Warum Tagesgeldzinsen schwächeln, während Kredite sogar teurer werden - t3n

Nach der EZB-Leitzinssenkung treten die Banken beim Tagesgeld schon auf die Bremse. Doch für Schuldner gibt es noch kaum Entlastung. Im Juni hat die Europäische Zentralbank (EZB) zum ersten Mal seit Jahren die Zinsen wieder gesenkt, auf 4,25 Prozent. Wenn der EZB-Rat heute zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommt, wird er aber wahrscheinlich noch keine weitere Senkung beschließen. Die meisten Finanzmarktexpert:innen gehen laut einer ZEW-Umfrage davon aus, dass die EZB erst im September und Dezember über erneute Zinssenkungen entscheidet. Die Juni-Entscheidung ist schnell bei den Sparer:innen angekommen, während die Konditionen für Kredite sich noch nicht wesentlich verbessert haben: Seit Anfang Juni haben mindestens 64 von 765 betrachteten Banken und Sparkassen ihre Tagesgeldzinsen gesenkt. Die Zinsen von Immobilien- und Ratenkrediten sind nach der Notenbankentscheidung allerdings nicht nachhaltig gesunken, wie eine Zinsanalysen des Vergleichsportals Verivox zeigt. Die Tagesgeldzinsen sinken Auch im Marktdurchschnitt sind die Tagesgeldzinsen weiter gesunken. Aktuell zahlen überregionale Banken im Schnitt 1,69 Prozent, Anfang Juni waren es noch 1,72 Prozent. Besonders knausrig sind die Sparkassen (0,62 Prozent) und Genossenschaftsbanken (0,64 Prozent), die im Schnitt noch einmal deutlich niedrigere Zinsen zahlen. Schon vor der Notenbankentscheidung hatten einige Banken die hohen Zinsen kaum an Kund:innen weitergegeben: Insgesamt 23 Banken hatten schon vor Juni lediglich Niedrigzinsen von weniger als 1 Prozent aufs Tagesgeld bezahlt. Verschiedene Onlinebanken und Fintechs hatten in der Hochzinsphase hingegen mit besonders guten Tagesgeldangeboten um Kund:innen geworben, sodass sich das Bankenhopping lohnte. Aktuell gibt es aber quasi keine Angebote mehr, die über dem Einlagenzins der EZB von 3,75 Prozent liegen. Im Verivox-Vergleich zahlen immerhin noch 14 Banken über zwei Prozent und damit überdurchschnittlich hohe Tagesgeldzinsen. Die Gewinnspannen seien bei vielen Banken aber mitunter so knapp kalkuliert, dass sie nach der Leitzinssenkung schnell reagieren und ihre Konditionen anpassen mussten, damit sich das Geschäft für sie überhaupt noch lohnte, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich. So geht es beim Tagesgeld weiter Für Verbraucher:innen bedeutet das: Mit einem durchschnittlich verzinsten Tagesgeldkonto können sie die Inflation nicht schlagen. Das Ziel der EZB ist es, die Inflation auf zwei Prozent zu drücken. Zuletzt war sie in der Eurozone im Juni leicht gesunken, auf 2,6 Prozent. Experten raten daher dazu, Geld perspektivisch wieder langfristig anzulegen. Laut dem Vergleichsportal Check24 sind die Zinsen auf Tages- und Festgelder aktuell noch "auf einem attraktiven Niveau". Allerdings sinken auch die Festgeldzinsen: Im Schnitt erhalten Kund:innen, die ihr Geld auf zwei Jahren festlegen, laut Verivox nur noch 2,79 Prozent (Juni: 2,82 Prozent). Im November lagen die Festgeldzinsen noch bei durchschnittlich 3,39 Prozent. Das zeigt: Beim Festgeld haben viele Banken die erwartete Zinssenkung der EZB schon vorweggenommen. Allerdings gibt es auch hier noch immer Angebote, die sich absetzen: Das bestverzinste Festgeldkonto im europäischen Ausland mit einjähriger Laufzeit liegt im Check24-Vergleich derzeit 3,7 Prozent Zinsen pro Jahr. Schulden machen bleibt teuer Wer Geld leihen will, kann sich noch nicht über die Zinssenkung freuen. Die Konditionen für Dispo- und Ratenkrediten haben sich teilweise sogar verschlechtert. Bei Ratenkrediten, die etwa zum Kauf eines Autos verwendet werden, stellt Verivox sogar einen leichten Anstieg auf im Schnitt 6,89 Prozent Zinsen fest. Zuvor waren die Ratenkreditzinsen im Juni mit 6,75 Prozent zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit einem Jahr gesunken. Tendenziell gehen die Zinsen für Ratenkredite aber seit Ende letzten Jahres runter. Den leichten Anstieg erklärt Verivox-Geschäftsführer Maier damit, dass mehrere Banken ihre Kriterien für die Kreditvergabe gelockert haben, sodass nun auch Kund:innen mit schlechterer Bonität eine Chance auf die Verbraucherkredite haben. Wegen des größeren Risikos verlangen die Banken bei diesen Krediten aber vergleichsweise hohe Zinsen. Besonders teuer: Der Dispo Besonders vorsichtig sollten Verbraucher:innen mit dem Dispokredit umgehen. Wie eine Auswertung des Vergleichsportals Biallo zeigt, haben seit Herbst 2023 die meisten Banken und Sparkassen ihre Dispozinsen nach oben geschraubt. Dabei gibt es von Bank zu Bank aber große Unterschiede: In der Spitze werden bis zu 17 Prozent fällig, im Schnitt zahlen Bankkund:innen 12,31 Prozent, wenn das Konto in den Dispo rutscht. Vor einem Jahr waren es noch 11,59 Prozent (Stichtag: 12. Juli). Überziehen Kund:innen den eingeräumten Disporahmen, kann es sogar noch viel teurer werden. Einige regionale Banken verlangen dann bis zu 21,5 Prozent Überziehungszinsen.