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Diese OECD-Studie zeigt, wie groß der Gender-Pay-Gap in Deutschland ist

Frauen verdienen in Deutschland immer noch deutlich weniger als Männer. Das belegt eine OECD-Studie zum Gender-Pay-Gap. Die Ungleichheit steigt auf Managementebene. 

4 Min. Lesezeit
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Gender-Pay-Gap: Lohnungerechtigkeit zwischen Mann und Frau weiterhin hoch. (Foto: Shutterstock-Igor Stevanovic)

Angela Merkel hält den wohl wichtigsten Chefposten der Bundesrepublik inne, nämlich den der Bundeskanzlerin. „Fortschrittlich“, denken viele Menschen im Ausland. Ein Deutschland, in dem eine Frau an der Spitze der Politik steht, erweckt den Anschein, dass Chancengleichheit der Geschlechter groß geschrieben wird.

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Doch der Schein trügt: Im internationalen Vergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeigt sich, dass Frauen hierzulande immer noch 17 Prozent weniger verdienen als Männer und die Verdienstlücke damit unverändert groß ist.

Zum Vergleich: Der OECD-Durchschnitt liegt bei 14,3 Prozent weniger Gehalt für Frauen. Bei der Lohngerechtigkeit liegt Deutschland unter allen Industrie- und Schwellenländern damit nur im unteren Mittelfeld. Deutlich positivere Beurteilungen erhalten vor allem die skandinavischen Länder, aber auch Italien, Spanien oder Frankreich. Selbst Staaten wie die Türkei oder Slowenien sehen besser aus als die Bundesrepublik. Die OECD kritisiert, dass der Fortschritt in allen Ländern viel zu langsam sei.

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Familienbedingte Auszeiten hemmen Aufstiegschancen

In Deutschland stoßen Frauen laut den Forschern auf ihrem Karriereweg trotz guter Qualifikationen noch immer an eine „gläserne Decke“. Arbeitnehmerinnen schaffen es nur selten in die höchste Chefetage. Und selbst wenn sie es in eine leitende Funktion schaffen, bekommen sie im Durchschnitt 41 Prozent weniger Gehalt als ein Mann, wie der OECD-Report zeigt.

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„Frauen sind seltener in MINT-Berufen anzutreffen.“

Laut den Forschern hat das verschiedene Gründe: Als Karrierehemmnisse gelten vor allem familienbedingte Umstände. So tragen die Teilzeitquote von 37 Prozent bei Frauen sowie komplette Auszeiten vom Beruf die Hauptschuld daran, dass Arbeitnehmerinnen ab einem bestimmten Punkt im Leben nicht weiter aufsteigen. Es brauche weitere politische Maßnahmen, um auch Väter zu einer gleichgewichtigeren Aufteilung der unbezahlten Familienarbeit zu bewegen, so der Rat der OECD an die deutsche Politik. Nötig sei zudem der weitere Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder. Familie scheint weitestgehend noch Frauensache zu sein. Das verkürze die Karriereleiter.

Die OECD-Studie zeigt aber auch, dass junge Frauen heutzutage zwar überwiegend bessere Abschlüsse in der Schule und an den Universitäten erzielen als die männlichen Absolventen. Jedoch treten sie anschließend wesentlich seltener in die sogenannten MINT-Berufe ein. MINT steht für Mathematik, Ingenieurswissenschaften, Naturwissenschaften und Technik. Lediglich gut ein Drittel der Hochschulabsolventen in den MINT-Fächern sind weiblich. Berufe in diesem Bereich gehören jedoch zu den bestbezahlten Jobs. Stattdessen treibt es Frauen häufiger in Erziehungs-, Pflege- und Gesundheitsberufe, die wesentlich schlechter bezahlt sind.

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Die OECD hat den Gender-Pay-Gap in verschiedenen Ländern untersucht. (Screenshot: OECD)

Auch hier lautet ein Ratschlag an die Politik, dass Instrumente zur Anhebung des Lohnniveaus in sozialen Berufen installiert werden müssten, aber auch das Interesse der Frauen an technischen Berufen gefördert werden solle. Das Desinteresse ergebe sich häufig auch aufgrund vorherrschender traditioneller Rollen- und kaum vorhandener Vorbilder. Die OECD rät beispielsweise dazu, Mentoring-Programme und den Zugang zu beruflichen Netzwerken noch stärker zu fördern. Die Organisation nennt in ihrer Pressemitteilung zum Report Deutschland als eines der Länder, das versuche, diese Ungleichheit anzugehen. Private Organisationen wie Women in Digital, ein Frauennetzwerk, das von der Berlinerin Tijen Onaran ins Leben gerufen wurde, leisten dahingehend bereits erste Pionierarbeit.

Gender-Pay-Gap: Frauen tragen höheres finanzielles Risiko

Für Frauen ergeben sich im Laufe der Berufstätigkeit oftmals zwei Nachteile: Die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit hat zur Folge, dass das Risiko, mehr als 20 Prozent des Einkommens im Falle einer Scheidung einzubüßen, zweieinhalb Mal so hoch ist wie bei Männern. Zudem erklären kürzere Erwerbsbiografien mit vielen Unterbrechungen und begrenzten Aufstiegsmöglichkeiten auch die geringeren Renten von Frauen. Deutschland hat laut der OECD-Studie das größte Rentengefälle zwischen den Geschlechtern: Das staatliche Ruhegeld liegt bei Frauen nur halb so hoch wie bei Männern.

Auch das Statistische Bundesamt errechnet regelmäßig den Gender-Pay-Gap. Der lag bei Männern und Frauen im Jahr 2016 bei 21 Prozent. Die Berechnung ist in der Europäischen Union einheitlich geregelt und dient europaweit als Hauptindikator für die ungleiche Entlohnung von Männern und Frauen. Die Vorgaben von Eurostat schlössen bestimmte Beschäftigtengruppen bei der Ermittlung des Indikators aus, wie das Statistische Bundesamt auf seiner Website schreibt.

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Der Gender-Pay-Gap wird hierzulande auf Basis von 1,9 Millionen sozialversicherten Beschäftigten aus allen Branchen und Berufen errechnet. Die OECD-Studie basiert stattdessen auf dem Sozio-ökonomischen Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das die Daten von 12.000 Haushalten auswertet. Die Unterschiede in der Datenerhebung erklären auch die Unterschiede der Ergebnisse.

Was der bereinigte Gender-Pay-Gap beschreibt

Abgesehen von den beiden Werten gibt es aber auch den bereinigten Gender-Pay-Gap, der geringer ausfällt. Er ist um einiges komplizierter zu berechnen und wird daher nur alle vier Jahre erhoben. Zuletzt geschah das im Jahr 2014. Dafür vergleichen die Wissenschaftler die Löhne von Männern und Frauen, die gleichermaßen qualifiziert sind und einer vergleichbaren Tätigkeit nachgehen. Zuletzt lag der sogenannte bereinigte Gender-Pay-Gap hierzulande bei sechs Prozent.

Dieser Wert verdeutlicht, dass die Lücke bei den Gehältern der Geschlechter nicht nur auf strukturelle Unterschiede zurückzuführen ist. Der bereinigte Gender-Pay-Gap dient insofern auch dazu, diese unerklärte Einkommenslücke zwischen Mann und Frau, die auf Diskriminierung  beruhen könnte, noch direkter aufzuzeigen. Obwohl der bereinigte Gender-Pay-Gap niedriger liegt als der unbereinigte, ist keine der beiden Analysen irreführend oder gar falsch. Sie beschreiben lediglich andere Sachverhalte.

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Von echter Lohngerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ist Deutschland – bei aller Komplexität der Debatte – in allen drei Fällen noch weit entfernt. Es bräuchte gesellschaftliche Veränderungen insbesondere hinsichtlich der Rollenverteilung bei der Familienplanung und Kinderbetreuung, damit sich wirklich etwas tut.

 

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10 Kommentare
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Daniel Ukweli

„Echte Lohngerechtigkeit ist nur möglich durch gesellschaftliche Veränderungen insbesondere hinsichtlich der Rollenverteilung bei der Familienplanung und Kinderbetreuung“

Das sehe ich anders.

Ich finde Frauen und Männer sollten für die gleiche Arbeitsleistung auch gleich bezahlt werden – unabhängig davon, ob sie in Ihrer Freizeit Kinder betreuen oder nicht (was leider immer noch nicht der Fall ist).

Wenn hingegen jemand weniger arbeitet, weil er zu Hause noch Kinder betreut, dann verdient er natürlich auch weniger.
Und wenn das überwiegend Frauen tun, dann ist das – nach Absprache mit dem Partner – vollkommen OK und gefährdet die Lohngerechtigkeit in keinster Weise.

Ich bin ja dafür, viele Freiheiten zu schaffen, um Paaren es zu ermöglichen sich ungezwungen entscheiden zu können, wer sich wieviel um Haushalt und Kinder kümmert.
Aber das bedeute auch, dass es Lohngerechtigkeit geben muss, wenn sich die Mehrheit der Mütter (oder auch Väter) für die Einschränkungen im Berufsleben entscheidet.

Lohngerechtigkeit muss unabhängig von Familienplanung und Kinderbetreuung sein!

Mein Vorschlag:
Bezahlt die Mütter und Väter für ihre Kinderbetreuung.
Nicht nur die im Kindergarten, sondern auch für die zu Hause.

Dann ist der finanzielle Druck, keine Kinder zu bekommen bzw. sie überwiegend fremdbetreuen zu lassen, schon mal weg. Eltern sind somit finanziell unabhängiger voreinander und auch die Renten hängen nicht mehr von den Kinderbetreuungszeiten ab.

Außerdem wird damit die Leistung von Eltern mehr gewürdigt und vielleicht eine gesellschaftliche Veränderung angestoßen, dass Kinder und ihre Erziehung nicht mehr gegen die Karriere ausgespielt werden, sondern beides als gleichwertige Leistung anzusehen ist.

Antworten
Ribert Lirert

PayGap ist eine Lüge. Die Statistik ist verfälscht dargestellt.

Wenn alle Frauen unterbezahlt sind: Warum schmeissen die Unternehmen dann nicht alle Männer raus und stellen nur noch Frauen ein? Das wäre doch günstiger/wirtschaftlicher?

Damit wäre alles gesagt und wir können das Thema beenden.

Antworten
Hans-Christian Althauss

Quellen für Ihre Anschuldigungen?

Achso: Neutrale Quellen, bitte. Keine Mannpedia und Redpillscheiße.

ribert lirert

Quelle: OECD-Studie, die verlinkt wurde.
Es werden alle Einkünfte auf einen Haufen geschmissen. Das ist nicht vergleichbar.
Außer Acht gelassen wurden: Position, Arbeitszeit (Halbtags/Vollzeit), Urlaubstage, Qualifikation und viele andere Sachen die bei so einem Vergleich relevant sind.

Wie kann man so etwas ernst nehmen? Das ist doch bescheuert.

Andreas Weck

@Ribert Lirert: Deswegen haben wir auch zusätzlich den bereinigten Gender Pay Gap thematisiert.

Gruß aus der Redaktion.

Ribert Lirert

@Andreas Weck
Das wichtigste kommt natürlich auf der zweiten Seite. Aber die irreführenden reisserischen Informationen gleich am Anfang… T3n ist zum Boulevard verkommen. Schade.

Andreas Weck

@Robert Lirert, das Lesen eines Artikels können wir dem Leser leider nicht abnehmen. Du kannst jetzt auf die bösen Medien schimpfen oder einfach mal bei dir selber anfangen und einsehen, dass Überschrift lesen und dann impulsartig kommentieren, schlichtweg uncool ist.

Wir haben die Studie thematisiert und die Zahlen mit Einordnung in Relation gesetzt. Mehr geht nicht.

Gruß, aus der Redaktion.

SJW

Gender-Pay-Gap? Wtf?

Ist der politisch korrekte SJW-Quatsch jetzt auch bei euch angekommen? Fehlt nur noch gegenderte Rechtschreibung, liebe Reporter*innen.

Ich lese gerne t3n, aber Politik steht euch nicht.

Antworten
Lars

Die OECD ist genauso dämlich wie die SPD. Oder macht Propaganda. Sie berücksichtigt nämlich den Teilzeitanteil durch beispielsweise Kinderbetreuung nicht. Wir reden hier nämlich über einen Eltern-Pay-Gap.

http://www.br.de/nachrichten/faktencheck/spd-wahlplakat-uebertreibt-lohnluecke-fuer-frauen-100.html
http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/genderpaygap-103.html
https://correctiv.org/echtjetzt/artikel/2017/08/23/martin-schulz-lohnluecke-gender-pay-gap-21-oder-6-prozent-spd-cdu/

Antworten
Ludwig Bergmann

Wenn wir alle keine Kinder aufziehen würden, würden wir alle später verhungern oder verdursten oder an Krankheit hilflos verderben. Professor Wilfrid Schreiber, der „Vater der dynamischen Rente“, plante für die Rentenreform 1957, die Rentenversicherungsbeiträge für das Aufziehen der Kinder hauptsächlich an die Mütter zu geben, die das aber dann nicht bekommen haben, z.B. etwa 100 Milliarden Euro im Jahr 2015. Professor von Nell-Breuning S.J. bezeichnete dies als „himmelschreiende Ungerechtigkeit“, die zu mehr als einer Million Abtreibungen gezwungen hat und uns zu einem sterbenden Volk gemacht hat. Obendrein wurden dadurch unsere Renten im Verhältnis zu Löhnen und Gehältern stetig verschlechtert.

Am schlimmsten für uns alle ist aber dadurch unser Wirtschaftswachstum tendenziell immer weiter verschlechtert worden, besonders im Vergleich zum „Wirtschaftswunder“, das dieses Wachstum von 1950 bis 1960 insgesamt um mehr als 100% erhöhte, jährlich durchschnittlich um über 8%. Wenn wir seit 1970 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von nur 4% erzielt hätten, würden wir heute durchschnittlich alle wirtschaftlich über das Doppelte verfügen. Stattdessen werden wir alle noch durch eine nutzlose riesige Staatsverschuldung und Nullzinspolitik belastet.

Unsere Ungerechtigkeit schädigt nicht nur Frauen, sondern uns alle schwer. Einstein hat Recht mit dem ihm zugeschriebenen Satz „das Weltall und die menschliche Dummheit sind unendlich – beim Weltall bin ich mir nicht ganz sicher“.

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