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Belohnung und Bestrafung sind falsch: Warum Mitarbeiterförderung kontraproduktiv ist

Mitarbeiterförderung soll Mitarbeitern beim Lernen und Entwickeln helfen. Aber das können sie längst. Wenn sie Lust haben …

Von Alexandra Vollmer
3 Min. Lesezeit
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Wer Mitarbeiter ernst nimmt, braucht sie nicht zu fördern. (Foto: Shutterstock)

„Mitarbeiter fordern und fördern“, dieses Credo wohnt so ziemlich jeder Personalentwicklung inne. Das passende Instrument ist das Führen mit Zielvereinbarungen. Unternehmen stellen Ziele auf und brechen sie auf die Mitarbeiter herunter. Diese will man dann so entwickeln, dass sie die Ziele erreichen. Bei Erfolg winkt ein saftiger Bonus. Was soll daran falsch sein?

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Eine Kultur der Ressourcenausnutzung

„Indem Führungskräfte ihre Mitarbeiter in eine bestimmte Richtung steuern, nehmen sie eine Objektivierung vor“, beschreibt Hirnforscher Gerald Hüther die Situation in vielen Unternehmen. „Die Führungskraft nutzt den Mitarbeiter, um selbst in die Kraft zu kommen.“ Mithilfe der Ressourcen im Team schaffe sie es, die eigene Messlatte zu überspringen. Damit diese Mechanik klappt, habe man früher mit Bestrafung gearbeitet. Stimmt die Leistung nicht, drohte Degradierung und notfalls Entlassung. „Heute arbeiten wir lieber mit Belohnung“, so Hüther. Es sei aber wurscht, wie man es mache. „Egal, ob Führungskräfte bei Zielabweichung bestrafen oder bei Zielerreichung belohnen, in beiden Fällen behandelt man die Mitarbeiter wie Objekte.“ Sämtliche Steuerungsmaßnahmen dienten dazu, die Ressource „Mitarbeiter“ soweit es geht auszunutzen und so viel wie möglich aus der Arbeitskraft des Einzelnen rauszuholen. Um den angestrebten Wirkungsgrad aufrecht zu erhalten, müssten Führungskräfte immer mehr investieren. Das setzt laut Hüther eine Art Belohnungsspirale in Gang, die diese Ressourcenausnutzungskultur an ihre Grenzen bringt. „Führungskräfte können kaum noch mehr belohnen, um Mitarbeiter zu motivieren“, so Hüther. Sonst werde das Ganze unwirtschaftlich. Ja, wie soll ich denn sonst als Führungskraft mein Team dazu anhalten, die Ziele zu erreichen?

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Lust am Lernen

„Richtig wäre es, wenn man die Mitarbeiter nicht fördern, sondern sie vielmehr wiedererwecken würde“, erklärt der Neurobiologe. „Kein Mensch kommt als förderungswürdig zur Welt.“ Jeder habe von Anfang an mit großer Begeisterung seine Umwelt entdeckt und gestaltet. In den tradierten Bildungssystemen sei diese Lust am Lernen abtrainiert worden. „Die ehemalige positive Lernempfindung wurde durch negative Gefühle wie Druck und Angst überlagert.“ Mit diesen Lernerfahrungen arbeiteten Menschen heute in Unternehmen. „Wenn nun jemand kommt und sagt, der Mitarbeiter solle was lernen, dann meldet sich sofort ein ungutes Gefühl“, so Hüther. Jetzt sei es wichtig, die negativen Lernerfahrungen mit neuen, positiven zu überlagern. Das funktioniere jedoch in einer objektbezogenen Lernumgebung nicht.

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Mitarbeitern begegnen

Viel besser, als Mitarbeiter irgendwohin entwickeln zu wollen, sei es, ihnen als Subjekte zu begegnen. Eine Führungskraft müsse eine Situation erzeugen, in der Mitarbeiter merken, dass sie nicht nur Mittel zum Zweck sind, sondern dass es auf sie ankommt. „Wenn Führungskräfte realisieren, dass jeder Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag zum Team- und Unternehmenserfolg leisten könnte, wenn er dazu Lust hat, dann ist der Weg zu einer lernfreundlichen Begegnungskultur frei“, ist Hüther überzeugt. Statt Mitarbeitern Ziele vorzugeben, solle die Führungskraft kleine Teams bilden und diese mit den größtmöglichen Freiheiten ausstatten. „Eine richtig gute Führungskraft tut alles, was sie kann, damit die Mitarbeiter Freude daran haben, sich um die Prozesse eigenverantwortlich zu kümmern“, so Hüther. Vielleicht begreife man endlich, dass Leistung nicht dadurch erreicht wird, dass man Leute peitsche. „Hochleistung erreichen Unternehmen heute nur, wenn ihre Mitarbeiter mit Lust zu Werke gehen“, weiß Hüther. Es müsse einem bei der Arbeit gut gehen, um sich einzubringen. „Die Zukunft unserer Unternehmen ist dort, wo es gelingt, das schöpferische Potenzial der Mitarbeiter zu entfalten.“ Dazu sei es unerlässlich, den Mitarbeitern als Subjekte zu begegnen.

Supportive Leader

Wenn Führungskräfte alles dafür tun, um ihre Mitarbeiter in die Kraft kommen zu lassen, sei das ein Abschied von tradierten Machtstrukturen. Die Führungskraft werde im Tagesgeschäft unnötig. „Unnötig zu sein, halten jedoch die wenigsten Führungskräfte aus“, erlebt Hüther immer wieder. Führungskräfte müssten sich entscheiden. „Entweder steuern sie ihre ‚Mitarbeiter-Objekte‘ und pushen sie mit immer größerer Kraft in Richtung Zielvereinbarung“, beschreibt Hüther die eine Option. „In dem Fall werden die Mitarbeiter niemals ihre schlechten Lernerfahrungen überlagern können.“ Höchstleistungen seien in diesem Rahmen nicht zu erwarten. Oder Führungskräfte nutzten ihre Kraft, um ihre Mitarbeiter einzuladen, ihre ureigenen Fähigkeiten einzusetzen und sich weiter zu entwickeln, um das Unternehmen nach vorn zu bringen. „Wenn eine Führungskraft als sogenannter Supportive Leader agiert, dann kann sie entdecken, was Führung wirklich heißt – nämlich, sich im Gelände umzuschauen, das Team zusammenzuhalten und dem Ganzen eine Richtung zu geben“, stellt Hüther in Aussicht.

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2 Kommentare
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Fritz Iversen

Im Prinzip richtig, geht aber am wesentlichen Punkt vorbei. Wenn Führungsarbeit zentral auf Lob und Tadel aufgebaut ist (und ich habe das selbst erlebt, das ist wohl eher Standard als selten), dann verwandelt sich die Frage nach den Ursachen in eine Schuldfrage, d.h. die Frage nach den Ursachen wird viel zu früh personalisiert.
Die Menschen haben offenbar eine unüberwindbare Neigung, alles Mögliche sich so zu erklären, dass jemand die persönliche Schuld trägt – vermutlich weil es so einfach ist. Witzigerweise ist das bei diesem Artikel selbst auch wieder zu besichtigen: „Schuld“ an der rückständigen Führungsweise sind hier die Führungskräfte. Damit bleiben die Ursachen unbetrachtet. Wenn Mitarbeiter Ziele (die Hoffnungen des Managements) nicht erreichen, muss man fragen: Wo lagen die Ursachen? Ist die Konkurrenz wettbewerbsstärker? Fehlte es an Ressourcen? War die Strategie falsch? Waren die Ziele illusorisch? Wurde schlecht kommuniziert? Fehlten uns die richtigen Tools? Etc.
Erst wer alle Fragen stellt, kann dann auch fragen: Waren eventuell einzelne Mitarbeiter nicht gut oder nicht engagiert genug? Und warum?
Genauso muss man Führungskräften nicht einfach unterstellen, bei ihnen als Person läge der Fehler. Vielleicht liegt der Fehler schon in Controlling-Strukturen, in KPIs, in fehlendem Investitionskapital, in mangelndem Feedback, in der Abhängigkeit von einer Muttergesellschaft (sehr häufig) etc.
Im Grunde ist es ganz einfach: Man sollte grundsätzlich nur loben. Und wenn man mal nicht loben kann, sollte man sich fragen, wo genau etwas schief gegangen ist.

Antworten
Mike Winter

Sehr guter Artikel,
mit diesem Vorgehen arbeite ich schon seit Jahren erfolgreich. Jede Führungskraft kann das in ihrem eigenen Dunstkreis umsetzen. Ich sehe keine große Abhängigkeit zu Unternehmensstrukturen und Muttergesellschaften, es sei denn die kulturellen Bedingungen lassen das nicht zu. Dann ist man wahrscheinlich im falschen Unternehmen. Und nur Loben wäre mir viel zu wenig. Konstruktive Kritik im vertraulichen Dialog gehört nach meinem Dafürhalten mit dazu.

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