Kohlenstoff im Weltraum: Forscher enthüllen die unglaubliche Reise unserer Bausteine
Dass wir Menschen zum Teil aus Sternenstaub bestehen, ist mittlerweile nicht nur bekannt, sondern auch popkulturell verankert. Schon 1970 sang die Kult-Band Crosby, Stills, Nash & Young in ihrem Song Woodstock die Zeilen: „Wir sind Sternenstaub, wir sind golden. Wir sind Milliardenjahre alter Kohlenstoff.“
Die Wissenschaft hat längst bestätigt, dass dem tatsächlich so ist – neue Erkenntnisse lassen diesen Fakt aber noch unglaublicher wirken. Eine Ende Dezember 2024 in den Astrophysical Journal Letters veröffentlichte Studie hat entdeckt, dass der Kohlenstoff, der auch Teil der Erdlebewesen ist, sehr wahrscheinlich schon einmal die Grenzen unserer Galaxie, der Milchstraße, verlassen hat.
Studie enthüllt: Die weite Reise des Kohlenstoffs, aus dem wir bestehen
Der menschliche Körper besteht zu rund 9,5 Prozent aus Kohlenstoff, und damit aus einem Material, das – genau wie viele andere Elemente – bei der Entstehung von Sternen eine wichtige Rolle spielt. Leben auf der Erde konnte sich im Prinzip nur bilden, weil Sterne verglüht sind und ihr Material in den Kosmos geschleudert wurde, um an anderer Stelle neu zusammengesetzt zu werden. Das geschah aber wohl nicht auf direktem Wege, sondern womöglich über Umwege, die den uns innewohnenden Kohlenstoff sogar über die Grenzen unserer Galaxie hinausbefördert haben.
Die Wissenschaftlerinnen Samantha Garza und Jessica Werk haben im Zuge ihrer kürzlich veröffentlichten Studie herausgefunden, dass die Elemente, die nach einem Sternentod zurückbleiben, nicht einfach still im Weltall „herumliegen“. Stattdessen „umkreisen [sie] ihre Ursprungsgalaxie auf riesigen Strömen, die sich bis in den intergalaktischen Raum erstrecken“, schreibt Sciencedaily. Wie auf kosmischen Förderbändern, die sich Circumgalactic Medium nennen, fließen die Stoffe durch die Galaxie und über deren Grenzen hinaus, nur um wieder zurückgesogen und in Form von Planeten, Kometen, Asteroiden, Sternen oder gar Lebewesen neu zusammengesetzt zu werden.
„Stellen Sie sich das Circumgalagtic Medium als einen riesigen Bahnhof vor: Es drückt ständig Material hinaus und zieht es wieder herein. Die schweren Elemente, die Sterne bilden, werden durch ihre explosiven Supernova-Tode aus ihrer Wirtsgalaxie in das Circumgalagtic Medium gedrückt, durch das sie schließlich wieder hereingezogen werden und der Zyklus der Stern- und Planetenentstehung fortgesetzt wird“, erklärt die Hauptautorin der Studie, Samantha Garza, das Prinzip gegenüber Sciencedaily. Co-Autorin Jessica Werk ergänzt: „Derselbe Kohlenstoff in unserem Körper hat höchstwahrscheinlich eine beträchtliche Zeit außerhalb der Galaxie verbracht!“
Erforschung des Circumgalactic Medium noch lange nicht abgeschlossen
Die Theorie, dass es ein Circumgalactic Medium in aktiven, also weiterhin sternenbildenden Galaxien gibt, existiert schon lange, ein erster Beweis für das Phänomen wurde 2011 erbracht. Das Forscherteam um Garza und Werk hat nun entdeckt, dass auf den intergalaktischen Förderbändern auch kälteres Material wie Kohlenstoff befördert wird.
Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler:innen den Cosmic-Origins-Spectrograph (COS) des Hubble-Teleskops. Damit ließen sich große Mengen von Kohlenstoff innerhalb des Circumgalagtic Medium nachweisen, teilweise sogar 400.000 Lichtjahre über die Grenzen unserer Galaxie hinaus.
Die Erforschung des Circumgalactic Medium soll Antworten auf die Frage liefern, wann und warum Galaxien keine neuen Sterne mehr bilden, der galaktische Recyclingprozess also irgendwann zum Erliegen kommt. Künftig soll die weitere Zusammensetzung des Circumgalactic Medium untersucht werden.