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Interview

N26: „Deutschland ist ein Vorbild für unsere Märkte weltweit“

Die Digitalbank N26 zählt zu Deutschlands bekanntesten Startups und ist inzwischen auch im Ausland auf Expansionskurs. Wir haben exklusiv mit Deutschland-Chef Georg Hauer über die Pläne des Unternehmens gesprochen.

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Georg Hauer, General Manager Nordeuropa bei N26 (Foto: N26)

Es gibt zurzeit viele Themen, die man mit der Digitalbank N26 besprechen kann: Da ist der Start in den USA und die kürzlich verkündeten Kündigungen – immerhin das erste Mal, dass das erfolgreiche Banking-Startup überhaupt betriebsbedingt kündigt –, da ist der Rückzug etwa aus Großbritannien nach dem Brexit, aber auch die Sicherstellung der Erreichbarkeit beim Kundenservice – und nicht zuletzt der Börsengang, über den ja schon seit Langem spekuliert wird. Wir haben exklusiv mit Georg Hauer, dem General Manager DACH von N26, gesprochen und ihn zur Zukunft der Challenger-Bank befragt.

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t3n: N26 ist in den USA erst vor einigen Monaten an den Start gegangen. Wie lief dort der Start und wo steht ihr jetzt?

Georg Hauer: Wir sind mit dem Start in den USA sehr zufrieden. Nach fünf Monaten hatten wir bereits 250.000 Kunden. Wir sind damit die erfolgreichste europäische Challenger-Bank in den USA, was die Kundenzahl betrifft. Die USA sind als größter Bankenmarkt weltweit für uns natürlich besonders interessant – vor allem auch deswegen, weil die Kundenbedürfnisse im Vergleich zu Europa sehr ähnlich sind, gleichzeitig aber das Angebot anderer Banken in Sachen Bequemlichkeit sehr gering ist. Klassische Überweisungen kosten dort teilweise extra und dauern sehr lange. Da wollen wir als Digitalbank natürlich eine Alternative anbieten. Beispielsweise erhalten unsere Kunden ihre Gehaltsüberweisung bereits zwei Tage früher als sonst üblich.

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t3n: Dennoch habt ihr euch jetzt von einigen Mitarbeitern getrennt. Das sind die ersten betriebsbedingten Kündigungen überhaupt für N26. Wie kommt das gerade in einem Markt, den ihr als entscheidend für euer Geschäft verstanden wissen wollt?

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Durch Covid-19 haben sich die Anforderungen an einige Tätigkeiten verändert oder waren durch die temporären Büroschließungen nicht mehr möglich. In Europa haben wir daher gemeinsam mit rund 150 unserer Mitarbeiter, unter anderem im Office-Management und Office-IT, eine temporäre Kurzarbeit vereinbart, wobei die meisten Personen ihre Arbeitszeit auf rund 60 bis 80 Prozent ihrer normalen Arbeitszeit reduziert haben. Unser Ziel ist es, die Mitarbeiter nach der Erholung der europäischen Wirtschaft wieder an Bord zu holen. In den USA war dieser Weg so leider nicht möglich. Daher haben wir uns dazu entschieden, die betroffen Funktionen zu konsolidieren. Das bedeutete leider auch, dass wir uns von neun Mitarbeitern trennen mussten. Wir werden diese Teammitglieder aber weiter unterstützen und haben ihnen eine Gehaltsfortzahlung sowie eine verlängerte Krankenversicherung garantiert, die deutlich über dem US-amerikanischen Durchschnitt liegen. Unabhängig davon bleiben die USA weiterhin einer unserer weltweit wichtigsten Kernmärkte. Wir werden unser US-Team auch in Zukunft weiter ausbauen.

t3n: Was hat sich in den USA denn durch die Coronakrise verändert, was bei uns?

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Grundsätzlich hat der Lockdown in den USA wie auch bei uns erst einmal eine Reduktion des Konsums zur Folge. Gleichzeitig gibt es aber auch einen starken Trend in Richtung Onlinehandel. Menschen geben jetzt weniger im stationären Handel aus, dafür aber mehr im E-Commerce. Bei unseren Kunden sehen wir einen Trend hin zu mehr kontaktlosem Bezahlen – das ist in den USA, wo die Kunden seit jeher kartenaffiner sind als bei uns, so nicht zu beobachten.

t3n: Ist es aktuell schwieriger, Neukunden zu gewinnen?

Nein, aber der Wachstumsfokus ist je nach Land unterschiedlich. In Deutschland, Österreich und Frankreich kennt man uns inzwischen, und wir sind als moderne Alternative zur traditionellen Bank gesetzt. Hier geht es daher in erster Linie um die stetige Fortentwicklung des Produktportfolios. Woanders, etwa in den USA, fokussieren wir uns auf die wachsende Markenbekanntheit. Dort geht es für uns als Challenger-Bank noch eher um Aufmerksamkeit – vor allem außerhalb der Großstädte wie New York oder San Francisco. Unser Ziel ist es, den gesamten landesweiten Markt zu gewinnen. Eine große Parallele gibt es aber zwischen den Märkten – beim Weg, wie unsere Kunden zu uns kommen, nämlich über Empfehlungsmarketing. In den meisten Märkten kommen rund zwei Drittel über Empfehlungen anderer Kunden zu uns. Sogar in etablierten Märkten wie Deutschland sind es noch mehr als die Hälfte. Das ist ein schönes Indiz dafür, dass wir vieles richtig machen und nicht nur die Unterstützung der Kunden haben, sondern die Kunden die Vorteile des Produkts gleich aus erster Hand erklärt bekommen. Deswegen geht ein Großteil unserer Investitionen ins Produkt und nicht ins Marketing. Unser Marketingansatz ist also anders, als man es von vielen traditionellen Unternehmen kennt.

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t3n: Was unterscheidet denn die Bankenwelt für eine Digitalbank in den stark regulierten westlichen Märkten zu denen in den Emerging Markets?

Weltweit sind die Grundbedürfnisse zwar ähnlich – alle Menschen wollen Transparenz über ihre Finanzen haben – aber das bisherige Angebot unterscheidet sich. Unser Ziel ist es, ein Produkt zu schaffen, das überall auf der Welt funktioniert. Unser erster Schritt in die Schwellenländer wird Brasilien sein. Wir sehen dort eine starke Mittelschicht, die ähnliche Banking-Bedürfnisse hat wie die Kunden der westlichen Industrieländer. Wir sehen aber auch, dass ein großer Anteil der Bevölkerung bislang noch keinen vollwertigen Banking-Zugang hatte und hier ein großer Bedarf nach mobilen Angeboten besteht. Übrigens ist in Brasilien die Verbreitung von Mobile Banking höher als in vielen westeuropäischen Ländern. Viele Menschen, die weit weg von einer Bankfiliale leben, sind dank Smartphone-Banking auf einmal mittendrin – das ist natürlich auch relevant für Europa. Denn seien wir ehrlich: Die vielen Bankfilialen in Deutschland muss der Kunde bezahlen, auch wenn er sie immer seltener nutzt – das realisieren die Menschen zunehmend.

t3n: Du hast kürzlich gesagt, dass ihr das weltbeste Produkt im Banking bauen wollt. Damit lehnt ihr euch angesichts der wachsenden Zahl an Challenger-Banken weit aus dem Fenster. Welche Features oder welche Themen in Sachen Funktionalität habt Ihr auf der Agenda?

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(Foto: N26)

(Foto: N26)

Wir entwickeln unsere Produkte in Berlin (unser Hauptstandort), in Barcelona, Wien und New York. Für uns geht das in zwei Richtungen: Wir wollen einerseits traditionelle Bankprodukte neu denken und mit einer besseren, schnelleren und vollkommen digitalen User-Experience entwickeln. Wir wollen aber auch die bestehenden Funktionen sukzessive auf alle Märkte ausrollen. Unsere Funktionen haben in Deutschland schon viele der Kunden dazu bewogen, N26 zu ihrem Hauptkonto zu machen und das wünschen wir uns natürlich auch in anderen Märkten. Deutschland ist hier für uns eine Blaupause, ein Vorbild, wohin sich unsere anderen Märkte entwickeln können.

Die zweite wichtige Richtung ist: Wir wollen es einfacher machen, Finanzen mit Familie und Freunden gemeinsam zu managen. Beispielsweise Rechnungen oder gemeinsame Einnahmen und Ausgaben zu teilen –  Shared Banking sozusagen. Das wird aus unserer Sicht immer wichtiger werden und in Zukunft irgendwann ganz normal sein. In der Vergangenheit war es mit einem hohen manuellen Aufwand und komplizierten Verträgen verbunden, wenn man Gemeinschaftskonten führen oder Rechnungen teilen wollte. Heute kann man bei N26 ein Gemeinschaftskonto mit nur zwei Klicks eröffnen. Das funktioniert so einfach wie die Erstellung einer Whatsapp-Gruppe. Das ist ein weiterer Schritt bei unserer Mission, Banking einfacher und flexibler für Millionen von Menschen weltweit zu machen.

t3n: Viele Fintechs setzen auf datengetriebene Services zur Effizienzsteigerung oder um zusätzliches Geschäft zu generieren. Ist das für euch ein Thema?

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Zunächst einmal: Die Daten unserer Kunden geben wir nicht extern weiter – das versteht sich von selbst. Datenschutz ist für uns als regulierte Bank ein hohes Gut. Wir nutzen Daten, um unseren Kunden eine bessere Transparenz über ihre persönlichen Finanzen zu geben – beispielsweise über eine automatische Kategorisierung der Ausgaben. Wir sehen ein großes Bedürfnis nach mehr Kostenkontrolle.

t3n: Ihr habt euch lange auf die Privatkunden fokussiert, allenfalls noch Freiberufler anvisiert. Viele andere Challenger-Banken sehen aber gerade die Businesskunden als Zielgruppe, mit der sich durch zusätzliche Services Geld verdienen lässt …

Das ist richtig – bisher wenden sich unsere Kontenmodelle an Privatpersonen und Solo-Selbstständige. Langfristig können wir uns Businesskonten für Unternehmen aber sehr gut vorstellen und forschen deshalb bereits in diesem Bereich. Aber wir machen heute auch bereits mit Privatkunden einen sehr nachhaltigen Umsatz. Während das traditionelle Retail-Banking in der Vergangenheit sehr auf Einlagen fokussiert war, wurde N26 bereits in Zeiten der Niedrigzinsen gegründet – daher haben wir uns anders aufgestellt. Das ist heute ein Vorteil, weil wir ein Geschäftsmodell aufgebaut haben, das nicht von Zinserträgen abhängig ist.

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t3n: Geld verdienen ist ein gutes Stichwort: Womit verdient ihr euer Geld und wie soll sich das in Zukunft verändern?

Wir verdienen unsere Erlöse über die Interchange-Gebühren, über Zusatzangebote wie unsere Premium-Konten sowie über den Kreditbereich. Hinzu kommen Produkte, die wir mit Partnerunternehmen anbieten, zum Beispiel N26 Savings. Für uns ist wichtig, dass wir nicht von einem einzelnen Faktor abhängig sind, sondern dass alle diese Bereiche in ihrer Gesamtheit funktionieren und möglichst nachhaltige Umsätze erbringen. Derzeit wächst insbesondere unser Premium-Segment sehr stark, weil wir neue Produkte wie Business You anbieten – und weil wir sehen, dass immer mehr Kunden zwar bereit sind, für ein Bankkonto zu bezahlen, aber dafür auch mehr erwarten, als sie aktuell bei einer traditionellen Bank dafür bekommen.

t3n: Laut Medienberichten führt ihr zurzeit Gespräche für die Besetzung einer gesonderten CFO-Stelle. Bedeutet das, dass der Börsengang in erreichbare Nähe rückt oder was steckt dahinter?

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Ja, wir werden tatsächlich die Position des Chief Financial Officers (CFO) neu besetzen, die bisher direkt von Maximilian Tayenthal, dem Co-Founder von N26, ausgeübt wird. Wir haben schon mit verschiedenen erfahrenen Kandidaten gesprochen und sind aktuell weit fortgeschritten. Die stetige Weiterentwicklung des Executive-Teams bleibt für uns natürlich ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wir haben in den letzten zwei Jahren ja schon gezielt in erfahrene Führungskräfte investiert. Die Managementstruktur der N26-Gruppe wird sich deshalb aber nicht ändern. Die beiden Gründer von N26, Maximilian Tayenthal und Valentin Stalf, bleiben weiterhin Co-Geschäftsführer mit Valentin Stalf als CEO.

t3n: Danke für das Gespräch.

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