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Starten statt Warten: Perfekte Bedingungen für dein Projekt wird es nicht geben

Menschen gehen sehr weit, damit nichts sie stört, ablenkt oder irgendwie beeinträchtigt. Damit haben sie jede Chance auf kreative Reibung eliminiert. Und das schadet dem Produkt.

4 Min. Lesezeit
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Die Reibung des Alltags ist es erst, die gute Arbeit ermöglicht. (Foto: Pheelings media / shutterstock)

Abnehmen, Geld anlegen, einen Brief schreiben, Buchführung, ein Kind bekommen, den Job kündigen, mehr Gehalt verlangen, die Weiterbildung oder die Fernreise, Ungerechtigkeit im Haushalt ansprechen und was auch immer bei euch gerade passiert oder nicht passiert: Der ideale Moment dafür wird nicht kommen. Sorry.

Und in der Zwischenzeit passiert: nichts.

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Die Suche nach perfekten Bedingungen ist wie die Jagd nach dem Ende des Regenbogens. Wir kommen ihm nie näher und irgendwann ist er ganz weg.

Und wie schaffe ich mir überhaupt perfekte Bedingungen für ein großes Projekt? Ich könnte ein Listicle zu dieser Frage schreiben, aber da gibt es ein Problem: Es wäre niemals fertig. Das erste Problem der Perfektion ist, dass sie ihre eigene Messlatte immer weiter verschiebt. Genau so geht es den idealen Bedingungen für ein großes Vorhaben: Perfektion kann in einem Moment bestehen, für einen kurzen Augenblick, in dem das Leben ein wenig stillsteht. Aber dann geht’s halt wieder weiter und das Telefon klingelt und der Paketbote steht vor der Tür und der Kunde von gestern braucht noch ganz kurz was, sollte in vier, fünf Stunden erledigt sein. Dann fließt das Leben weiter, reißt alle Beteiligten mit sich und unterhöhlt die perfekten Bedingungen.

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Selbst im Kleinen wird’s nix mit den perfekten Bedingungen.

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Denken statt machen

Das Streben nach perfekten Bedingungen hat zwei Ziele:

  1. Noch nicht anfangen müssen. Wer nach perfekten Ausgangsbedingungen strebt, der schiebt die eigentliche Arbeit vor sich her. Nett gesagt: Verzögerungstaktik. Ehrlich gesagt: Zeitverschwendung. Dahinter steckt die Angst, nicht gut genug zu sein.
  2. Die eigene Leistung absichern. Das Ergebnis soll großartig werden, mindestens. Dahinter steckt die Angst, hinter den eigenen Möglichkeiten zurückzubleiben.

So bleiben Menschen im Denken stecken, statt zu tun, was sie tun wollen. Emotional betrachtet ist es leichter, auf den perfekten Moment zu warten, als loszulegen. Das ist Selbstschutz – nur passiert dann halt nichts.

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Et hätt noch immer jot jejange

Für Großprojekte ist der Wunsch nach idealen Bedingungen endgültig hoffnungslos. Ich wollte mal ein Buch schreiben und lag stattdessen einen Sommer lang krank auf dem Sofa – hat auch geklappt. Eine Bekannte von mir besichtigte eines morgens die Baustelle ihres Hauses, dachte auf dem Rückweg über die Kreditraten nach und verlor eine Stunde später ihren Job. Inzwischen wohnt sie in diesem Haus und hat ein Büro für ihre erste eigene Firma. Eine Freundin plante ein neues Produkt für ihre Firma, als kurz nacheinander zwei Familienmitglieder intensiv pflegebedürftig wurden. Das Produkt gibt es noch nicht. Aber es wird kommen.

Natürlich sind das alles keine schönen Geschichten. Aber im strahlenden Sonnenlicht ist noch kein Baum stark geworden. Schatten und Sturm, Trockenheit und Kälte sind es, die einen Baum anregen, zu wachsen. Und die ihn überdauern lassen.

Nichts funktioniert – wie praktisch!

Perfekte Bedingungen sollen reibungslose Abläufe ermöglichen. Oder wenigstens wahrscheinlich machen. Vielleicht klappt das sogar – nur wäre damit nichts gewonnen. Weil keiner von uns seine Arbeit für eine perfekte Welt macht. Ich schreibe diesen Artikel nicht, weil bei euch da draußen alles so toll läuft. Im Grunde kann ich froh sein, dass du dir die Zeit genommen hast, ihn überhaupt zu lesen.

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Eigentlich schreibe ich keinen meiner Artikel über moderne Arbeit, weil es irgendwo toll liefe. Bei mir läuft es auch nicht toll. Mein Schreibtisch ist belegt, mein Rücken tut weh, ich habe Hunger, und ich würde gern mein Büro umbauen, aber seit Wochen ist das verdammte Eckanbauelement nicht lieferbar und ohne macht’s keinen Sinn.

Alles Mist.

Aber auch alles irgendwie inspirierend.

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Reibung ermöglicht gute Arbeit

Ich schreibe diesen Text, weil so viele von uns versuchen, gute Bedingungen zu schaffen, und dann kommt doch wieder etwas dazwischen. Ihr da draußen macht eure Arbeit, weil die Welt und das Leben und überhaupt alles immer noch ein wenig besser sein könnte.

Und als Menschen müssen wir damit klarkommen. Die Erwartung des perfekten Augenblicks ist zu hoch. Das Ideal der Perfektion verweichlicht. Es schürt eine Hoffnung, die enttäuscht werden muss. Leben bedeutet, mit Widerständen klarzukommen. Das kostet Energie, aber es macht uns auch stärker, schlauer und kreativer. Ich plane wirklich gern Dinge, aber gute Improvisation wird in der Praxis jeden Plan schlagen. Pläne sind Totholz. Improvisation ist Leben.

Die Reibung des Alltags ist es erst, die gute Arbeit ermöglicht. Menschen werden gut, wenn man sie herausfordert. Nicht überfordert, darum geht es nicht. Aber seit jeher überwinden Menschen Hindernisse, wenn sie etwas schaffen wollen. Feuermachen, fliegen, Websites gestalten, einen Flug buchen oder einen Impftermin. Es ist alles nicht so einfach. Und dieser Tatsache müssen unsere Produkte, unsere Dienstleistungen, all unsere Ideen gerecht werden.

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Probleme sind Teil unserer Geschichte

Und ich wünsche mir auch manchmal, dass das Leben leichter wäre. Ich schaffe mir sogar ganz gern gute Bedingungen: Ich räume meinen Schreibtisch auf, kommuniziere Zeiten der Nichterreichbarkeit und plane meine Aufträge so, dass Zeit für Kreativität bleibt. Das reicht dann aber auch. Die Suche nach Perfektion drückt die Angst vor dem ersten Schritt aus. Aber so kommt keiner von uns irgendwo hin. Perfekte Bedingungen machen Arbeit und kosten Zeit. Zu gewinnen haben wir dabei nichts.

Erst die Hindernisse des Alltags zwingen uns, gut darin zu werden, Probleme zu lösen. Diese Fähigkeit trägt uns durch das ganze Leben. Probleme sind ein Teil unserer Geschichte, genau wie unsere Lösungen es sind. Und ja, manchmal sind diese Lösungen improvisiert. Diese Fähigkeit gilt es zu erhalten, wir werden sie noch brauchen. In einer Welt der perfekten Bedingungen hätten wir alle nichts zu tun. Und das wäre dann auch wieder nicht richtig.

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5 Kommentare
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Dein t3n-Team

JK

Super Artikel. Dankeschön!

Antworten
KJ

Wirklich gut geschrieben. Danke :)

Antworten
Sascha Clifford Borchert

Hallo Frau Prophet, toller Artikel und vor allem absolut zutreffend.

Antworten
Julia Nikolaeva

Kann mich den anderen Kommentatoren nur anschließen: Top Artikel, danke!

Antworten
gstyleds

… in´s Tun kommen – gar nicht so einfach für Denker und Perfektionisten. Ich erkenne mich wieder und sage Danke für den Artikel :-)

Schön geschrieben!

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