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Interview
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Onlinewerbung: Warum jeder US-Skandal auch den deutschen Playern schadet

Auf der Dmexco in Köln werden unter anderem die Trends in der Onlinewerbung thematisiert. Mit Rasmus Giese, CEO der United Internet Media, haben wir über die Aussichten im Markt und über einige Zukunftsthemen gesprochen.

5 Min. Lesezeit
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Rasmus Giese, CEO United Internet Media (Foto: UIM)

Rasmus Giese hat es derzeit nicht leicht. Der CEO der United Internet Media beobachtet, wie die Skandale der US-amerikanischen Player auch der deutschen Werbewirtschaft zu schaffen machen. Wir haben mit ihm im Vorfeld der Dmexco über die steigende Bedeutung der Privatsphäre für die Nutzer, über das Potenzial von künstlicher Intelligenz in der Werbung und über die Zukunftsperspektiven von Third-Party-Cookies gesprochen. Klar ist bereits heute, dass die Browseranbieter hier ein gewaltiges Wort mitzureden haben werden.

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t3n: Privatsphäre und Datenschutz sind zu Reizthemen für die Branche geworden. Onlinewerbung hat den Ruf, den Nutzer auszuspionieren und zu stalken. Wie kann es den Online-Marketern gelingen, die Nutzer nicht werbemüde zu machen? 

Rasmus Giese: Datenschutz, Nutzerfreundlichkeit sowie Relevanz und Performance sind ja bei digitalen Kampagnen kein Widerspruch, sondern lassen sich effizient vereinen. Dabei helfen smarte Daten, mit denen sich intelligente Kampagnen erstellen lassen. Das gilt auch für Retargeting, ein an sich sehr effizientes Werbekonzept. Dabei werden Werbemittel von Produkten oder Dienstleistungen eingeblendet, für die sich Kunden zuvor interessiert haben. Weniger smart ist es allerdings, Kunden immer wieder die gleichen Werbemittel ohne Kontaktdosis zu zeigen, also ohne das sogenannte Frequency-Capping, bei dem eine bestimmte Anzahl von Einblendungen vorgegeben wird. Nutzer fühlen sich verfolgt, und auch die Kampagne büßt an Effizienz ein. Es ist deshalb wichtig, stets die richtige Balance zu finden, einen Mehrwert zu bieten und mit Hilfe von Daten die Kampagnen intelligenter zu machen.

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„Die Skandale der US-amerikanischen Player schaden dem Image der Digitalwerbung und dem Vertrauen beim Nutzer sehr.“

In diesem Bereich hat die Industrie in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Jede Maßnahme in Richtung bessere und intelligentere Werbung zahlt auf das Image der gesamten Werbebranche ein. Im Vergleich zu den großen Skandalen um Datenmissbrauch bei US-amerikanischen Playern sind schlecht gemachte Retargeting-Kampagnen aber doch eher das kleinere Problem. Die Skandale schaden dem Image der Digitalwerbung und dem Vertrauen beim Nutzer sehr viel mehr.

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t3n: Was sind denn aus deiner Sicht die Themen, die uns dieses Jahr besonders stark in den Kölner Messehallen beschäftigen werden?

Wir stehen an einer Schwelle: Im Jahr 2021 soll Onlinewerbung 52 Prozent der weltweiten Werbeausgaben ausmachen, so die Prognose von Zenith in seinen „Advertising Expenditure Forecasts“. Damit ist Digital Advertising nicht nur erwachsen und etabliert, sondern dominierend. Mit dem hohen Anteil am Gesamtmarkt sinken zwar die Wachstumsraten, aber die Internet-Budgets werden sich durch die Digitalisierung des Alltags auf absehbare Zeit weiter erhöhen. Wir erleben derzeit vor allem eine Evolution der Geschäftsmodelle und die Anpassung an neue Rahmenbedingungen und Technologien. Wir werden in den Hallen und auf den Bühnen also viel über künstliche Intelligenz, Smart Data, Plattformökonomie und Automatisierung sprechen – aber auch über die menschliche Perspektive wie Vertrauen, Privatsphäre, Inspiration und Verantwortung.

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t3n: Welche Rolle werden in Zukunft Audio- und Video-Werbeformate spielen? Und wie bewertest du das Voice-Thema?

Im Video-Advertising ist die Nachfrage weiterhin sehr hoch. Allerdings gibt es nach wie vor zu wenig qualitativ hochwertiges Inventar, das sich auch vermarkten lässt. Die wachsende Pay-Video-Streaming-Industrie beispielsweise ist zu großen Teilen werbefrei. Bei Digital-Audio verhält es sich anders. Audio hat nicht das Luxusproblem des immensen Nachfrageüberschusses, vergleichbar ist aber der große Nutzungszuwachs in den neuen Segmenten wie Audio-Streaming-Services und Podcasts. In beiden Bereichen, Video und Audio, ist so eine Konkurrenz mit klassischen Audio-Formaten um die Nutzungszeit entstanden. Allerdings werden die Budgets aktuell zum Großteil in die gelernten Formate platziert. Dies könnte sich aber schnell ändern, es bleibt spannend.

Ebenso wird auf Werbung im Voice-Marketing-Umfeld ein vergleichsweise geringer Anteil am Mediageschäft entfallen – zumindest kurzfristig. Voice-Geräte führen vielfach zu etablierten digitalen Geschäftsmodellen wie Audio-Streams. Neue Formate und exklusive Werbemodelle, die über Voice-Anwendungen funktionieren, stehen noch am Anfang. Nutzer werden sich kaum Werbung anhören, wenn sie per Voice-Anwendung Kommandos an den Lichtschalter geben, um die Lampe zu dimmen. So entfällt auf Display-Advertising sicher auch mittelfristig wesentlich mehr Umsatz in der digitalen Vermarktung.

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t3n: Alle reden von künstlicher Intelligenz, schon im vergangenen Jahr schien es kaum eine Debatte zu geben, in der nicht irgendwann KI zum Thema wurde. Wie schätzt du das ein und welche Erkenntnisse hast du über Einsatzbereiche im Marketing, in denen Machine Learning und KI Sinn machen?

Bei Web.de, GMX und UIM kommen smarte Algorithmen bereits bei neuen digitalen Assistenten im intelligenten Postfach zum Einsatz; bei der „Paketverfolgung“ im Postfach werden etwa E-Mails mit Auftrags- und Versandbestätigungen sowie Paketinformationen der Top-50 Online-Shopping-Plattformen erkannt und einander zugeordnet. Auch in der Vermarktung, in der Redaktion und der Sicherheit helfen neue Technologien beim Kampagnen-Management, der Erstellung von Content und beim Schutz vor Cyberkriminalität.

Dies wird allerdings nur der Anfang sein. Unsere diesjährige Ausgabe der Studienreihe „Digital Dialog Insights“ stellt die Themen künstliche Intelligenz und Datenqualität in den Mittelpunkt. Drei von vier der befragten Experten prognostizieren KI eine hohe Bedeutung für Unternehmen und Agenturen. Im Hinblick auf die Marketing-Strategie ist es die Hälfte. Dabei sehen die Befragten die vielversprechendsten Einsatzgebiete in den Bereichen Targeting, Verbesserung von Kundenerlebnissen sowie dem Erstellen von Werbeinhalten- und Motiven. Das Problem: Nur wenige Experten sind der Ansicht, dass KI im Marketing heute bereits für produktive Anwendungen ausreichend ausgereift sei.

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„Ein Problem bei KI-Anwendungen ist die Qualität der zur Verfügung stehenden Daten.“

Daher besteht eine hohe Investitionsbereitschaft für KI-Anwendungen, die Kundenerlebnisse individualisieren und verbessern. Da gibt es aber neben dem Investitionsbedarf auch noch weitere Hürden: Denn Experten nannten als größte Herausforderungen für die nächsten zwei Jahre eine geringe Basis von Opt-ins für die Nutzung und Verknüpfung von Daten sowie den Wegfall von Third-Party Cookies und vor allem die Qualität der zur Verfügung stehenden Daten für KI-Anwendungen.

t3n: In letzter Zeit sah es so aus, dass Cookies weniger wichtig werden. Publisher und Werber warnten im vergangenen Jahr in ungewohnter Einigkeit. Wie sieht die Situation jetzt aus und wie kann die Werbewirtschaft damit umgehen?

Cookie-basierte Business-Modelle stehen massiv unter Druck. EU-Regelungen, Cross-Device-Nutzung, Adblocker und Barrieren bei Browsern erschweren das Tagesgeschäft. Zwar ist das ein eher schleichender Prozess, aber der Cookie verliert seine dominierende Rolle als Basis digitaler Werbemodelle. Den größten Einfluss haben derzeit übrigens die Browser, deren Anbieter quasi als Gatekeeper auftreten. Die Zukunft hinsichtlich digitaler Werbung und Datenschutz gehört – und das ist bereits heute absehbar –  login-basierten Geschäftsmodellen, über die auch persistente und übergreifende Opt-ins zur Nutzung ihrer Daten eingeholt werden können.

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„Nutzer sollten dank Programmatic Advertising bei Regenwetter keine Werbung für Bademoden zu sehen bekommen.“

Die Vorteile liegen auf der Hand: So lassen sich Cross-Device-Konzepte wie Multi-Screen-Storytelling oder Cross-Device-Frequency-Capping umsetzen, sodass Werbungtreibende die Reihenfolge und Anzahl der Werbemittel vorab festlegen können – über alle Geräte hinweg. Mit dem Einverständnis der Nutzer lassen sich zudem Kampagnen auf spezielle Zielgruppen zuschneiden. Das funktioniert bei UIM auch automatisiert, denn wir haben unser Qualitäts-Targeting TGP programmatisch buchbar gemacht. Selbst die aktuelle Wetterlage kann berücksichtigt werden, damit Nutzer bei Regenwetter keine Werbung für Eis oder für Bademode zu sehen bekommen.

Rasmus Giese wird am Donnerstag, 12. September, um 13 Uhr mit anderen hochkarätigen Branchenvertretern auf der Experience Stage der Dmexco diskutieren. t3n ist Medienpartner der Dmexco.

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