Lindner will telefonische Krankschreibung abschaffen – aus zweifelhaften Grund
Die telefonische Krankschreibung ist ein sogenanntes Coronakind. Beschäftigte bekamen während der Pandemie die Möglichkeit, sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen, ohne selbst vor einer Ärztin oder einem Arzt vorsprechen zu müssen. Damit wollte die Bundesregierung die Ansteckungsgefahr mindern, indem Erkrankte nicht mit anderen Patientinnen und Patienten in Wartezimmern in Kontakt kamen.
Diese Regel wird seit Dezember 2023 dauerhaft umgesetzt – für leichte Erkrankungen ohne schwere Symptome. Sie dient hauptsächlich dazu, medizinisches Fachpersonal zu entlasten, das sich in Infektionsmonaten regelmäßig mit großen Anstürmen in Praxen konfrontiert sieht. Doch jetzt möchte FDP-Chef Christian Lindner diese Regelung wieder kassieren.
Jährlicher Krankenstand: Beschäftigte zu faul?
Es gebe „eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war“, sagte er vergangenen Donnerstag auf einer Veranstaltung des Verbands der chemischen Industrie (VCI). Die Zahl der durchschnittlichen Krankheitstage ist laut Statistischem Bundesamt zuletzt gestiegen: Von 11,2 im Jahr 2021 auf 15 im Jahr 2022 und sogar 15,2 im vergangenen Jahr.
Zwar wolle er niemandem vorwerfen, die Regel auszunutzen; der Politiker impliziert damit aber dennoch, die Deutschen würden sich krankmelden, obwohl sie es gar nicht sind.
Laut Markus Beier, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands ist jedoch bekannt, dass sich die gestiegene Zahl der Krankschreibungen in großen Teilen auf die elektronische Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) zurückführen lasse. Das bestätigt laut Tagesschau auch der GKV-Spitzenverband, die Vertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen.
Durch die eAU habe sich die Dunkelziffer der Krankschreibungen reduziert, da Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer damals, insbesondere bei kurzen und akuten Erkrankungen, teilweise keinen Nachweis ihrer Krankmeldung bei ihren Krankenkassen eingereicht hätten.
Die Einführung der telefonischen Krankmeldung sei den Expertinnen und Experten nach, sowohl medizinisch als auch versorgungspolitisch, eine absolut sinnvolle Entscheidung.