Deutschland kann zum ÖPNV-Technologieführer werden

Eine U-Bahn der BVG in Berlin. Im Zentrum der urbanen Mobilität der Zukumft sollte der ÖPNV stehen. (Foto: Dante Busquets/Shutterstock)
Trotz Apps wie Uber, Berlkönig und Clevershuttle – die Digitalisierung der Mobilität steht gerade erst am Anfang. Denn die meisten Menschen bewegen sich noch klassisch von A nach B. Das Wichtigste bei der Digitalisierung der Mobilität ist dabei, dass sie zeitgleich ökologisch nachhaltig umgebaut wird. Deshalb muss der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im Zentrum zumindest der urbanen Mobilität der Zukunft stehen.
Viele deutsche Städte sind beim ÖPNV im internationalen Vergleich besonders gut aufgestellt. Züge und Busse sind eng getaktet und fahren in Großstädten oft die Nacht durch – S- und U-Bahnen sind gut mit dem feinmaschigeren Busnetz verzahnt. Laut einer Fahrplan-Vergleichsstudio der Technischen Universität in Turin kommen Fahrgäste in Berlin beispielsweise unter 32 verglichenen Städten am schnellsten ans Ziel mit dem ÖPNV – zumindest, wenn die Bahnen und Busse tatsächlich nach Fahrplan fahren.
Für Deutschland ergibt sich mit der Digitalisierung urbaner Mobilität daher eine besondere Chance: zum Weltmarkt- und Technologieführer für ÖPNV zu werden, glaubt auch der Soziologe und Publizist Harald Welzer. Die Stadt der Zukunft ist seiner Einschätzung nach autofrei, sagt er im Gespräch mit t3n. „Bisher hieß es ja immer, dass die individuelle Mobilität den Stadtbewohnern Komfortvorteile bringt. Das ist heute nicht mehr der Fall, denn sie stehen ständig im Stau, werden das Auto nicht los. Es gibt Flächenprobleme und zu wenig Parkraum.“
Dank Digitalisierung: Make ÖPNV Great Again
Mithilfe der Digitalisierung können wir den ÖPNV viel besser organisieren und individualisieren, als es jemals zuvor der Fall gewesen ist, ist Welzer überzeugt. Bei der Infrastruktur ist Deutschland dafür gut aufgestellt – jetzt braucht es noch mutige innovative Konzepte der Städteplaner und die entsprechende Software.
Und bei beiden steht Deutschland besser da als es angesichts der allgemeinen Schlafmützigkeit im Digitalen viele vermuten: In Augsburg haben die Stadtwerke beispielsweise kürzlich eine Mobilitäts-Flatrate angekündigt: Für 79 Euro im Monat können die Bürger künftig unbegrenzt ÖPNV und Leih-Fahrräder sowie 15 Stunden Carsharing-Autos nutzen. Ein attraktives Angebot: Laut ADAC betragen die monatlichen Kosten für ein Auto je nach Typ weit über 300 Euro, rechnet man alles zusammen – von den Anschaffungskosten über die Zeit bis zu Haftpflichtversicherung, Steuern, Benzin und Reparaturen. In Hamburg bietet die Hochbahn mit dem Angebot Switchh ähnliches.
Und auch bei der Software kommen innovative und nutzerfreundliche Apps aus Deutschland – von Jelbi über Clevershuttle und Moia bis Reach Now und Allygator. Jetzt fehlen nur noch die Städteplaner, die investieren und einen regulatorischen Rahmen schaffen, um Deutschland zu einem Vorreiter digitalisierter und ökologisch nachhaltiger Mobilität zu machen – mit einem digitalisierten ÖPNV im Zentrum, der mit Hilfe von Software und Echtzeit-Daten bequemer, günstiger und schneller wird.
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