Anzeige
Anzeige
Ratgeber
Artikel merken

Lügen im Job: Jurist erklärt, wo die Grenze ist

Lügen im Job sind wohl nicht totzukriegen. Jedoch gibt es Unwahrheiten, die juristisch betrachtet okay sind, und solche, die Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Jurist klärt auf.

3 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

Welche Lügen sind im Job okay?(Bild: Shutterstock / Marcos Mesa Sam Wordley)

Obwohl Annemarie Dwars, die eigentlich anders heißt, zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung bei einer Digitalagentur schwanger war, hat sie es auf Nachfrage verheimlicht. „Mein Gesprächspartner fragte nach meiner Familienplanung und ich antwortete, dass ich nicht vorhätte, in den nächsten Jahren ein Kind zu bekommen“, so die gelernte Buchhalterin gegenüber t3n. „Das war zwar gelogen, aber hätte ich gesagt, dass ich ein Baby erwarte, wäre ich sicher nicht eingestellt worden.“ Ihr Glück: Die Frage allein war juristisch betrachtet schon unzulässig.

Anzeige
Anzeige

Die Rechtsprechung gibt Bewerberinnen und Bewerbern mit dem Recht zur Lüge bei derartigen Fragen die Möglichkeit, sich vor Ungleichbehandlung zu schützen. „Sind Sie schwanger?“ ist der Klassiker unter den unrechtmäßigen Fragen, weiß auch Guido Völkel, Associate bei Bird & Bird und Fachanwalt für Arbeitsrecht: „Die Kandidatin hat ein Recht zur Lüge, ohne dass sich hieraus später negative Konsequenzen auf ein zustande gekommenes Arbeitsverhältnis ergeben.“ Dwars’ Lüge war in dem Fall also okay.

Lügen im Job: Unzulässige Fragen sind Tabu

Auch die Frage nach einer Behinderung oder Krankheit fällt in die Kategorie der unzulässigen Fragen, auf die Bewerberinnen und Bewerber mit einer Lüge antworten dürfen. Religions-, Partei- und Gewerkschaftszugehörigkeit sind ebenso Privatsache. Über Vorstrafen und laufende Ermittlungen müssen Bewerbende ebenfalls keine Auskunft geben. Und doch gibt es auch hier Ausnahmen. Die können sich dann ergeben, wenn der Umstand die Ausübung der angestrebten Tätigkeit unmöglich macht, erklärt Völkel.

Anzeige
Anzeige

„Ein HIV-infizierter Kandidat könnte sich auf eine Position in Heilberufen wahrheitsgemäß äußern müssen – beispielsweise als angehender Krankenpfleger“, so der Jurist. Auch in Bezug auf die Vorstrafe gilt etwas anderes, wenn die Frage konkretisiert wird und ein enger Bezug zum angestrebten Arbeitsplatz besteht. „Ein angehender Kraftfahrer könnte sich beispielsweise zu Straßenverkehrsdelikten äußern müssen“, erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht weiter. Lediglich die Frage nach der sexuellen Identität bleibt eindeutig privat.

Anders als bei unzulässigen Fragen des Arbeitgebers müssen Bewerberinnen und Bewerber auf zulässige jedoch ausnahmslos wahrheitsgemäß antworten. „Hierzu zählen beispielsweise Fragen nach dem bisherigen beruflichen Werdegang, zu Zeugnissen und Abschlüssen“, so Völkel. „Der Arbeitgeber kann bei falscher Beantwortung grundsätzlich das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung anfechten.“ Hierzu hätte er – nachdem die Täuschung entdeckt wurde – immerhin ein Jahr Zeit.

Anzeige
Anzeige

Eine Rückforderung des für die Vergangenheit geleisteten Gehalts ist laut dem Fachanwalt jedoch in der Regel ausgeschlossen. „Die vertrauensvolle Zusammenarbeit ist das Fundament eines erfolgreichen Arbeitsverhältnisses. Doch nicht immer können oder wollen Arbeitnehmende und Arbeitgebende bei der Wahrheit bleiben.“ Was geht und was ein absolutes No-Go ist, hat der Gesetzgeber schon für den Rahmen der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses eindeutig erklärt und mögliche Ausnahmen festgelegt.

Auch im laufenden Arbeitsverhältnis kann sich die Frage nach der Zulässigkeit einer Lüge stellen. „Klar Chef, hab ich erledigt!“, ist laut Völkel so ein Beispiel. „Lügt der Arbeitnehmer über die Erledigung von Arbeitsaufgaben, kann das eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, bei schweren Verstößen auch eine außerordentliche Kündigung“, erklärt der Jurist. Ebenfalls ein Klassiker ist die Lüge, dass Mitarbeitende krank seien, obwohl sie im Urlaub sind. „Das Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.“

Anzeige
Anzeige

Dabei komme einem ärztlichen Attest zwar grundsätzlich ein hoher Beweiswert für das Vorliegen einer Erkrankung zu. Jedoch können beispielsweise Urlaubsfotos auf sozialen Medien dazu führen, dass der Beweiswert erschüttert wird, so der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Für Annemarie Dwars käme so eine Lüge im Job übrigens nicht infrage, wie sie im t3n-Gespräch nachdrücklich erklärt: „Das geht viel zu weit.“

In eigener Sache: In unserem t3n-Guide lernst du, wie zeitgemäßes Mitarbeiter-Recruiting und eine den Bedürfnissen angepasste Candidate-Journey funktionieren. Lerne mit unseren Praxisguides mehr für deinen Job! Hier geht’s zum Shop!!

Arbeitsalltag: 10 Diagramme und Grafiken, die wir fühlen!

Instagramer Matt Shirley illustriert Arbeitsalltag: 10 Grafiken, die wir fühlen Quelle: Matt Shirley
Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
3 Kommentare
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Torben

Lasst bitte das Gendern entweder komplett sein, oder macht es richtig:

„angehender Krankenpflegender“ ist klar männlich.

Wenn schon, dann „angehende Krankenpflegende Person“.

Und schreibt dann nicht in einem der nächsten Sätze: „angehender Kraftfahrer“. Als ob es nur Männer gibt, die LKW fahren.

Also: Bitte entweder ganz oder gar nicht.

Antworten
Andreas Weck

Danke für deinen Hinweis. Du sprichst hier Zitate an, die in der Regel so übernommen werden, wie vom Interviewten gesagt. „Angehender Krankenpflegender“ hab ich mal in „angehender Krankenpfleger“ geändert, da das grammatikalisch natürlich kurios ist. Das hätte mir damals auffallen müssen. Sorry. „Angehender Kraftfahrer“ habe ich gelassen. Wie gesagt: Zitate verfälscht man nicht.

Einen schönen Tag dir noch.

Antworten
Mario yee

Seit wann ist Krankenpfleger männlich?

lutscher – Lutscher, lehren- Lehrer, pflegen- Pfleger. Wenn man vom Infinitiv die Endung „en“ mit der Endung „er“ ersetzt, dann wird daraus ein Substantiv.

Das bedeutet, dass Lehrer und Pfleger geschlechtsneutral sind. Erst mit der Endung“in“ wird daraus eine „weibliche“ Form. Also gibt es Lehrerin und Plegerin, also weiblich. Eine männlich Form gibt es nicht und muss erst erfunden werden.

Bei Lehrer und Pfleger sind also immer alle Geschlechter gemeint.

Antworten

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige