Kooperation mit OpenAI: Neue Snap Spectacles haben KI an Bord – und einen kleinen Haken
Snap-Chef Evan Spiegel mag keine Virtual-Reality-Headsets. Die seien zu schwer und unbequem, meint er. Bildschirme hingegen seien nun mal Bildschirme und nicht für die mobile Nutzung geeignet. Deshalb setze er auf Brillen, genauer AR-Brillen.
Snap Spectacles in der 5. Generation erhältlich
Unter AR (Augmented Reality) verstehen wir bekanntlich die Darstellung der realen Welt durch eine Computerbrille, die dann mit virtuellen Elementen angereichert werden kann. Schon eine ganze Reihe von Unternehmen hat sich in der Vergangenheit an der Herstellung solcher leichten, tragbaren Brillen versucht. Die meisten haben diese Bemühungen inzwischen eingestellt.
Spiegel erläutert auch gleich, warum. So müsse man „das Äquivalent eines leistungsstarken Computers, eines 100-Zoll-Bildschirms und einer Batterie – alle zusammen über 60 Kilogramm schwer – in eine Brille einbauen, die nur 226 Gramm wiegt“. Eben das sei ihnen mit der jüngsten Version der Snap Spectacles gelungen.
Die neuen Spectacles werden von dem eigenen Betriebssystem Snap OS angetrieben und sollen ein wahres Powerhouse an Leistung bieten. Dabei seien sie ohne Smartphone zu verwenden. Auch sonstiges Zubehör werde nicht benötigt.
Spectacles kommen mit Doppel-Prozessoren und Milliarden von Nanostrukturen
Spectacles verwenden sogenannte Wellenleiter als durchsichtige Linsen. Die bestehen laut Spiegel aus Milliarden von Nanostrukturen, die das Licht von LCoS-Mikroprojektoren (Liquid Crystal on Silicon) reflektieren, die in den Bügel der Spectacles eingebaut sind.
Durch die Ausstattung mit einem 46-Grad-Sichtfeld mit 37 Pixeln pro Grad sollen sie die Darstellung eines 100-Zoll-HD-Displays erreichen. Die Linsen tönen sich automatisch, was die Verwendung auch im direkten Sonnenlicht ermöglichen soll. Eine eigens entwickelte Spatial Engine soll dafür Sorge tragen, dass sich die eingeblendeten AR-Elemente perspektivisch korrekt in 3D in die natürliche Umgebung einfügen.
Angetrieben werden die AR-Brillen von zwei Snapdragon-Prozessoren von Qualcomm, die zudem für einen geringeren Stromverbrauch im Vergleich zur Vorversion sorgen sollen. Eine spezielle Wärmeableitung an den Prozessoren soll eine ununterbrochene Laufzeit von 45 Minuten erlauben. Gemessen an einem Smartphone ist das natürlich ziemlich wenig.
Neues Betriebssystem verlagert die Benutzeroberfläche in die Hände
Mit dem neuen Snap OS bringt der Hersteller ein Betriebssystem mit einer Benutzeroberfläche an den Start, das mit den Händen und der Stimme kontrolliert werden kann. Die Latenz in der Darstellung soll nur 13 Millisekunden betragen.
Etliche Anwendungsfälle liefert Snap gleich mit. So können Nutzer:innen etwa ihren Smartphone-Bildschirm in die Brille spiegeln oder den Desktop ersetzen. Ebenso unterstützt die Brille Telefonate nebst Übertragung der eigenen Perspektive.
Entwickler-Community soll gestärkt werden
Zudem gibt es eine Entwickler-Community, die Snap mit dem neuen Modell noch deutlich vergrößern will. Die soll unter anderem mit dem Software-Tool Lens Studio eigene Anwendungen für die AR-Brille erstellen können.
Zum Start werden unter anderem Star Wars, „Capture the Flag“ und Legos Bricktacular auf den Spectacles erscheinen. Auch der Game-Publisher Niantic bringt als Erstes sein AR-Haustier Peridot auf die Snap-Brille. Weitere Niantic-Produkte sollen folgen.
Schon im Lieferumfang sollen die neuen Spectacles Anwendungen wie das Browsen im Internet ermöglichen. Ebenso soll eine Lernumgebung für Programmiersprachen sowie eine Anatomie-Anwendung, innerhalb der man den menschlichen Körper in lebensgroßer AR erforschen kann, dabei sein.
Da die AR-Brille keine Smartphone-Verbindung benötigt, kann ein Smartphone gleichzeitig mit den Spectacles frei genutzt werden. Wer möchte, kann sein Smartphone indes mit einer speziell entwickelten App zu einem Game-Controller für die Brille umfunktionieren.
OpenAI-Kooperation erlaubt Verwendung von KI auf der AR-Brille
Mit der OpenAI-Kooperation My AI bringt Snap in Kürze eine Art Chatbot auf die Spectacles, der jederzeit für die Erkundung der Umgebung genutzt werden kann. Die Technologie soll auch Entwickler:innen zur Verwendung in eigenen Anwendungen offen stehen.
Entwickler:innen verlangt Snap zunächst keine Provisionen ab, bietet aber eine ganze Reihe von Entwicklung-Tools wie das bereits genannte Lens Studio oder das Spectacles Interaction Kit. Das ist eine Sammlung an Elementen für Benutzeroberflächen, die ein schnelles Zusammenstellen neuer Anwendungen erlauben soll.
Die Spectacles werden zunächst nur für die Entwicklung freigegeben und stehen ab sofort im Rahmen des Developer-Programms für 99 US-Dollar pro Monat zur Verfügung.