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Marc Samwer: So geht Unternehmensführung auf die harte Tour

Anlässlich der Bits & Pretzels lässt Marc Samwer Gründer an seinen Erfahrungen teilhaben. Dabei wird klar: Für seine Mitarbeiter und Geschäftspartner ist der Unternehmer alles andere als bequem.

5 Min. Lesezeit
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Äußerlich und inhaltlich rustikal: Marc Samwer gab sich auf der Bits & Pretzels alles andere als weichgespült. (Foto: t3n)

Wer ein Startup oder eine Idee international an den Start bringen will, muss tough sein und mehr als nur vollen Einsatz bringen, daran lässt Marc Samwer in seiner Rede auf der Bits & Pretzels keinen Zweifel. „Zumindest in den ersten zwei Jahren musst du zu 150 Prozent auf dein Business fixiert sein, solltest dich weder um Feiertage noch um Wochenenden kümmern.“ Begriffe wie Work-Life-Balance kommen ihm schon gar nicht über die Lippen, auf die Frage aus dem Publikum, ob er gerne für einen wie sich arbeiten wolle, meint er „ja, definitiv“.

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Eines der Erfolgsrezepte, mit denen er seine Unternehmen weltweit optimiert, ist die Zentralisierung von Marketing und strategischem Geschäft. „Es ist effizient, so viel wie möglich zentral zu machen und nur beispielsweise Details in den jeweiligen Verträgen an die lokalen Gegebenheiten anzupassen.“ Doch auch dann dürfe man sich nicht zu fein sein fürs Kleingedruckte. „Große Summen sollten immer über den Tisch des Chefs laufen – gerade, weil da im schlimmsten Fall so viel Geld versenkt werden kann.“

Doch trotz aller Zentralisierungsbemühungen gilt: Ohne ein schlagkräftiges Führungsteam in den Regionalgesellschaften geht es nicht. Ein Top-Manager, der die Landeskultur kenne, Kontakte zu den relevanten Universitäten und Netzwerken habe und so innerhalb von kurzer Zeit die richtigen Leute anheuern könne, sei Gold wert. Für die Internationalisierung des Geschäfts, das gibt Samwer unumwunden zu, brauche man außerdem ausreichend finanzielle Ressourcen: „Nehmt das Geld, wenn man es euch anbietet und wenn ihr den Eindruck habt, dass die Bewertung zwar nicht optimal für euch ist, aber immerhin einigermaßen fair.“ Gründer sollten nicht auf irgendetwas warten und das Unternehmen überoptimieren, bevor sie den Schritt in neue Märkte wagen. „Die Hoffnung auf eine höhere Bewertung ist manchmal trügerisch, weil mit der Zeit auch weitere Akteure in den Markt kommen können, die dieselbe Idee haben wie ihr.“

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Marc Samwer: Sich an Zahlen zu orientieren ist oberste Maxime

Dabei sei Skalieren des Geschäfts oftmals der alles entscheidende Faktor – und das ständige Beobachten der KPIs. „Im Wochenrhythmus müsst ihr ein Mailing mit einer Handvoll der wichtigsten Zahlen verschicken, wobei auf der Basis der wichtigsten Kennzahlen ein Ranking erstellt wird“, gibt er den Gründern mit auf den Weg. So finde man schnell Underperformer in den einzelnen Landesgesellschaften, erklärt Samwer.

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Als Vergleichsgrößen nutzt Samwer dabei neben den eigenen anderen Landesgesellschaften eines Unternehmens auch die direkten Mitbewerber des jeweiligen Unternehmens. Marktbezogene Argumente, das Wetter und kulturelle Unterschiede lässt er dabei offenbar wenig gelten, sondern eher die Zahlen für sich sprechen. „So könnt ihr schnell die Führungskräfte in euren Landesgesellschaften triggern und dafür sorgen, dass sie besser und erfolgreicher werden.“ Das könne, so gibt Samwer zu, zum einen für die gelten, deren Zahlen im Vergleich nicht überzeugend sind, als auch für jene Landesgesellschaften, die gute Zahlen bringen. Mit Hilfe von Incentives, Boni oder negativen Anreizen lasse sich das unterstreichen. „It’s fun, it’s effective.“

Jung und hungrig sollt ihr sein: Nicht bei allen Zuhörern kamen die Thesen von Marc Samwer gut an, wie ein Blick auf die Twitterwall zeigt. (Foto: t3n)

Vorsprung durch Schnelligkeit: Schon wenige Monate entscheiden

Überhaupt sei ein vergleichsweise geringer Zeithorizont von drei oder sechs Monaten oft entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. „Die Verteilung von Märkten geht schnell, und wer nur einige Monate auf die falsche Unternehmerpersönlichkeit für ein bestimmtes Land setzt, hat das oft schon verloren.“ Bei der Wahl seiner Führungskräfte lässt Samwer sich weniger vom Lebenslauf und von ehemaligen Arbeitgebern leiten, als vielmehr vom Bauchgefühl einem Kandidaten gegenüber: „Ich merke meistens relativ schnell, ob ein Bewerber passt – und habe damit eigentlich noch nie richtig falsch gelegen.“ Nach drei bis sechs Monaten müsse man sich trennen, wenn man nicht über Coaching den nötigen Unternehmens-Spirit vermitteln könne.

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Samwer setzt auf Consulting-erfahrene Führungskräfte

Gerne heuert Samwer ehemalige Mitarbeiter von Consulting-Häusern wie McKinsey an – allerdings nur, wenn diese nicht allzu lange dort waren. „Man lernt dort sehr schnell das Handwerkszeug für solides operatives Geschäft und die Analyse von Zahlen“, fasst er die Gründe zusammen. Dann sollte man allerdings zügig nach weiteren Karriereschritten suchen.

Wer schnell lerne und so nach etwa ein bis zwei Jahren die nötigen Fähigkeiten habe, sei noch nicht betriebsblind und noch formbar. „Ich gehe nicht auf die alten Hunde los, sondern auf die jungen und hungrigen Führungskräfte. Die wollen 24/7 arbeiten, so wie wir um die Jahrtausendwende.“

Auch Rocket Internet selbst sei eine gute Möglichkeit, um dann das Handwerkszeug für Enterpreneurship zu erlernen, sagt Samwer. Doch auch bei Rocket Internet blieben gute Führungskräfte nur für einige Zeit. „Wer eine gute Idee hat oder von irgendwoher mitbringt, kann die dann selbst umsetzen und zum Gründer und Unternehmenslenker werden.“ Samwer trat auf der Bits & Pretzels übrigens nicht unter dem Label „Rocket Internet“ auf, sondern auch unter „Global Founders Capital“, also der Venture-Capital-Firma, die er zusammen mit seinem Bruder Oliver Samwer und Fabian Siegel gegründet hat. Das gab ihm ganz nebenbei die Möglichkeit, auf Fragen nach dem Aktienkurs von Rocket Internet einfach nicht einzugehen.

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Ohne Familie: Gründen als überschaubares Risiko

Nach der Veranstaltung steht Samwer noch lange mit einer Gruppe von rund 20 jungen Gründern vor dem Konferenzraum. Er erzählt den Studenten und Absolventen, die teils halb so alt sind wie er selbst und an seinen Lippen hängen, von den wilden 90ern, vom Verlassen der Komfortzone seines Elternhauses zusammen mit seinen Brüdern und abenteuerlichen Meetings mit Boris Becker und Hubert Burda. Von Reisen ins Silicon Valley und Steve Jobs, der ihnen den Rat „go to Europe, find love“ mit auf den Weg gab und von Jahren, in denen es für ihn und seine Brüder eher wenig Privatleben und Freizeit gegeben haben dürfte.

Er bemüht die üblichen beliebten Floskeln à la „be young and hungry“ und macht dem Publikum klar, dass es gerade in jungen Jahren ein überschaubares Risiko sei, ein Unternehmen zu gründen. „Ihr habt im Zweifelsfall nur euch zu ernähren – und das werdet ihr ja wohl noch irgendwie schaffen.“ Dass das Gründen und Führen eines eigenen Startups den Jungunternehmern einiges abverlangt, daran lässt Samwer keinen Zweifel.

 

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5 Kommentare
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Dein t3n-Team

Helge

Richtig sympatisch der Herr Samwer…NICHT!

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Peter

Der direkte Weg ins Burnout und GENAU DAS, was wir nicht mehr tun sollten. Die Wirtschaft ist komplett außer Kontrolle geraten und das ewige Wachstum schadet inzwischen nur noch.

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Sebos

Von Micro-Management bis hin zu Zahlenorientierung alles sehr 90er Jahre. Etwas aus der Zeit gefallen. Erklärt vielleicht die zuletzt eher mäßigen Erfolge. Über das Menschliche brauchen wir gar nicht zu reden. Wessen Lebensinhalt nur aus Profitmaximierung besteht, hat noch so einiges nachzuholen.

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Alexander

… ich kann gar nicht so viel Essen, wie ich k….

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fsx

fundierte Recherche, toller Artikel -Danke!

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