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Mark Zuckerberg: Der machtlose Mächtige

Ein Teil von Facebooks Erfolg war der Lock-in-Effekt der User. CEO Mark Zuckerberg mit seiner eigenen Version des Phänomens konfrontiert.

Von Martin Weigert
4 Min. Lesezeit
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Was wohl im Kopf von Mark Zuckerberg vorgeht? Ob er in Anbetracht der maßgeblichen Rolle, die Facebook bei der dramatischen Neuzeichnung politischer Landkarten und der Verstärkung polarisierter Positionen spielt, gelegentlich ein ungutes Gefühl bekommt? Ist er immer überzeugt davon, dass das von ihm gegründete Unternehmen dem eigenen Slogan „Making the world more open and connected” tatsächlich gerecht wird? Grübelt der 32-Jährige nachts im Bett vielleicht darüber nach, inwieweit die Veränderungen, die sein soziales Netzwerk auslöst, unterm Strich die Zustände verschlechtern, statt sie zu verbessern?

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Eine ehrliche Antwort auf diese Fragen kennt nur Zuckerberg selbst (Update 17. Februar: In seinem gerade veröffentlichten „Globalisierungs-Manifesto öffnet sich der Facebook-CEO zumindest etwas). Aber einmal hypothetisch angenommen, dass der Erschaffer des wahrscheinlich einflussreichsten Unternehmens aller Zeiten zumindest die Möglichkeit sieht, dass die Mechanismen seiner Plattform die Aushöhlung westlicher Demokratien mitverursachen — es würde tragischerweise keine Rolle spielen. Denn es gäbe für Zuckerberg keine Möglichkeit, diese Entwicklung zu stoppen. Obwohl er dank mehr als 60 Prozent der Stimmrechte das Geschehen bei dem Unternehmen fast nach Belieben diktieren kann — solange es dem Unternehmen nützt, wohlgemerkt.

Polarisierung ist für Facebook Feature, nicht Bug

Facebooks Geschäftsmodell basiert auf der Monetarisierung der Nutzeraufmerksamkeit. Das Unternehmen muss dafür sorgen, dass User möglichst viel Zeit bei Facebook verbringen, dass sie ewig durch den Newsfeed scrollen und dass sie über diesen viele Inhalte finden, die sie bei Laune halten. Besonders gut funktioniert dies über emotionale Botschaften. Genau diese Rezeptur ist allerdings auch die Triebkraft der Echokammern, die Gesellschaften spalten, Lagerdenken provozieren und zu selektivem, das eigene Weltbild bestätigendem Informationskonsum animieren. Es entsteht eine sich selbst immer weiter verstärkende Dynamik, bei der Gleichgesinnte untereinander zusammengeschweißt werden. Parallel finden die Mitglieder ideologisch homogenisierter Gruppen immer weniger Anknüpfungspunkte mit Andersdenken.

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Als gewinnorientiertes Unternehmen, das sich in erster Linie seinen Anteilseignern verpflichtet fühlt, existiert kein Weg für Facebook, um kurzfristig eventuelle negative gesellschaftliche Effekte des eigenen Wirkens einzudämmen, ohne dass dabei das Geschäft leiden würde. Also lanciert das Unternehmen nett gemeinte Initiativen, um Journalismus zu stärken oder die Identifikation von Falschmeldungen mittels externer Partner zu ermöglichen. Die eigentlichen Ursachen der Problematik werden so aber nicht behoben. Sie sind systemimmanent. Solange der Newsfeed das zentrale Element von Facebook darstellt und im Sinne der Werbeerlöse unentwegt personalisierte Inhalte zum Weltgeschehen ausspucken muss, und solange die Spaltung und Selbstsegregation von Vertretern unterschiedlicher Ideologien und Weltsichten eher verstärken als verringern.

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Zuckerberg ist machtlos, trotz seiner Macht

Mark Zuckerberg wird Opfer des Phänomens, von dem das sozial Netzwerk so lange profitiert hat: vom berühmten Lock-in-Effekt. Für User bedeutet dieser, dass sie eine Plattform nicht verlassen können, selbst wenn sie es möchten, weil die negativen Effekte des Ausstiegs für sie größer wären, als wenn sie widerwillig dabeiblieben. Zuckerbergs ganz eigener Lock-In-Effekt führt nun dazu, dass er Facebooks eingeschlagenen Kurs nicht verlassen kann, selbst wenn er zu der Erkenntnis käme, dass dieser aus ethisch-moralischen Gründen nicht mehr vertretbar sei.

Seine Verpflichtungen gegenüber dem Wohl des milliardenschweren, hochprofitablen Unternehmens wiegen aus der Position des CEO heraus unweigerlich schwerer als sein Gewissen in Bezug auf die Wahrung des gesellschaftlichen Friedens. Leider, möchte ich anmerken. Aus Zweifel an den Folgen des eigenen Produkts zurückzutreten, würde auch nichts ändern und käme für Zuckerberg dem öffentlichen Eingeständnis gleich, ein Monster geschaffen zu haben. Das wäre das Letzte, was er tun würde.

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Nochmals zur Erinnerung: Dass Zuckerberg wirklich Zweifel plagen, ist nicht sonderlich wahrscheinlich. Vermutlich steht er voll und ganz hinter seiner Schöpfung und schließt Kausalitäten zwischen besorgniserregenden gesellschaftlichen sowie politischen Trends und seiner Plattform aus. Sollte sich doch einmal kognitive Dissonanz einstellen, könnte sich Zuckerberg immer damit beruhigen, über die zusammen mit seiner Frau geführte, nur dank Facebook möglich gewordene Wohltätigkeits-Initiative das Elend und Leid auf der Welt zu bekämpfen. Sollte Zuckerberg aber doch, wider Erwarten, die Entwicklung selbst bedauern, so würde dies an der Sache nichts ändern können. Das ist mein Punkt.

Mark Zuckerberg bleibt nur eine Option übrig

Letztlich bliebe dem Facebook-Chef in einem solchen Fall nur eine einzige Option: Er könnte künftige strategische Entscheidungen bewusst in eine neue, weniger brisante Richtung lenken, etwa indem er den Fokus noch stärker auf die Monetarisierung der anderen Dienste wie Instagram, Whatsapp (oder demnächst Oculus) verlagert, um in einem zweiten Schritt mehr Spielraum für Veränderungen am Kernprodukt zu erhalten. Oder er könnte in neue Geschäftsfelder vorstoßen, die hohe Nutzeraktivität und Lukrativität garantieren, aber inhaltlich weniger Potenzial für gesellschaftliche Konflikte bieten — etwa Unterhaltungs-Bewegtbildinhalte. All das dauert aber seine Zeit und es bleibt offen, inwieweit Facebook damit den Einfluss in Sachen Meinungsbildung wirklich verringern würde. Und überhaupt, welches Unternehmen wäre so „blöd”?

Vorläufig muss Facebook in jedem Fall genau damit weitermachen, was bislang aus unternehmerischer Sicht so ausgezeichnet funktioniert. Solange Facebook mit seinem Kernprodukt von Quartal zu Quartal Milliardengewinne einfährt, werden die involvierten Parteien nicht die Notbremse ziehen können. Selbst wenn sie es für den richtigen Schritt halten würden. So ist das mit diesem Lock-in-Effekt.

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9 Kommentare
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jaschmidtuss

Ein Interessenter Artikel den ich gut finde. In der Tat wird nichts passieren, so lange die Kuh zu melken ist und reichlich Gewinne eingefahren werden. Der Problematik des einseitigen Newsstreams stimme ich zu. Damit wird aus einem Social Network ein politisches Instrument und dies war Zuckerberg glaube nicht klar. Aber es könnte auch eine Chance sein für ein privates Unternehmen sich mit der Gesellschaft und Politik auseinanderzusetzen. In einer Demokratie hat man auch als Unternehmen eine politische Meinung zu haben.

Antworten
EatMe Lee

An sich nicht verkehrte Ansicht zum Thema Facebook, leider ziemlich unjournalistisch aufgearbeitet und eher glossenhafter Kommentar als seriöser Artikel. Gemäß den Zeichen der (postfaktischen) Zeit etwas dünn in der Argumentation aber dadurch zu vielen online journalistischen Formaten passend, die vor allem auf Aufmerksamkeit basieren und Inhalte hinten anstellen. T3n ist nich immer so aber mit etablierteren Tech-Seiten wie Wired US kann es nicht mithalten. Muss es wahrscheinlich auch nicht, wie der Kommentar unten zeigt, werden diese Aspekte immer mehr ausgeklammert.

Antworten
Martin Weigert

Was genau vermisst du denn? Wo ist der Artikel „dünn in der Argumentation“? Konstruktive Kritik schätze ich sehr. Generisches Herumgemeckere ohne Substanz, dafür aber mit leeren Labels wie „postfaktisch“, bringt dagegen niemanden weiter.

Antworten
dludecke

Direkte Vergesellschaftung verändert in der virtuellen. Nicht gut.

Antworten
KarateAndy

Es ist immer wieder interessant zu sehen, Herr Weigert, in welch regelmäßigen Abständen Sie Ihre Meinung ändern (insbesondere, wenn man die früheren Veröffentlichungen als Referenz nimmt. Vom digital Fanboy zum digital Philosophen).

Dass es heutzutage für Menschen deutlich leichter ist ihre Gedanken mit den Massen zu teilen, als noch vor 20 Jahren, ist doch nicht primär Facebook geschuldet, sondern doch eher der technologischen Entwicklung. (Ich denke Sie persönlich profitieren ebenfalls, vom Medium Internet und es wäre Ihnen mit Sicherheit nicht ohne weiteres möglich sich an Massen zu wenden, wenn es das Medium nicht gebe). Hinzu kommt das starke Grundbesdürfnis der Menschen sich mitzuteilen (dieses Bedürfnis dürfte Ihnen sehr bekannt vorkommen) und die Neugier. Eine social platform schafft lediglich die technologische Basis um diese Grundbesürfnisse zu befriedigen. Ob es Facebook ist, youtube oder Twitter, spielt hierbei keine Rolle, wenn Menschen es wollen sich an Gleichgesinnte zu wenden, Gleichgesinnte zu finden oder zu begeistern, so werden sie es auch machen. Warum? Weil sie es technologisch können.

Facebook ist hochprofessionell betrieben und hat die meisten Nutzer. Aber der Grund hierfür ist einfach: Es befriedigt die Grundbedürfnisse. Schaltet man es heute ab, gibt es eine andere Plattform, die die Lücke schließt.
Im übrigens bin ich der Meinung, dass die Vorteile von Facebook für Privatpersonen und Unternehmen doch weit höher sind, als die Nachteile.

Sie schreiben Facebook umzubauen, wäre doch ganz nett an Zuckerbergs Stelle. Genau so gut könnte man auch schreiben, dass man ja das Internet etwas umzubauen könnte. Schreibrechte nur für Auserwählte oder Genehme, Nachverfolgbarkeit der Nutzer.
Wäre das auch eine Option?

Ich wünsche Ihnen alles Gute!

Antworten
Martin Weigert

„Es ist immer wieder interessant zu sehen, Herr Weigert, in welch regelmäßigen Abständen Sie Ihre Meinung ändern (insbesondere, wenn man die früheren Veröffentlichungen als Referenz nimmt. Vom digital Fanboy zum digital Philosophen).“

Das freut mich, dass sie das bemerken – auch wenn es womöglich als Kritik gemeint ist. Ich praktiziere das jedenfalls bewusst: Jede neue Information muss mit dem bisherigen Kenntnisstand und daraus abgeleiteten Standpunkten abgeglichen werden. Der Devise folgend: „Strong Opinions weakly held„.
Wer heute digitale Entwicklungen nicht kritisch betrachten kann, weil er/sie Angst hat, eigenen Aussagen der Vergangenheit zu widersprechen, macht meines Erachtens nach etwas falsch.

„Im übrigens bin ich der Meinung, dass die Vorteile von Facebook für Privatpersonen und Unternehmen doch weit höher sind, als die Nachteile.“
Zum Thema „Unternehmen“ äußere ich mich in meiner Kolumne nicht. Ich beziehe mich ausschließlich auf Individuen und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. Dass man speziell bezüglich des subjektiven persönlichen Nutzens von Facebook ganz unterschiedlicher Ansicht sein kann, ist wenig verwunderlich.

„Sie schreiben Facebook umzubauen, wäre doch ganz nett an Zuckerbergs Stelle. Genau so gut könnte man auch schreiben, dass man ja das Internet etwas umzubauen könnte. Schreibrechte nur für Auserwählte oder Genehme, Nachverfolgbarkeit der Nutzer.
Wäre das auch eine Option?“

Da möchte ich widersprechen: Das schreibe ich in dieser Form nicht. Da legen Sie mir etwas in den Mund. Davon abgesehen ist Facebook ein Unternehmen, das Internet eine technologische Infrastruktur. Aus Vorschlägen an Facebook (oder jedes andere Unternehmen) ergibt sich nicht der logische Zwang zu Bestrebungen, das Internet umbauen zu wollen.

Antworten
Frank

„…des wahrscheinlich einflussreichsten Unternehmens aller Zeiten…“

Gott gütiger! Gibt’s in der Nerdpublizistik eigentlich noch irgendetwas wie Geschichtsbewusstsein oder nicht vollkommen von der ideosynkratischen Filterblase.

Meint Ihr eigentlich, die Welt habe erst mit der vorsichtigen Verbreitung einigermaßen schneller Server und Netzverbindungen (nach aktuellen Maßstäben) sich zu drehen begonnen?

Kopfschüttel…

Antworten
Martin Weigert

Ein Unternehmen, das innerhalb von 10 Jahren von 0 auf fast 2 Milliarden Menschen weltweit kommt, die aktiv partizipieren, sprich Kunden sind. Das ist in der Geschichte der Menschheit einmalig.

Antworten
Tobi

Schließe mich dieser Kritik an, der Superlativ wirkt unseriös.

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