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Wie sich mehr Frauen für die Informatik begeistern lassen

Der Anteil weiblicher IT-Talente ist in Deutschland noch immer gering. Dabei bietet die Informatik gerade in der Wissenschaft ein extrem vielfältiges Anwendungsspektrum, das es zu erobern gilt.

Von Anne Hess
4 Min. Lesezeit
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(Foto: SFIO CRACHO / shutterstock)

Die Zahlen sind erschreckend: Der Frauenanteil in IT-Berufen liegt in Deutschland gerade einmal bei 17,5 Prozent. Damit hinkt die Bundesrepublik dem Statistischen Amt der Europäischen Union Eurastat zufolge nicht nur dem Spitzenreiter Bulgarien deutlich hinterher; der Balkanstaat kommt auf eine Quote von rund 28 Prozent. Vielmehr weisen im Vergleich auch über die Hälfte der übrigen 26 EU-Staaten einen deutlich höheren Frauenanteil in der Informatik auf.

Interessanterweise hat auch die Coronakrise an diesem Umstand nichts geändert – und das, obwohl die Pandemie den digitalen Wandel ja zumindest in zahlreichen Unternehmen beflügelt hat. So hat sich die Lage laut dem aktuellen MINT-Report seither sogar eher noch verschlechtert: Während krisenbedingt 2020 zunächst deutlich weniger Bildungsausländerinnen nach Deutschland kamen, ist darauf aufbauend auch die Anzahl der Studienanfängerinnen in MINT-Berufen drastisch zurückgegangen.

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Soll der Fachkräftemangel nicht noch schwerer als bislang auf der IT-Branche lasten, wird der Gewinn neuer weiblicher Talente immer bedeutender. Schließlich birgt besonders ein wachsender Anteil an Informatikerinnen ein besonders großes Potenzial, um die bestehende Lücke bei IT-Berufen in verschiedensten Sektoren zu schließen. Besonders groß ist der Bedarf dabei auch in der Wissenschaft. Denn: Die drängenden Fragen unserer Zeit – angefangen von der digitalen Transformation der Wirtschaft bis hin zu innovativen Lösungen für die Bekämpfung des Klimawandels – können letztlich nur mithilfe hochqualifizierter IT-Fachkräfte beantwortet werden.

Hard und Soft Skills sind gefragt

Die Ursachen für den geringen Frauenanteil in der Informatik sind natürlich vielfältig und letztlich individuell verschieden. Was aber als allgemeines Problem festgehalten werden kann, ist Folgendes: Leider krankt die Wissenschaft noch immer an ihrem verstaubten Image von den im Keller sitzenden, nerdig-wirkenden Informatiker:innen. Hier muss dringend eine Generalüberholung her. Schließlich steht bei der Informatik bei Weitem nicht nur die Programmierung im Vordergrund – im Gegenteil. In der Entwicklung finden besonders vielseitige Prozesse statt, die etwa Kreativität und Empathie erfordern. Beides Soft Skills, die gerade bei weiblichen Nachwuchstalenten vielerorts Anklang finden dürften, wären sie nur bekannter.

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Zudem müssen Informatiker:innen in der Lage sein, im Team zu arbeiten und angemessen und lösungsorientiert auf Wünsche und Bedürfnisse von Auftraggebenden – und nicht zuletzt Nutzer:innen – einzugehen. Insbesondere was beispielsweise die Softwareentwicklung angeht, gilt es zudem, sich einerseits intensiv auf die sich mitunter wandelnden Ansprüche von Kundenseite einzustellen. Andererseits müssen auch Ideen für innovative Lösungen entwickelt werden, die Nutzer:innen mitreißen und begeistern – beides Aufgaben, die in Form eines vermeintlichen Einzelkämpfer-Daseins schlichtweg kaum zu leisten sind. Diese Erkenntnis sollte dringend in die Breite getragen werden; etwa, indem gerade im wissenschaftlichen Kontext noch deutlich mehr Expert:innen in der Öffentlichkeit über ihre Tätigkeiten sprechen und so mit den vorherrschenden Klischees aufräumen.

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Schulen: Informatik altersgerecht und spielerisch vermitteln

Daneben kommen viele Menschen mit dem Thema Informatik generell häufig erst sehr spät – sprich nach der Schulzeit – in Berührung. Bis dahin konnten sich also schon längst andere Interessenschwerpunkte manifestieren, die die Informatik bei der Studienwahl ins Abseits rücken. Genau hier muss also dringend nachgebessert werden. So ließe sich schon bei den Jüngsten bereits in der Grundschule ein spielerischer Umgang mit dem Thema Informatik etablieren, wodurch auch wesentlich mehr Mädchen ihr mögliches Interesse dafür entdecken könnten. Dazu wäre es hilfreich, Informatik flächendeckend als eigenständiges Schulfach einzuführen.

Was in der Theorie gut klingt, ist in der Praxis natürlich mit zahlreichen Hürden verbunden – keine Frage. Soll es anstelle der zeit- und ressourcenintensiven Umgestaltung von Lehrplänen etwas schneller gehen, könnte möglicherweise vorab ein etwas kürzerer Weg eingeschlagen werden. Der sieht vor, das Berufsbild „Informatik“ und den Umgang mit digitalen Lösungen bereits jetzt altersgerecht und in einem gesunden Maß zu vermitteln – etwa im Rahmen anderer Schulfächer oder auch mithilfe kindgerecht aufbereiteter Literatur.

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Die Informatik ist ein interdisziplinäres Anwendungsfeld, das inzwischen in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen eine entscheidende Rolle spielt. Und genau diese Vielfältigkeit sollte bereits in der Schule transportiert und der Facettenreichtum dieser Wissenschaft in den verschiedensten Fächern veranschaulicht werden.

Mangelnder Praxisbezug im Studium

Auch der überdurchschnittlich hohen Abbruchquote beim Informatikstudium muss endlich entgegengewirkt werden. Die Gründe dafür mögen sicherlich auch hier wieder individuell unterschiedlich sein. Klar ist aber, dass zahlreiche Studiengänge in diesem Bereich einen viel zu geringen Praxisbezug aufweisen. Oftmals werden lediglich Grundkenntnisse über Betriebssysteme, Netzwerke oder zum Codieren vermittelt. Das ist jedoch zu einseitig – und spiegelt das Arbeitsleben in der Branche nicht ansatzweise wider.

Bei der Softwareentwicklung, etwa wenn es um die Usability geht, sind neben Programmierkenntnissen beispielsweise auch Kenntnisse über (Kognitions-)Psychologie, Design oder Ergonomie gefragt. Das sollte den Studierenden von Beginn an anschaulich vermittelt werden. Hilfreich wären in diesem Zusammenhang auch noch deutlich mehr gemeinsame Projekte mit der Industrie, wie sie zumindest einige Hochschulen deutschlandweit bereits anbieten. Immer mehr Lehranstalten erkennen, wie wichtig ein hohes Maß an Praxisorientierung im Informatik-Studium ist.

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Denn erst beim Bearbeiten konkreter Problemszenarien, wie sie im realen Arbeitsleben fast tagtäglich vorkommen, erhalten Studierende einen guten Eindruck davon, wie der Arbeitsalltag im späteren Beruf als Informatiker:in tatsächlich aussehen könnte. Das heißt: Neben der Kommunikation mit potenziellen Kund:innen lernen sie dabei vor allem, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und somit insbesondere, was es bedeutet, im Team zu arbeiten. Und: Ein solches Praxistraining kann den Studierenden einen entscheidenden Anstoß dazu geben, herauszufinden, ob der Beruf als Informatiker:in auch wirklich zu ihnen passt.

Die Ansatzpunkte zeigen: Es ist sicherlich noch ein weiter Weg, bis der IT-Fachkräftemangel behoben und dabei insbesondere der weibliche Anteil der Talente ausgeglichen ist. Umso mehr sollten jetzt die richtigen Weichen gestellt und die Digitalisierung über sämtliche Branchen hinweg vorangetrieben werden. Schließlich eröffnet die Informatik zahlreiche interessante Perspektiven und Tätigkeitsfelder, die wiederum für neue, kreative Informatik-Talente eine echte berufliche Herausforderung darstellen.

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Harald

Sehr geehrte Frau Hess,
das ist ein sehr freundlicher Ansatz, den Sie beschreiben. Leider fürchte ich, dass die Wurzeln tiefer sitzen, nämlich im Unterricht für Deutsch und Rechnen. Solange Grundschullehrerinnen den Mädchen zusprechen, dass es gar nicht schlimm sei, wenn sie keine Textaufgaben rechnen könnten und damit kokettieren, dass sie das auch noch nie richtig konnten, gibt es keinen Ausweg aus den Stereotypen.
Und die Mädchen, die sich für Naturwissenschaften interessieren, wählen später Medizin oder Pharmazie, vielleicht Biologie.
Mit den besten Grüßen
HA

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