Warum auch die Männer unter euch in Zukunft „Manels“ absagen sollten

Eine Geschlechterrolle zum Mitnehmen, bitte
Manchmal passiert es tatsächlich, dass ich die einzige Frau im Panel bin. Umso mehr ärgere ich mich dann, wenn nur mir die Frage zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestellt wird. Beim Stichwort „Geschlechtergerechtigkeit“ schauen plötzlich alle auf mich. Ganz so, als ob Männer kein Geschlecht wären. Ich muss mich aktiv dagegen wehren, in die Rolle der emotionalen Verständnisträgerin für „weiche“ Frauenthemen gedrängt zu werden. Als Vertreterin der weiblichen „Randgruppe“ konstant gegen diese Verniedlichungen anzukämpfen, ist auslaugend. Bei vielen Veranstaltungsorganisatoren ist das noch nicht angekommen. Sie werfen gerne als Gegenargument ein: „Aber die Moderatorin ist doch eine Frau!“ Ja. Aber eine Moderatorin macht hinsichtlich der Parität keinen Unterschied. Es sind schließlich die Panelmitglieder, die nach ihren Meinungen und Erkenntnissen gefragt werden. Initiativen wie 50-Prozent.Speakerinnen.org oder der Twitter-Account @WieVieleFrauen kommen zu dem Schluss, dass über 75 Prozent der Kongressteilnehmer Männer sind. Diese deprimierende Gender-Segregation zieht sich quer durch alle Branchen. Zumindest solange, bis wir auf klassische „Frauenthemen“ (Vereinbarkeit, Erziehung, Pflege) stoßen.
Ohne Frauen keine Zukunft
Diskussionspanels sind ein essenzieller Teil des öffentlichen Lebens. Sie sind Knotenpunkte zum Austausch über Gegenwart und Zukunft. Das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen ist dort doppelt schädigend: Es spiegelt nicht nur die bittere Realität wider, dass Frauen im Top-Management unterrepräsentiert sind und damit – wortwörtlich – weniger „zu sagen haben“. Es zementiert vor allem auch ihr künftiges Fehlen. Ungleich besetzte Panels prägen unsere Wahrnehmung: Was wir sehen, halten wir für die Norm. Wenn nur Männer öffentlich sprechen, werden „Männerthemen“ von alleine zu „Menschheitsthemen“. Panelrunden manifestieren deshalb vor allem eins: wem die Zukunft gehört.
Ohne Frauen, ohne mich
Deshalb habe ich beschlossen, die Panellandschaft ein Stück zu verändern und fange bei mir selbst an. Seit Kurzem lehne ich All-Male-Panels aktiv ab. Ich verweigere mich auch All-Female-Panels, die sich mit gesamtgesellschaftlichen Themen wie Familie, Vereinbarkeit oder Gleichberechtigung beschäftigen und trotzdem nur Frauen einladen. Diese Themen betreffen uns alle, Männer müssen genauso Position beziehen. Von Kongressveranstaltern fordere ich daher aktiv eine 50/50-Besetzung ein und frage nach den Gründen für das Fehlen der Durchmischung. Häufig bekomme ich als Antwort: „Alle Frauen, die wir angefragt haben, haben abgesagt.“ Ich versuche dann zu erklären, weshalb. Frauen müssen Panelanfragen oft absagen, um nicht „ins Minus“ zu rutschen: Ist ihre Teilnahmen nicht vergütet, können viele den zeitlichen Aufwand mit der Mehrbelastung an Care-Arbeit nicht vereinbaren. Für die Zeit des Panels müssen sie ja in der Regel einen Babysitter bezahlen. Nachdem Frauen bewiesenermaßen weniger vom Networking solcher Veranstaltungen profitieren, sagen sie unbezahlte Auftritte eben öfter ab. Wir brauchen daher nicht nur Panel-Quoten, sondern ein ganzheitliches Umdenken in unserer Familienpolitik.
Ich lade alle Männer dazu ein, All-Male-Panels ebenso abzusagen. Veranstaltungen, auf denen nur Männer mit Männern sprechen – oder Frauen nur mit Frauen über Frauenthemen –, sind nicht nur einseitig. Oder unvollständig. Oder schädlich. Sie sind einfach irrelevant. Das wissen wir doch alle: Ohne Diversität der Ideen, keine Innovation. Heutzutage ist es – mindestens – eine fatale Beschränkung des Diskussionsraumes, sich auf verkrustete Strukturen und altbewährte Experten zu verlassen. Wir können das alle besser.