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Warum künstliche Intelligenz intelligente Menschen braucht

Von Retourenquoten, Messenger-Diensten und offenen Plattformen: Bei der „Rise of AI“-Konferenz ist Europas künstliche und intelligente Zukunft für einen Tag das Thema in Berlin. Unser Gastautor schildert seine Eindrücke.

Von Peter Krause
4 Min. Lesezeit
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(Foto: Peter Krause)

Die Mission der diesjährigen „Rise of AI“-Konferenz ist keine Geringere, als den Einsatz künstlicher Intelligenz für ein längeres, glücklicheres und gesünderes menschliches Leben zu fördern. KI-Investor und Ausrichter der Veranstaltung, Fabian Westerheide, möchte mit seinem seit 2015 jährlich ausgerichteten Event dazu beitragen, Aufmerksamkeit auf KI-Lösungen zu lenken, die auf europäischen Werten fußen und international wettbewerbsfähig sind.
Westerheides Meinung nach sollten wir Europäer schnell eine europäische KI-Strategie formulieren und umsetzen. Europa benötige zudem mehr führende KI-Unternehmen und signifikant mehr Kapital für ambitionierte KI-Startups. Sonst bestehe die Gefahr, abgehängt zu werden vom kapitalstarken US-Markt und der technologischen Kraft Chinas.

Potenzial von KI bleibt weitestgehend ungenutzt

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Auf drei Bühnen zeigten über 30 Redner vor insgesamt 600 Teilnehmern, wie vielfältig die Aspekte rund um künstliche Intelligenz sind: Die Vereinten Nationen sehen beispielsweise in KI eine hohe gesellschaftliche Relevanz, speziell wenn es darum geht, die Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung zu lösen. E-Commerce-Anbieter wie Zalando und Co. wenden KI im kommerziellen Kontext bereits an und Investoren geben vor, wie ein KI-Startup aufgestellt sein muss, um für Investoren überhaupt interessant zu sein.

Ein wiederkehrendes Motiv in vielen Vorträgen war ein einfacher Wert: ein Prozent. Und damit verbunden die Einschätzung, dass die Menschheit beim Thema künstliche Intelligenz erst am Anfang steht und noch nicht einmal ansatzweise ihr Potenzial ausschöpft, womit wir weit von umfassender „Artificial General Intelligence“ (AGI) entfernt sind. Das heißt, die heutigen sogenannten Narrow-AI-Anwendungen sind bestenfalls gut darin, eine einzelne Aufgabe zu lösen, aber noch nicht in der Lage, das gelernte Wissen, die Algorithmen und Methoden selbständig auf andere Problemstellungen anzuwenden.

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Dennoch wird künftig alles, was auch nur ansatzweise nach Prozess riecht, durch KI betrieben werden – da ist sich Chris Boos, einer der prominentesten deutschen KI-Köpfe, sicher. Der Weg zu echter AGI führt allerdings über den Menschen: Es braucht clevere Talente, die entweder ein sehr breites Wissen oder sehr viel Erfahrung mitbringen und dafür sorgen, dass tatsächlich ein gegenseitiger Wissenstransfer der vielfältigen Narrow-KI-Anwendungen untereinander erfolgt. Denn noch zu selten, so Boos, bringen Unternehmen den Maschinen wirklich Relevantes bei: Sie lernen zu oft durch stumpfe, eigene Beobachtung und zu selten durch Input von „jemandem, der sich mit dem Thema auskennt“. Es braucht also mehr menschliche Intelligenz, um künstlicher Intelligenz Beine zu machen.

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Vertrauen ist wichtig

Viele Unternehmen setzen bereits auf künstliche Intelligenz, um Geschäftsprozesse zu automatisieren und zu optimieren. Allerdings kann man KI nicht mal so eben im Unternehmen verordnen. Stattdessen muss Vertrauen aufgebaut werden, speziell bei den Mitarbeitern. Wie das funktionieren kann, zeigte Jan Hofmann, Innovation Lead AI der Deutschen Telekom, der aus dem Innenleben eines großen Telko-Konzerns berichtete. Vertrauen für AI wurde in der Belegschaft zum Beispiel durch eine klare Fokussierung auf Chatbots für den Kundenservice und eine konstante und enge Zusammenarbeit zwischen der R&D-Abteilung und den Geschäftsbereichen geschaffen. AI konnte so aus dem fensterlosen Techie-Keller geholt und eine schnelle, iterative Umsetzung unter Einbeziehung von Endnutzern ermöglicht werden. Aber auch ein hohes Maß an Transparenz ist für den Konzern wichtig. So sind zum Beispiel die selbst auferlegten KI-Guidelines auf der Konzernwebsite öffentlich zugänglich.

KI wird die Zukunft entscheidend gestalten, das steht für alle Teilnehmer fest. (Foto: Peter Krause)

KI als E-Commerce-Optimierer

Dank KI müssen Kunden nicht mehr nach ihrem Wunschprodukt in E-Shops und Vergleichsportalen fahnden. Vielmehr entwickelt die künstliche Intelligenz für sie maßgeschneiderte Produkte und präsentiert diese proaktiv. Und zwar auf Basis vielfältiger persönlicher und aggregierter Daten – die DSGVO lässt herzlich grüßen. Dominique Ziegelmayer von Trusted Shops verweist in seinem Vortrag auch darauf, dass es nicht ausreicht, nur Klickdaten und die Bestellhistorie für diese digitale Maßschneiderei zu analysieren. Auch Social-Media-Beiträge und etwaige Produkt-Reviews des Users müssen einfließen, um erst den nötigen Kontext zu schaffen. Denn die Maschine sollte schon wissen, ob das kürzlich gekaufte Produkt auch wirklich gut beim Kunden ankam, bevor sie dieses in die Berechnungen neuer Produktempfehlungen einbezieht.

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Wie E-Commerce-Unternehmen KI heute schon gezielt einsetzen, um beispielsweise Retourenquoten zu senken, stellte Urs Bergmann von Zalando Research vor: Jeder Onlineshopper weiß, dass sich Kleidung nicht selten in der tatsächlichen Größe unterscheidet, auch wenn das Etikett gleiche Größen ausweist. Ein klarer Fall für KI – denn wenn nur noch Kleidung ausgeliefert wird, die sitzt wie angegossen, ist das Kundenerlebnis deutlich größer und das Unternehmen spart (Retouren-)Kosten.

Virtuelle vs. echte Agenten

Künftig kommunizieren Marken und Nutzer zu über 90 Prozent innerhalb von Messaging-Services wie Apple-Business-Chat und Whatsapp for Business. Dieser nicht ganz unerwarteten Ansicht ist zumindest Michael-Maria Bommer vom Messaging-Anbieter LivePerson. Die schiere Menge an eingehenden Anfragen wird für Marken nur mit Hilfe von KI-gestützter Automatisierung zu bewältigen sein. Bommer führt an, dass es branchenübergreifend nur etwa 100 Anlässe, sogenannte „Intents“ gibt, die Kunden dazu bringen, mit Marken aktiv in Kontakt zu treten.

Diese zu bedienen ist die große Aufgabe für intelligente Systeme, denn, so Bommer: „Konversationsdesign ist das neue Webdesign.“ Und bitte dem Kunden keinen Bot für eine echte Person vorgaukeln. Weshalb? Wir kommunizieren anders (direkter, emotionsloser), wenn wir wissen, dass wir mit einer Maschine parlieren. Und das müssen Marken respektieren und das Nutzererlebnis darauf anpassen. Spannend auch Bommers These, dass die erfahrensten Call Center-Agenten eine neue Rolle im KI-Ökosystem finden, zum Beispiel als KI-Journey-Manager, die Kunde/Bot-Interaktionen analysieren, Intents in Echtzeit aktualisieren und Bots unterschiedlichster Plattformen trainieren. Mit dem Ziel kompromissloser Gesprächseffizienz, ganz so wie im traditionellen Call-Center-Business.

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Viel Intelligenz in Berlin

Die Rise of AI 2018 hat sich in Berlin von ihrer besten Seite gezeigt: Hervorragende Redner zeigten eine beeindruckende Themenvielfalt – mit einer erfrischenden inhaltlichen Mischung aus Big Picture von morgen und umsetzbarer Inspiration für heute. Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz ist klar, jetzt sind wir Europäer gefragt, etwas Intelligentes daraus zu machen.

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Dein t3n-Team

Oliver-K

Hi,
super Beitrag. Ich finde es auch sehr komisch, dass immer mehr Chatbots eingesetzt werden. Teilweise kann man sogar auf Facebook eine Reise buchen, nur indem man mit dem Bot schreibt. Allerdings verstehen die Bots wirklich noch sehr wenig und ich habe vor kurzem eine Studie gelesen, dass immer mehr Firmen Chatbots einstellen und diese nicht mehr verwenden – finde ich auch eigentlich besser.

LG,
Oliver von Firmenpartnerschaft.com

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