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Interview
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Business-Lion: „Unsinn auf Fotohintergründe zu schreiben, ist die leichteste Übung!“

Für Business-Coaches sind sie wie Bibelverse: Motivationsfloskeln! Der Instagram-Account „Der Business-Lion“ verarscht sie gekonnt satirisch. Wir haben mit dem Mann dahinter ein paar ernste Worte gesprochen.

5 Min. Lesezeit
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Christoper Strutz hat den Instagram-Account „Der Business-Lion“ ins Leben gerufen. (Foto: Privat)

Inhalte prägnant auf den Punkt zu bringen, sei zwar etwas Gutes, erklärt uns Christopher Strutz im t3n-Gespräch. Jedoch beobachtet er, dass viele Aussagen – in Verbindung mit emotionalen Fotohintergründen – oft mehr Pathos enthalten, als ernstzunehmende Weisheiten. Der 36-Jährige nimmt deshalb sogenannte „Motivational Statements“, die im Netz viel Reichweite erzeugen, aufs Korn.

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Der Berliner betreibt den Instagram-Account „Der Business-Lion“, der sich nicht nur satirisch an den Motivationsfloskeln vieler Business-Coaches abarbeitet, sondern ihnen damit auch den Spiegel vorhält. Wir haben den Account im Rahmen eines Fundstücks bereits thematisiert. Im Gespräch mit Strutz erfahren wir mehr über seine Motivation und wie es zu dem Side-Projekt kam.

Instagramer verarscht Business-Coaching-Szene

Du kannst es schaffen! Der Business-Lion nimmt Motivationsfloskeln aufs Korn. (Grafik: Smartmockups / t3n)

t3n: Der „Business-Lion“ nimmt in Social Media kursierende Motivational-Statements aufs Korn. Ist Motivation etwas, das du ablehnst?

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Christopher Strutz: Motivation per se abzulehnen, wäre ja Quatsch. Ohne die würde ja keiner von uns irgendetwas zustande bringen – ab und zu braucht man schon ein paar aufmunternde Worte oder ein Lob. Was ich aber wirklich nicht verstehen kann, ist, wie sich jemand allen Ernstes von einem Satz wie „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“ angespornt fühlen kann. Motivation muss doch eigentlich auf einer sehr individuellen Ebene stattfinden, bei mir jedenfalls.

t3n: Was sagt das über die Menschen aus, dass solche Plattitüden auch und vor allem in sozialen Netzwerken dermaßen erfolgreich sind?

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Wenn man einen komplexen Sachverhalt einfach, kurz und pointiert darstellt, ist das eigentlich immer erfolgreich. In den sozialen Netzwerken haben die wenigsten Menschen, wirklich Lust, lange Texte zu lesen – auch wenn sie anderes behaupten. Und so teilen die einen eben Hauck-&-Bauer-Cartoons, andere Böhmermann-Tweets und wieder andere Zitate aus „Der kleine Prinz“. Ich glaube, das ist in erster Linie eine Geschmacksfrage.

t3n: Woraus schöpfst du denn deine Motivation?

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Ich mache die Posts für den Business-Lion zusammen mit einem guten Freund. Wir haben uns häufig echt blöde Statement-Posts zugeschickt, über die wir so im Alltag gestolpert sind, um uns darüber lustig zu machen. Es gibt auch einen witzigen Visual-Statement-Generator, der völlig willkürlich Satzbausteine auf tolle Fotohintergründe montiert, mit dem wir uns stundenlang gegenseitig genervt haben. Dabei ist uns aufgefallen, dass man den Sinn einer Aussage deutlich weniger hinterfragt, wenn sie hübsch gestaltet ist. So als ob dir jemand mit bierernstem Gesicht und großem Pathos richtigen Unfug erzählt.

t3n: War das die Geburtsstunde des Business-Lions?

Ganz genau. Da haben wir uns gedacht, das können wir auch. Unsinn auf Fotohintergründe zu schreiben, ist die leichteste Übung. Und dann wollten wir sehen, ob es außer uns noch jemand lustig findet. Unsere persönliche Motivation ist übrigens, uns gegenseitig zum Lachen zu bringen, indem wir versuchen, so haarscharf wie möglich an einer tatsächlich sinnvollen Aussage vorbeizutexten. Viele Menschen können darüber lachen. Inzwischen sind es über 100.000 Follower auf Instagram.

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t3n: Dort zeigt ihr Aussagen wie „Feuer fragt nicht, Feuer macht!“ oder „Wer scheitert, hat den Erfolg nie richtig gewollt!“. Diese Claims stammen aus eurer Feder, könnten so aber auch eins zu eins auf dem Einband eines Lebensratgebers stehen. Macht ihr euch nicht auch etwas über die Menschen lustig, die derartige Orientierungshilfen brauchen?

Natürlich tun wir das. Lustig machen bedeutet dabei allerdings nicht, dass wir diese Menschen geringschätzen. Schließlich braucht ja jeder von uns im Leben einmal die ein oder andere Orientierungshilfe. Ich würde auch nicht ausschließen, dass ich nicht selbst auch schon einmal ein Ratgeberbuch mit Gewinn gelesen hätte. Aber wie furchtbar wäre es denn, wenn man darüber nicht auch Witze machen könnte?

t3n: Warum bist du eigentlich nicht auf Linkedin mit deinen Inhalten? Wäre das nicht die perfekte Plattform, um der Business-Coaching-Szene öfter mal den Spiegel vorzuhalten?

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Ich war mit dem Business-Lion auf Linkedin – und zwar auf dringende Empfehlung der Kollegen von Agenturboomer. Ich habe das Projekt dann aber wieder abgeblasen und den Account offline genommen. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist es zeitaufwändig, mehrere Kanäle zu bespielen. Ich versuche ja nach wie vor allen Menschen, die mir was Nettes schreiben, auch nett zu antworten. Oder wenigstens ein Lebenszeichen zurückzuschicken. Und außerdem, und damit spreche ich wahrscheinlich für alle Menschen, nervt Linkedin wahnsinnig. Ich bin mir wirklich sehr unsicher, ob überhaupt irgendeine Form von Humor dort gut aufgehoben ist. Ich habe meinen privaten Account deshalb auch gleich mitgelöscht.

t3n: Wirst du von der Business-Coaching-Szene eigentlich angegangen? Oder kann sie über sich selber lachen?

Es gibt einen relativ bekannten Coach, dem ich immer mal wieder so ein bisschen ans Bein gepinkelt habe, weil ich das, was er macht, wirklich, wirklich ekelhaft finde. Bei dem gehts immer um Liebe, Dankbarkeit oder positive Energie. Irgendwann hat der in einem Intsagram-Post ernsthaft einmal damit geflext, dass er einem geflüchteten, arbeitslosen Iraker eine Ratenzahlung für eine 10.000-Euro-Coaching-Ausbildung bei ihm ermöglicht hat. Er hat sich dafür übertrieben als Wohltäter feiern lassen. Dazu muss man wissen, dass alle, die bei diesem Coach eine Ausbildung machen, am Ende eine saftige Provision abdrücken müssen, wenn sie später selbst Einnahmen erzielen.

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t3n: Das erinnert an den aktuellen Business-Coach-Clip von ZDF Magazine Royale.

Exakt. Im selben Atemzug hat er dann auch gezeigt, wie er einen neuen Porsche shoppen geht. Wie so ein Anti-Robin-Hood. Nimm es von den Armen und gib es den Reichen. Diese Darstellung meinerseits hat dem guten Mann allerdings gründlich missfallen und das hat er auch alle wissen lassen und mich anschließend blockiert. Aber das ist tatsächlich auch das einzige Mal bisher, dass das passiert ist. Die Szene ist, soweit ich das sehe, weder sehr humorvoll, noch selbstironisch. Die allermeisten denken einfach sie seien nicht gemeint. Alle anderen sind die unseriösen und blöden Coaches und über die kann man natürlich lachen.

t3n: Euer Erfolg ist ja schon bilderbuchartig. Unter euren Postings sind extrem witzige Bild-Text-Ideen zu finden. Man wird das Gefühl nicht los, ihr macht so etwas beruflich?

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Ja, das hast du völlig richtig beobachtet. Wir kommen beide aus der Werbung und der Business-Lion ist ein ganz gutes Ventil für den ganzen kreativen Überschuss, für den keiner unserer Kundinnen und Kunden wirklich Geld ausgeben möchte.

t3n: Wie geht ihr bei der Konzeption neuer Inhalte vor?

Meistens reicht es, einfach mal 15 Minuten das Handy beiseite zu legen und vom Rechner aufzustehen. Das so entstehende Vakuum im Kopf füllt sich dann ganz von alleine mit Unsinn. Wir haben allerdings gemerkt, dass es tatsächlich einfacher wäre, einen Blog mit ernst gemeinten Motivationsbeiträgen zu schreiben. Sehr oft schreibt einer von uns dem anderen nämlich eine Postidee und bekommt als Antwort: „Ja, und? Stimmt doch!“

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t3n: Also können wir damit rechnen, dass ihr bald die Seiten wechselt?

Ein alter, weißhaariger und sehr weiser Händler in einer dunklen Seitengasse in Marrakesch hat mir einmal geraten: „Verrate niemals und unter keinen Umständen deine Pläne. Es sei denn, du wirst nett gefragt.“ Und daran halte ich mich bis heute sehr gerne. Die einfache Antwort ist also: Nein, niemals!

t3n: Danke dir für deine Zeit!

Business Lion: 19 Postings, die dich zum lachen bringen

Business Lion: Instagramer verarscht Business-Coaching-Szene Quelle: Instagram: Business Lion

(Dieser Beitrag ist von uns erneut veröffentlicht und um neue Information erweitert worden.) 

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Dein t3n-Team

Mike

t3n, ihr jubelt das Ding extrem hoch. So einzigartig oder kreativ ist das nun wirklich nicht, was da gepostet wird. Bekommt ihr Geld dafür?

Antworten
Andreas Weck

Ist die Frage ernstgemeint oder soll sie nur provozieren?

Gruß, Andreas Weck

Antworten
Hendrik

Würde mich auch interessieren, wieso feiert ihr diesen Account so ? Liest sich einfach wie PR.

Andreas Weck

Ok, dann will ich darauf mal eingehen, denn anscheinend gibt es hier gravierende Schwächen im Rahmen eurer Medienkompetenz. Zum einen sind bezahlte Stücke bei uns gekennzeichnet als „Sponsored Post“. Das Format steht über der Überschrift, damit es auch jeder sieht, lieber Mike. Wir haben da sehr klare Regeln und weichen davon auch nicht ab. Selbst bei bezahlten Artikeln, die so gekennzeichnet sind, ist jedoch immer ein Service-Redakteur an Bord, damit Stücke eben nicht wie PR wirken, sondern nutzwertig sind. Zum PR-Vorwurf an sich, von dir, Hendrik, hast du schon mal PR-Stücke gelesen, die den darin thematisierten Menschen oder das Unternehmen mit einer kritischen Frage konfrontiert haben? („Machst du dich hier nicht auch lustig über Menschen?“, „Hast du ein Problem mit Motivation?“, „Kann eine ganze Branche falsch liegen?“) Ich versuche hier einfach über das Thema der Motivationstafeln mit Christopher zu sprechen als auch über seinen Account an sich. Immer wechselseitig.

Ich kann es ja verstehen, wenn euch der Account nicht anspricht. Aber deswegen muss man nicht die Arbeit der Menschen, die sich im Rahmen dieses Artikels treffen und reden, schlecht machen. „Gekaufter Artikel“, „PR“ – das hier ist weder das eine noch das andere. Eine Kritik a la „Mich spricht der Account nicht an. Ist nicht mein Humor.“ wäre sachlich gewesen.

Ich hoffe, mein Antwort hat Licht ins Dunkle gebracht.

Gruß, Andreas

Gab

Ehhh … ich hätte gerne den Link zum Visual-Statement-Generator :D

Antworten
Ein Business Lion Fan

… und als die Welt ihn am meisten brauchte, verschwand er.

Antworten

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