Speicher mit Lithium-Reservoir
Als Hinweis darauf bewertet er auch eine Meldung des Batterieherstellers CATL, der ebenfalls die Batterielebensdauer verlängern möchte. Das Unternehmen präsentierte dazu keinen Akku fürs Auto, sondern eine containergroße stationäre Lithiumbatterie mit einer Kapazität von 6,25 Megawattstunden, deren Kapazität über fünf Jahre lang erhalten bleiben soll. Zwar verrät CATL keine Details der neuen Technologie. Doch laut Neef ist es wahrscheinlich, dass auch hier ein zusätzlicher Lithiumvorrat eine Rolle spielt.
Der Lithiumionen-Schwund ist jedoch nicht die einzige mögliche Ursache für Kapazitätsverluste einer Batteriezelle. Zum Beispiel kann die Elektrode auch strukturell altern, denn durch das wiederholte Hinein- und Herauswandern von Lithiumionen, durch den Wechsel von Aufweiten und Schrumpfen, ist sie auch mechanisch belastet. Ein etwas großzügigeres Zelldesign könne hier Abhilfe schaffen, berichtet Neef. „Allerdings sinkt dann die Energiedichte und die Batterie wird ein bisschen teurer.“ Ein weiterer unerwünschter Effekt in den Zellen sei das Wachstum metallischer Lithiumdendriten. „Dadurch verringert sich nicht nur die Menge des verfügbaren Lithiums, auch wird die Zelle unsicher und könnte einen Kurzschluss auslösen.“
Welche Bedeutung die Lithium-Injektion des japanischen Forschungsteams für die Langlebigkeit von Batterien in der Zukunft haben wird, bleibt abzuwarten. Womöglich müssten die Rezepturen, Zellaufbau und Injektionsmethoden noch optimiert werden, räumen die Forschenden ein. „Doch unsere Technologie ist vielversprechend und sie ist eine Motivation für die nachhaltigen Batterie-Stoffkreisläufe der Zukunft.“