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Hat Amazon seinen Zenit erreicht?

Amazon wird nicht mehr als unschlagbar betrachtet, vielleicht wird Amazon ja gar das Facebook der E-Commerce-Welt: Alt, unsexy, aber irgendwie unkaputtbar?

Von Jochen G. Fuchs
4 Min. Lesezeit
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Der Mythos Amazon bröckelt langsam in den Köpfen. (Grafik: © RomoloTavani - iStock.com/Amazon Montage: t3n)

Einer der interessantesten Eindrücke aus der spannendsten E-Commerce-Konferenz des Jahres, der K5 in Berlin, ist ein spürbarer Stimmungsumschwung in der Branche. Auch wenn Amazon in diesem Jahr wie üblich nahezu omnipräsent war und in vielen Vorträgen erwähnt wurde, wird der Branchengigant nicht mehr ausschließlich in der Rolle des unbesiegbaren Marktführers betrachtet. Das zeigte schon das Motto „Peak Amazon“, das mit der Andeutung spielte, dass Amazon seinen Zenit erreicht haben könnte.

Amazon in einzelnen Kategorien schlagbar

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K5-Gallionsfigur Jochen Krisch hatte schon vor dem Event angesichts des sinkenden Wachstums der Amazon-Handelssparte davon gesprochen, dass jetzt erstmals Unternehmen Amazon schlagen können, angesichts dessen Wachstumsrate im ersten Quartal 2019 von 9,5 Prozent (nicht währungsbereinigt).

Hat Amazon seinen Zenit erreicht? Die Frage ist interessant, denn nach dem Zenit folgt unweigerlich ein Abstieg. Das Sinken der Handelsumsätze ist das eine Thema, die noch unbesetzten beziehungsweise noch mangelhaft besetzten Produktkategorien das andere.

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Die Kategorien Fashion und Food sind dafür Beispiele: Online-Lebensmittel, wo mit Picnic ein holländisches Unternehmen auch in Deutschland an Amazon vorbeizieht und alle Mitbewerber im jeweiligen Einzugsgebiet abhängt. In den ersten sechs bis zwölf Monaten zieht Picnic durchschnittlich 25 Prozent der Haushalte an sich. Während Amazon noch den perfekten Online-Lebensmittelverkauf baut, ist Picnic längst im Massenmarkt angekommen. Der ehemalige CEO des führenden Online-Lebensmittelshops Leshop in der Schweiz warf aber gleich ein Menetekel an die Wand und warnte die Offline-Lebensmittelhändler davor, von Amazons Scheitern auszugehen und selbst nicht weitere Konzepte zu entwickeln. Der Experte sieht den Erfolg von Amazon im Lebensmittelhandel als sicher an.

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About You erklärt sich auf der K5 zum größten Fashion-Media-House in Europa und schlägt damit eigenen Angaben zufolge Instyle, Cosmopolitant, Elle oder die Glamour jeweils um mehr als das doppelte an Reichweite. About You schafft mittlerweile nicht nur große Festivals wie Pangeo, der Berlin Fashion Week für Endkunden, sondern auch wiederkehrende Fernseh-Events und wöchentliche Formate wie das neue Fashionduell. About You will den Samstagseinkaufsbummel ersetzen, sagte Mitgründer Tarek Müller auf der Bühne. Fest steht, dass Amazon weit davon entfernt ist, so attraktiven Content zu liefern und Kleider so zeitgemäß zu präsentieren. Verschiedene Stimmen betitelten auf der K5 die Amazon-Website als langweilige Katalogseite mit 90er-Jahre-Charme.

Branchenexperte Alexander Graf von Kassenzone.de warf im Abschlusspanel des ersten Tages dann gar die These auf, dass Amazon niemals ein mobiler Player werden wird, wie es beispielsweise Wish sei. Dazu sei Amazon mittlerweile zu sehr mit Legacy-Infrastruktur gesegnet – ein Seitenhieb aus der Shoptech-Branche, Graf ist auch Geschäftsführer beim Hersteller des E-Commerce-Frameworks Spryker.

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Amazon wird niemals ein mobiler Player?

Tatsächlich ist Amazons Katalog sehr technokratisch, die junge Generation lässt sich lieber inspirieren, statt sich durch Filter, Listen und Kategorien zu wühlen. Manchmal gelangt der Kunde bei Amazon stattdessen auf Website-Bereiche, die Zeitreise-Feeling verbreiten und den Besucher direkt in vergangene Jahrzehnte katapultieren.

Die Amazon-Website könnte einst das Schicksal von Facebook ereilen. Wer heute mit Jugendlichen spricht, wird feststellen, dass zwar Facebook vorhanden ist, aber eher als das alte, unattraktive Netzwerk der Eltern angesehen wird. Man hat es, findet es aber nicht sexy. Dafür gibt es Snapchat, Tiktok oder wenigstens Instagram.

Ob Amazon ganz außen vorbleiben wird, dürfte zu bezweifeln sein. Gerade hat Amazon mit Stylesnap eine Art „Shazam für Mode“ herausgebracht. Amazon mag im Infrastrukturbereich besser aufgestellt sein als im fancy GUI-Design, es reicht aber, um das auf deep- und machine-learning-basierende Stylesnap zu entwickeln. Amazon wird wohl nicht daran scheitern, zusätzliche, gefällige mobile Use-Cases zu entwickeln. Notfalls per Zukauf, wenn das Know-how und der Mindset dafür nicht ausreichend vorhanden sein sollten.

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Stylesnap: Mit einer Art Shazam für Mode könnte Amazon die Art und Weise, wie man online Kleidung kauft, verändern. (Bild: Stanisic Vladimir / Shutterstock)

Aber auch diese These zu Amazons mobilen Fähigkeiten zeigt, wie der Mythos Amazon in den Köpfen bröckelt.

Mehr Direktverkauf, trotz dass Amazon den Kundenzugang besitzt?

Daran, dass Amazon noch für lange Zeit den Zugang zu einem Großteil der Kunden in der Hand hält, wird sich erst mal nichts ändern.  Während Westwing auf der Bühne deshalb sehr eindringlich davon sprach, dass Marken und Hersteller unbedingt beginnen müssen, direkt an den Endkunden zu verkaufen, sprach Graf eher generell davon, dass beim Verkauf über Plattformen wie Amazon Hersteller einen Weg finden müssen, einen eigenen Zugang zum Kunden zu bekommen. Beispielsweise durch digitale Dienste, die der Kunde beim Hersteller für ein bei Amazon erworbenes Produkt aktivieren kann.

Hintergrund: Amazon transformiert seine Plattform

Dass Amazons Handelssparte Umsatz „verliert“, hat einen handfesten Grund. Amazon hat in den letzten Wochen Lieferantenverträge (Vendoren) beendet, diese damit quasi zu Händlern gemacht, die ihre Ware nicht mehr an Amazon verkaufen, sondern unter eigener Verantwortung auf dem Marktplatz. Das ist eines der vielen Anzeichen dafür, dass Amazon seine eigene Handelssparte zurückfährt und den Handel mehr zu den Händlern auf den Marktplatz verlagert. Dadurch sinkt zwar die eigene Handelssparte, aber nicht das Handelsvolumen. Banal ausgedrückt sagt sich Amazon im Moment: „Wozu selber Waren mit sieben Prozent Marge verkaufen, wenn wir von Händlern 15 Prozent Provision einsammeln können?“ Der Marktplatz wächst aber weiterhin ungebremst und wird jetzt vermutlich noch schneller wachsen.

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Der Zenit, den Amazon hier erreicht hat, kann also auch nur ein „Hillary Step“ sein, das letzte ernsthafte Hindernis auf dem Weg zum Gipfel des Mount Everest des Handels.

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sodenn

Den Großteil der Umsätze machen sowieso die Marktplatzhändler. Und diese hat Amazon schäbig behandelt. Dazu das Sprachengewirr bei den Artikeln. Gemacht wird nichts dagegen und wenn man was mitteilt, soll man die ganze Arbeit machen, sprich Zeit verlieren mit Nachweisen und Erklärungen, da der Service nicht immer helle ist, es wird eventuell geändert und 3 Tage später wieder überschrieben. Wenn ein Kunde einige Male nichts sinnvoll findet, war es das eben. Dann bleiben nur noch die Freaks, die nur in der Amazon Welt agieren.

Da es mittlerweile genug Seiten gibt, um Kontakte mit potentiellen Kunden zu bekommen, erübrigt sich Amazon mehr und mehr, was auch gut so ist. Dazu kann man bestehende Kunden pfegen, was meist deutlich günstiger ist als Amazon mit Grundgebühr + Provision + Umsatzsteuer.

Wir haben die Artikelanzahl halbiert und nehmen jeden Artikel, bei dem es Probleme mit Beschreibung, Bild, … gibt, raus.

Geschadet hat das nicht. Eher das Gegenteil. Es sollten nur mehr Händler endlich mal zuerst den eigenen Shop und das Angebot dort pflegen und dann eventuell Amazon und Co. dazu nehmen. Bis Amazon das merkt in der eigenen Selbstherrlichkeit dürften Jahre vergehen.

Untergehen wird Amazon sicher nicht, aber vielleicht erkennt man, dass man nicht allmächtig ist.

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