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Warum du nicht mehr als 10 Mitarbeiter führen solltest

Autonomie, Eigenverantwortung, die Mitarbeiter laufen alleine? Die Praxis sieht anders aus. Denn persönliche Gespräche sind wichtig – und dafür braucht es Zeit mit jedem Mitarbeiter.

Von Alexandra Vollmer
4 Min. Lesezeit
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Ein echter Diskurs funktioniert nur in kleinen Gruppen. (Foto: g-stockstudio/Shutterstock)

Der Ruf nach mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter, nach einer langen Leine beim Führen ist omnipräsent. Die Aufgaben der Führungskraft verschieben sich – weg vom operativen Tagesgeschäft, hin zur Rahmen- und Perspektivgestaltung. Das Team durch Mikromanagement zu steuern, ist im komplexen Marktumfeld nicht nur gefährlich, sondern kaum noch zu leisten. Soweit, so bekannt. Doch die Annahme, die Führungskraft könne sich jetzt gänzlich raushalten, ist ein Trugschluss.

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Rückhalt und Restkontrolle

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Jede Autonomie, die die Führungskraft gewährt, sei eine Form der Delegierung, so André Corterier, Referatsleiter bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. „Die Führungskraft gibt eine Aufgabe, die ihr obliegt, an einen Mitarbeiter weiter.“ Damit sei die Führungskraft aber nicht raus aus der Sache. Im Gegenteil. „Im Außenverhältnis bleibt sie weiterhin in der Verantwortung“, so Corterier. Daher sei es notwendig, dass eine gewisse Restkontrolle bei der Führungskraft verbleibe. Sie müsse sich regelmäßig vergewissern, dass Liefertermine eingehalten werden und das Projekt den gewünschten Verlauf nehme. Dafür brauche es einen inhaltlichen Diskurs. „Nur so ist die Führungskraft in der Lage, im Notfall einzugreifen.“ Doch auch die Person, die die Aufgabe übernimmt, wolle nicht allein auf weiter Flur stehen. „Der Mitarbeiter braucht Rückhalt“, weiß Corterier. Er müsse wissen, dass das, was er da tut, im Sinne des Vorgesetzten sei. Und das nicht nur implizit, durch „Machen-Lassen“. „Der Ausführende muss es ganz konkret hören. Er muss sicher sein können, später nicht im Regen zu stehen, falls das Projekt nicht das gewünschte Ergebnis bringt.“ Dass die Führungskraft die Verantwortung übernehme, sei für die Mitarbeiter nicht selbstverständlich. Daher sei es so wichtig, im Gespräch den Rücken zu stärken.

Gespräche in großen Gruppen sind Zeitverschwendung

Für ein solches Gespräch empfiehlt Corterier eine Gruppengröße von acht bis zehn Mitarbeitern. Spräche man mit mehr Leuten, dann bildeten sich Unterteams und man könne maximal über grobe Projektstände informieren. Dafür müssten Menschen jedoch nicht in einem Raum sitzen. Für diesen Informationsaustausch eigne sich gut eine asynchrone Kommunikation wie beispielsweise via E-Mail. „Im persönlichen Gespräch muss es um mehr als um eine Meilensteinabfrage gehen“, so Corterier. Hier brauche es Austausch und Diskussion. „Über echte Probleme kann ich mit 100 Leuten nicht reden“, ist der Referatsleiter überzeugt. „Bei jeder Detailfrage sitzen dann 80 Prozent rum.“ Eine Zeitverschwendung, die nicht zu verantworten sei. „Wenn ich die bloße Informationsebene verlassen und einen echten Diskurs will, dann funktioniert das nur in kleinen Gruppen“, so Corterier, der solche Gespräche im Wochenrhythmus führt. Er achtet genau darauf, diese Gespräche niemals zwei Mal hintereinander ausfallen zu lassen. „Sonst ist die Leine zu lang“, weiß Corterier aus Erfahrung. „Wenn ich als Mitarbeiter einen Monat nicht mehr versichert bekomme, dass ich auf dem richtigen Weg bin, dann weiß ich es nicht mehr.“

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Direkt und gut vorbereitet

Ein Gespräch mit dem Projektteam sei nichts, wo man sich mal eben mit einem Kaffee reinsetze. Im Gegenteil. Jedes Gespräch brauche eine fundierte Vorbereitung. „Für eine 30-minütige Telefonkonferenz mit dem international verteilten Projektteam investiere ich noch einmal genauso viel Zeit, um mich gründlich ins Bild zu setzen“, so Corterier. Dafür lese er die aktuelle Korrespondenz, reflektiere die Gesprächsagenda und stelle gegebenenfalls Rückfragen an einzelne Projektmitglieder. „Unterbleibt die Vorbereitung, so verlängert sich das Gespräch“, weiß Corterier. „Und das kostet nicht nur meine Zeit, sondern die Zeit aller Teammitglieder.“ Der Referatsleiter führt auf diese Weise zwei Projektteams. Die Taktung der Gespräche hänge davon ab, wie komplex die Projekte sind und wie viel Rückhalt das Team braucht. Wichtig sei, die Gespräche stets direkt, sprich, mit allen Teammitgliedern zu führen. „Wenn ich nur noch mit Stellvertretern spreche, dann baue ich mir ein Problem“, so Corterier. „Denn damit ziehe ich eine zusätzliche Hierarchiestufe ein, und das Team wird nicht mehr durch mich geführt.“

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Wie viel liegt dir an deinen Leuten?

„Dein Englisch ist zu kompliziert.“ Dieses Feedback bekam Corterier in einem Gespräch mit einem spanischen Mitarbeiter. Der musste sich nach der Telefonkonferenz die Inhalte immer noch einmal von einem Kollegen berichten lassen. Was für eine Verschwendung. „Doch Probleme dieser Art will ein Mitarbeiter nicht so recht auf den Tisch bringen“, so Corterier. „Da muss der Leidensdruck schon extrem groß sein.“ Genau für solche Sachen brauche es neben dem Projektgespräch noch eine zweite – mindestens ebenso wichtige – persönliche Dimension.

Als Führungskraft müsse man sich fragen, wie viel Einfluss man auf die Entwicklung der Mitarbeiter nehmen wolle. „In der Produktion mag es weniger Ansatzpunkte geben“, so Corterier. „In den eher hirnlastigen, den sogenannten ‚brainy white collar jobs‘, wird die persönliche Entwicklung zunehmend wichtig.“ Dafür brauche es Einzelgespräche – mindestens einmal pro Quartal. Diese Gespräche unterscheiden sich wesentlich von den Projektgesprächen. Sie folgen keiner knallharten Agenda. „Es ist so, als würde man sich auf den Balkon stellen“, erklärt Corterier. Dabei würden Fragen wichtig wie: Was machen wir hier eigentlich? Wovon würde man gern mehr, wovon weniger tun? Was ist grundsätzlich aufgefallen? Was wollen wir besser machen, um uns die Arbeit zu erleichtern? Für solche Gespräche müsse man Raum schaffen. Übrigens auch, wenn augenblicklich alles besprochen sei. „Für den Mitarbeiter ist es trotzdem wertvoll, mal eine halbe Stunde mit dem Chef zu haben“, so Corterier.

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Diese Gefühlspflege sei nicht zu unterschätzen. Denn die Produktivität des Mitarbeiters hänge unmittelbar mit dessen persönlichem Wohlfühlfaktor zusammen. Solche Gespräche bräuchten Zeit. Corterier schwört auf das gemeinsame Mittagessen. „Dabei lassen sich gut Dinge zurechtrücken.“ Man brauche nicht für jede Sache zwingend ein Gespräch. Es sei eher ein gemeinsames Austarieren. Ab und zu brauche man als Führungskraft Feedback, manchmal brauche es der Mitarbeiter. „Mit welcher Taktung und in welchem Umfang ich diese Gespräche führe, finde ich nur im gemeinsamen Arbeitsalltag heraus“, so Corterier. „Idealerweise durch Gespräche.“

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