Kinderstartgeld - ist das eine gute Idee? - t3n

Wirtschaftsexperten haben die Idee, schon Kindern mit einem regelmäßigen kleinen Geldgeschenk vom Staat das Investieren auf dem Aktienmarkt schmackhaft zu machen. Was erstmal wie Spiegleld klingt, soll die Finanzkompetenz der Bevölkerung stärken. Ist der Vorschlag sinnvoll? Zehn Euro jeden Monat in Aktien stecken - das sollen in Deutschland bald schon Kinder ab sechs Jahren tun, zumindest wenn es nach den "Wirtschaftsweisen" geht. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung, der aus fünf Ökonomen besteht, hat dazu einen Vorschlag für das “Kinderstartgeld” vorgelegt. Zweck des Ganzen: Breite Bevölkerungsschichten sollen so eine höhere Finanzkompetenz erwerben und die Aktienkultur in Deutschland gestärkt werden. So funktioniert das Kinderstartgeld Ihre konkrete Idee zum Kinderstartgelds: Alle Kinder ab sechs bekommen zwölf Jahre lang monatlich zehn Euro zur Anlage in einen liquiden, breit gestreuten Fonds mit hohem Aktienanteil und niedrigen Kosten. Eine Auszahlung des Geldes ist in dieser Ansparphase nicht erlaubt. Der Anspruch auf das Kinderstartgeld ist an den Bezug von Kindergeld geknüpft. Zur Auswahl sollen aber nur einfache und sichere Finanzprodukte stehen, die sich an Kleinanleger:innen richten. Erstes Ziel ist dabei gar nicht der Vermögensaufbau, sondern eher der praktische Anreiz für Eltern und Kinder, sich mit der Geldanlage zu beschäftigen. Eine Simulation des Sachverständigenrates zeigt, dass der Wert des Portfolios nach zwölf Jahren mit einem Aktienanteil von 100 Prozent um 13 Prozent höher ist als bei einem Aktienanteil von 50 Prozent. In dem Fall, dass Eltern keine Lust haben, sich mit dem Aktieninvestments ihrer Kinder zu beschäftigen, sollen die Einzahlungen daher in einen Fonds mit einem hundertprozentigen Aktienanteil fließen (Default-Option). Cash zum 18. und Aktienwissen nebenbei Ab dem 15. Lebensjahr sollen die Kinder dann selbst entscheiden, wie sie das Geld anlegen. Das Geldgeschenk vom Staat wird dabei von einem bildungspolitischen Programm an den Schulen begleitet, in den Kursen sollen die Kinder sich das Basiswissen über Aktien, Fonds und Anleihen aneignen. Zum 18. Geburtstag können sich die jungen Erwachsenen dann das Geld auszahlen lassen - oder weiter für die Altersvorsorge sparen und investieren. Die bisherigen Finanzbildungsprogramme hätten weniger zur Stärkung der Finanzkompetenz der Bevölkerung beigetragen als erhofft, kritisiert Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. "Anders als bisherige Maßnahmen zielt das vorgeschlagene Kinderstartgeld darauf ab, Finanzverhalten durch das Lernen aus Erfahrungen zu stärken – anstatt auf theoretisches Wissen,“ sagt sie. Kosten soll das Kinderstartgeld den Bundeshaushalt zum Start im ersten Jahr 91 Millionen Euro, langfristig werden dafür etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr fällig. Was bringt die Idee? Der mögliche Wertzuwachs für jeden Einzelnen ist überschaubar - schließlich werden über die Jahre hinweg auch "nur" 1440 Euro pro Kopf investiert. Doch den Wirtschaftsweisen geht es auch eher um den praktischen Lerneffekt. Aktuell wird im Finanzministerium zudem über die Reform der Riester-Rente nachgedacht. Die Pläne von Christian Linder sehen dabei vor, das gescheiterten System der Riester-Rente durch die Einführung des sogenannten Altersvorsorgedepots zu ergänzen. Im Kern geht es dabei darum, dass mehr Menschen in den renditestarken Aktienmarkt investieren - und das möglichst ohne hohe Gebühren. Die Idee des Kinderstartgelds passt insofern zu diesen Plänen, als dass die Kinder das ersparte Depot dann lückenlos ins Sparen für die Rente überführen können. [crosslinks ids="1648372,1272547,1584852"] Trotzdem stößte der Vorschlag der Wirtschaftsweisen nicht bei allen Ökonomen auf Gegenliebe: Einige kritisieren den finanziellen Aufwand für die Idee angesichts klammer Haushaltskassen. Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, argumentiert zudem, Erziehung und Bildung von Kindern sei primär Aufgabe der Eltern und der Schulen. Das Thema gehöre daher noch stärker als bisher in den Schulunterricht. Positive Praxisbeispiele für das Konzept der Wirtschaftsweisen finden sich dagegen in anderen Ländern wie Großbritannien, den USA oder Israel. Dort zahlt die Regierung seit 2017 jedem Kind bis zum 18. Geburtstag monatlich 57 Schekel (14 Euro), die in einen Sparplan gesteckt werden. Bauchen die Deutschen mehr Finanzbildung? Das wichtigste Ziel des Kinderstartgelds ist die Vertiefung des Finanzwissens. Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung eine Initiative für mehr Finanzbildung angestoßen - offensichtlich gibt es hier also noch Nachholbedarf. In einer OECD-Studie landet Deutschland im Vergleich mit 38 weiteren Staaten zwar auf dem ersten Platz. Trotzdem werden den Bürger:innen einige Wissenslücken attestiert: So sind nur knapp mehr als die Hälfte der Erwachsenen von ihren Finanzplänen für das Alter überzeugt, über 30 Prozent wissen nicht, dass Kryptowährungen anders als Banknoten und Münzen keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind. Gerade Menschen mit niedrigem Einkommen und niedrigem Bildungsniveau sowie Frauen hätten eine geringe Finanzkompetenz. Vor allem beim Wissen ums langfristiges Sparen für die Altersvorsorge, das Investieren in den Kapitalmarkt und die verantwortungsvolle Nutzung von Krediten brauchen die Deutschen demnach ein bisschen Nachhilfe. Im Rahmen ihrer Bildungsinitiative hat die Bundesregierung im ersten Schritt eine Finanzbildungsplattform aufgebaut. Langfristig soll aber auch die Forschung zum Thema und damit auch die Weiterentwicklung bestehender Bildungsinitiativen gestärkt werden.

Kinderstartgeld – ist das eine gute Idee?