Number26: Die Girokonto-Revolution?

Ursprünglich wollte das von Springer finanzierte Startup Papayer, einer Kreditkarte für Teenager, durchstarten. Im August 2014 wurde Papayer jedoch eingestellt – und Number26 aus der Taufe gehoben. Number26 will „Europas modernstes Girokonto“ sein und den etablierten Banken das Geschäft madig machen.

Numbe26 möchte Europas modernstes Girokonto sein (Quelle: Number26)
Number26 adressiert eine riesige Zielgruppe – theoretisch
98,6 Millionen Girokonten gibt es in Deutschland, 54 Millionen davon werden online geführt. Das Girokonto ist essentiell, ohne Konto können wir kein Gehalt empfangen, keine Miete bezahlen oder einkaufen gehen. Das Girokonto ist die Aorta unseres finanziellen Lebens. Für die Banken ist es eine wichtige Schnittstelle zum Kunden, denn um eine Überweisung zu tätigen oder Geld abzuheben, kommt man zwangsläufig immer wieder mit seiner Hausbank in Kontakt. Und jeder Kontakt birgt die Möglichkeit, neue Produkte zu verkaufen. Darüber hinaus verdienen Banken am Girokonto Geld, sei es durch Kontoführungsgebühren, Überziehungszinsen oder Transaktionsgebühren.
Girokonten funktionieren alle mehr oder weniger gleich und Unterscheidungsmerkmale gibt es kaum. Punkten können Banken vor allem mit kostenloser Kontoführung, niedrigen Überziehungszinsen oder kostenlosen Zugaben wie einer Kreditkarte. Die Anzahl der Geldautomaten ist in Zeiten, in denen der Kunde Bargeld direkt an der Supermarktkasse oder beim Tanken abheben kann, nicht mehr so wichtig. Für welches Girokonto man sich entscheidet, liegt oft nur an den Sympathiewerten oder ist historisch bedingt. Je nach dem, bei welcher Bank die Eltern ein Konto hatten, entscheidet man sich auch für diese Bank und bleibt dort, bis der Deckel zu geht. Meistens zumindest.
Das Girokonto gehört nicht zu den Produkten, die einen vor Freude Luftsprünge machen lassen. Es ist langweilig und die etablierten Banken haben die letzten Jahrzehnte alles dafür getan, dass das auch so bleibt. Innovationen? Sucht man vergeblich. Das haben auch Startups wie Avuba oder Number26 erkannt und versuchen jetzt. das angestaubte Girokonto zu modernisieren.
Number26: Eine Bank die keine ist
Number26 ist keine Bank. Number26 ist das Frontend einer Bank, denn im Hintergrund werkelt die Wirecard, bei der der Kunde auch ein Konto eröffnet. Wirecard ist kein unbekanntes Unternehmen, wickelt es doch Zahlungen für viele Produkte ab – wie zu Beispiel bei den Mobile-Payment-Lösungen der Telekom oder Vodafone. Ob Wirecard im Endkundensegment ein Begriff ist, darf bezweifelt werden und so muss Number26 auf das Vertrauen der Kunden hoffen, denn so angestaubt das Girokonten traditioneller Banken auch ist, es ist seit Generationen etabliert.
Number26 will vor allem in Sachen Usability und beim Funktionsumfang punkten und man merkt, dass man sich viele Gedanken um eine optimale Nutzerführung gemacht hat. Die Eröffnung eines Kontos geht schnell und leicht von der Hand. Man verzichtet auf das PostIdent-Verfahren und setzt auf die Echtzeit-Identifizierung mit IDnow. Das Konto ist innerhalb weniger Minuten eingerichtet und wenige Tage später flattert die Number26-Kreditkarte ins Haus. Wo wir beim ersten Problem wären: Es gibt nur eine Kreditkarte, keine Girokarte, wie sie beim Debitzahlungssysteme Electronic Cash zum Einsatz kommt. Anders ausgedrückt: Bietet ein Händler keine Kreditkartenzahlung an, kommt man mit Number26 nicht weit. Bei uns in Deutschland ist das ein Problem.
Das Onlinebanking von Number26 bietet neben der automatischen Kategorisierung der Buchungen auch einfache Auswertungen an. Herausragend ist die MoneyBeam-Funktion, die ein einfaches Versenden von Geld ermöglicht. Der Empfänger muss dazu kein Konto bei Number26 haben, sondern kann das Geld nach Eingabe seiner Bankverbindung innerhalb von sieben Tagen abholen. Das ist zwar für den Empfänger nicht so komfortabel wie für den Versender, aber immer noch besser als IBAN und BIC auszutauschen. Die Apps sind wie das Webfrontend von Number26 aufgeräumt und bieten Push-Benachrichtigung bei ankommenden und abgehenden Buchungen. Der Supportbereich und auch die FAQ sind vorbildlich – und überhaupt steht der Endkunde im Fokus von Number26.

Number26 kommt mit einer Prepaid-Kreditkarte
Number 26 – vieles aber nicht alles richtig gemacht
Number26 hat vieles richtig gemacht, denn es bietet im Onlinebanking innovative Funktionen wie zum Beispiel das einfache Versenden von Geld oder die Push-Benachrichtigung bei Kontobewegung unter einer einfach zu bedienenden Oberfläche. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten – und der trübt den positiven Gesamteindruck. Number26 bietet keinen Dispositionskredit an, das heißt: ohne Guthaben keine Nutzung. Das minimiert für Number26 natürlich das Risiko, schränkt die Nutzung für den Endkunden jedoch ein.
Darüber hinaus bietet Number26 keine Girokarte an, was das Bezahlen in einigen Geschäften unmöglich macht. Für Wechselkunden bietet Number26 zwar einen Kontowechsel-Assistenten an, der besteht jedoch nur aus einem einfachen PDF. Das dürfte wechselwillige Kunden abschrecken, denn das Ändern der bestehenden Daueraufträge ist ein nicht zu verachtender Aufwand. Dass man das automatisieren kann, zeigt das Produkt „Kontoalarm“ von Aboalarm. Auch wenn man schlussendlich nicht von einer Revolution sprechen kann, zeigen die Jungs von Number26, in welche Richtung sich das Girokonto entwickeln wird – und es bleibt zu wünschen, dass der Weg der Fokussierung auf den Endkunden weitergegangen wird. Denn wenn die etablierten Banken eines verloren haben – dann den Blick auf den Endkunden.