Warum Kritik am Black Friday arrogant ist

Vergangene Woche war Black Week, gekrönt vom Black Friday. Heute ist Cyber-Monday und die Schnäppchenjagd geht weiter. Doch: Des einen Schnäppchenmarathon ist des anderen Shoppinghölle. Die Konsumkritik, die dabei aufkommt, scheint in diesem Jahr so laut wie nie zuvor. Dass diese Form der Verurteilung von Weihnachtsshopping dabei eigentlich wahnsinnig abgehoben ist, interessiert allerdings die wenigsten.
Ich erinnere mich noch gut an das erste Black-Friday-Video aus den USA, das ich vor einigen Jahren gesehen habe. Man sieht eine riesige Menschenmenge aggressiv in eine Walmart-Filiale stürmen. Der Tenor im Internet unter dem Clip lautete fast einstimmig: Herrje, was für Trottel. Für manchen mag es vielleicht lustig sein, über die Meute zu lachen. Meiner Meinung nach ist es aber vor allem elitär. Denn ganz ehrlich: Wer diese Leute auslacht oder die Menschen zum Teil sogar brutal aburteilt, die da am Black Friday günstig einkaufen, ist in meinen Augen vor allem eines – arrogant und empathielos.
Denn wenn man sich mal anschaut, wer da so über Schnäppchenjäger herzieht, zeichnet sich doch ein sehr deutliches Bild. Durchweg die obere Mittelschicht und Menschen mit akademischem Background äußern aufgebrachte Konsumkritik auf allen Kanälen. Eben jenen ist es aber auch herzlich wurscht, ob sie auf ihre Weihnachtseinkäufe zwanzig Prozent Rabatt bekommen oder nicht – sie können es sich schließlich leisten.
Wer zum Lunch ohne mit der Wimper zu zucken zwölf Euro für einen veganen Rote-Bete-Burger ausgibt, hat in meinen Augen nicht das Recht, die Schnäppchenjäger der Gesellschaft zu verurteilen. Und ich spreche hier nicht von einer eventuell angebrachten Gesellschaftskritik, ich spreche von einem wirklich ekelhaften Bashing der Käufer und Käuferinnen. Sprüche wie „Wer auf Black-Friday-Angebote reinfällt, ist dumm“ gehören da noch zu den harmloseren Kommentaren. Zum Teil geht der Hass gegen Black Friday, Cyber-Monday und Co. im Netz nämlich so weit, den Konsumenten die Schuld an sämtlichen Problemen unserer Menschheit zu geben, einschließlich Klimawandel und Ausbeutung der Arbeiter.
Minimalismus ist ein Trend, den man sich leisten können muss
Dass sich aber nicht jeder am Black Friday (oder wie heute am Cyber-Monday) das fünfte iPhone kauft, interessiert die wenigsten: Die Konsumkritik trifft die Falschen. Ich finde allerdings schon, dass uns das alle jucken sollte. Nicht jeder kann es sich in der Vorweihnachtszeit leisten, auf Angebote zu verzichten. Für viele sind Schnäppchen die einzige Chance auf etwas Cooles unterm Christbaum. Die Vorweihnachtszeit war für meine Mutti, alleinerziehend mit zwei Kindern, früher zum Beispiel immer die Saison aus der Hölle. Nicht nur, dass sie als Floristin in Arbeit ertrunken ist, sie fand auch die finanzielle Belastung der Besinnlichkeit unerträglich.
Wer jetzt sagt, man könne den ganzen Weihnachtsrummel ja auch freiwillig sausen lassen, hat meiner Meinung nach den Knall noch nicht gehört. Denn gerade wenn man schon nur verdammt wenig Kohle zur Verfügung hat, will man doch, dass die Kinder die Feiertage so normal wie möglich erleben können. Mit vernünftigem Weihnachtsessen und schönen Geschenken. Dieses Dilemma betrifft dabei auch nicht nur die alleinerziehenden Muttis der Nation, sondern ganz generell sozial Schwache und weniger gut betuchte Mitbürger und Mitbürgerinnen. Denn: Minimalismus ist ein Trend, den man sich leisten können muss. Er impliziert, dass man den Verzicht auf Konsum bewusst gestaltet und nicht, dass man sonst eh nichts mehr zu Essen im Kühlschrank findet.
Wer es sich leisten kann, bewusst inszenierte nackte Wohnungen mit dem Hashtag #minimalism auf Instagram zu posten, der soll das von mir aus gerne tun. Aber dann bitte, ohne dabei bissig nach unten zu treten, auf die Ärmsten der Gesellschaft. Die sind es nämlich, die vom Black Friday wirklich profitieren.
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