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Kolumne

Warum die Debatte um New Work ein Problem hat

Der blinde Fleck vieler New Work-Debatten: Es gibt immer noch Menschen, die Bock haben, etwas zu reißen.

3 Min.
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Natürlich haben Menschen noch immer Lust, etwas zu erschaffen, New Work ändert daran nichts. (Foto: Shutterstock)

Die können nichts mehr ab, die wollen möglichst wenig arbeiten, die brauchen ständig Lob, die wollen nichts mehr reißen. So kann ich die Haltung von Menschen zusammenfassen, die Beiträge zu New Work kritisieren. Das bedeutet: Die Debatte um New Work hat ein Problem. Es wird ein Bild transportiert, das den Menschen nicht gerecht wird.

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Leistung ist weder verboten noch aus der Mode gekommen. New Work ist kein schickes Label für Faulheit. New Work ist eine veränderte Organisationskultur, die Leistung und Leben in Einklang bringt.

Schauen wir uns an, warum Menschen ihren Job wechseln, dann stehen fehlende Leistungsanreize recht weit oben. Ebenso: fehlender Gestaltungsspielraum und starre Strukturen. Die Leute kündigen nicht, weil die Arbeit zu hart ist. Die Leute kündigen, weil die Bedingungen ihnen nicht erlauben, etwas zu reißen.

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Wandelt euch oder geht sterben

Ziel der New Work-Strategien ist es, die Leistung hoch zu halten. In traditionellen Strukturen ist das nicht länger möglich. Wir haben veränderte Bedingungen in unserer Gesellschaft: Männer kümmern sich um Kinder, Frauen arbeiten, Pflege wird ein Thema, die Leute haben wieder Bock, für ihre Nachbarn einzukaufen. Und die Gesundheit spielt eine Rolle: Niemand will an Arbeit sterben und wir wissen heute, dass das tatsächlich passiert.

Entweder passen sich die Arbeitsbedingungen den gesellschaftlichen Anforderungen an, oder die Menschen arbeiten woanders. Ja, das ist ein wenig: Friss oder stirb. Wandle dich oder stirb. Und ja, es ist so drastisch. Führungskräfte müssen das aushalten, zulassen und Impulse einbringen, die die Bedürfnisse des Teams mit den Anforderungen der Organisation zusammenbringen. Die Zeiten, in denen Leistung „trotzdem“ erbracht wird, sind vorbei. Denn das Narrativ, Erwerbsarbeit stehe über allem, hat seine Glaubwürdigkeit verloren.

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Schauen wir in die Debatten in sozialen Netzwerken, dann sehen wir zwei Extreme: die, die wollen und Wege aufzeigen (ihre Posts beginnen mit einem provokanten Satz, werden dann sehr mainstreamig aufgelöst und bekommen viele Likes). Und da sind jene, die der Bedrohung entgegentreten (wir finden sie in den Kommentarthreads und es kommt immer die Phrase „30 Jahre Berufsleben“ darin vor, oft auch der Begriff „naiv“). Extreme sind zwar nützlich, um Positionen aufzuzeigen. Aber sie werden uns nicht weiterbringen.

Die Arbeit muss in den Teams gemacht werden. Wer Positionen ins Internet schreibt, kann eine Revolution fordern. Wer sie aber vorantreiben will, der muss irgendwas tun. Leistungsorientiert zu denken ist dabei eine gute Idee. Aber „leistungsorientiert“ funktioniert heute anders als früher. Wer leistungsorientiert ist, der will noch immer etwas erreichen. Das Konzept wird aber nachhaltiger: Der Verschleiß von Körper, Psyche, Familie und Sozialleben ist als Kollateralschaden nicht länger akzeptiert.

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Übertreibt nicht so

Das Missverständnis von New Work und Faulheit resultiert auch aus übertriebenen Interpretationen. Jemand muss jeden Tag um 15:30 Uhr los? Er oder sie ist nicht faul. Dahinter stecken Lebensumstände. Geht doch mal vom Besten aus: Die Person hat sicherlich eine Erklärung – muss sich aber nicht rechtfertigen. Wer solchen Menschen die Freiheit gibt, gut zu arbeiten, schafft loyale Mitarbeitende, die richtig Bock haben. Win-win-win-win-win…

Das Gleiche gilt für Anerkennung, Wertschätzung, Entwicklungsmöglichkeiten. Die Leute wollen spüren, dass es gut läuft. Sie lechzen nach Erfolgen. Wer sie tatsächlich spürbar macht, schafft ein Arbeitsklima, das Spaß macht. Erfolg motiviert. Und ein: »Geile Leistung« ist ein Erfolg, weil nie nur die Sache zählt. Menschen sind keine Ressource, sie sind soziale Wesen. Und Anerkennung treibt soziale Wesen zu Leistung an. Das kann man doof finden oder verweichlicht, ändern lässt es sich nicht.

Widerstände gegen menschenfreundliche Arbeitsbedingungen kommen deshalb oft etwas weltfremd daher. Was der Mensch braucht, ist gut erforscht. Es ist billig zu haben. Wirklich viele Kritikpunkte an New Work-Anforderungen resultieren daraus, dass Kolleg:innen, die ein wenig anders ticken, das Schlechteste unterstellt wird.

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Stellt euch vor, ihr würdet ihnen das Beste unterstellen. Stellt euch vor, sie wären in eurem Team. Sie arbeiten nicht exakt wie ihr, sie wollen Dinge verändern. Lasst sie. Ihr könnt Dinge unterschiedlich handhaben. Dann zählt nämlich… nun. Die Leistung.

Von Kultur aus strebsam

Natürlich haben Menschen noch immer Lust, etwas zu erschaffen, New Work ändert daran nichts. Es liegt in unserer Kultur: Menschen erschaffen Dinge. Das Feuer, das Rad, das tragbare TENS-Gerät. Wir finden irgendwas doof und denken wir uns eine Lösung aus, homo inventi.

Die Kultur der Strebsamkeit ist so nah an unser Natur, dass keine Abkehr zu erwarten ist. Wir sehen keine Anzeichen dafür, dass sich die U30-Menschheit niederlegt und ihrem Lebensabend entgegen chillt. Veränderung mag sich anfühlen wie eine große Krise. Aber sie ist nicht mehr als das, was sie ist: Veränderung. Menschen wollen anders leisten. Das ist ihr Recht.

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