Extreme Programming: So arbeitet Pivotal im Silicon Valley
Pivotal im Porträt. So wird Software im Silicon Valley entwickelt. (Bild: Pivotal Software)
Über zwei Stockwerke erstreckt sich das Pivotal-Hauptquartier, das mitten im Herzen von San Francisco liegt. Klassische Büroräume sucht man jedoch vergeblich. Stattdessen offenbart sich ein großer, offener Raum voller höhenverstellbarer Schreibtische sowie eine riesige Küche und gleich zwei Tischtennisplatten. Klingt erstmal wie jedes zweite hippe Startup in Deutschland. Doch im Gespräch mit Mladen Bajic, Associate Director bei Pivotal, wird schnell klar, dass weit mehr dahintersteckt.
Kleine Teams, keine Meetings
Pivotal ist ein Unternehmen, das verschiedene Software-Aufträge von Unternehmen annimmt und entwickelt. Darunter beispielsweise auch ein Auftrag von Daimler, im Zuge dessen eine Connected-Car-App entwickelt wurde. Jeder Tag startet jedoch vorerst mit einem gemeinsamen Frühstück. Das Buffet bietet alles, was der leere Magen so braucht: Waffeln mit Sirup und jede Menge Rührei und Speck.
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Nach dem Essen geht es in das erste große Standup-Meeting. Ja richtig, ganz ohne Absprache geht es dann doch nicht. Ein Stoffwürfel mit Mikrofon wird zwischen den Kollegen hin- und hergeworfen, sodass immer nur einer spricht. Thematisiert werden Änderungen und Infos, die das ganze Unternehmen betreffen. Auch neue Gesichter werden vorgestellt und Wünsche und Probleme sollen angesprochen werden. Alle klatschen einmal gemeinsam in die Hände. Damit ist das Standup beendet und es geht zurück an die Arbeitsplätze. Dort findet – wenn nötig – in kleineren Gruppen ein weiteres, kleines Standup-Meeting statt. Für den Rest des Tages gibt es jedoch keine weiteren Meetings mehr. Die einzelnen Mitarbeiter sollen sich voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren können.

Nach dem großen Standup-Meeting folgt ein weiteres im kleinen Projekt-Team. (Foto: Pivotal Software)
Extreme und Pair-Programming
Pivotal setzt auf Extreme Programming. Eine Methode der Softwareentwicklung, die das Lösen einer Programmieraufgabe in den Vordergrund stellt. Wichtig für das Vorgehen sind vor allem Teamarbeit und Offenheit. Deswegen ist die Kommunikation untereinander eine der wichtigsten Säulen. Der Kunde soll am Projektende ein funktionierendes Produkt erhalten, an dem er auch selbst aktiv mitgearbeitet hat. Dabei werden stets neue Funktionen implementiert und häufig getestet. Bajic bestätigt das: Tests zu schreiben sei einer der ersten Schritte. Wenn Entwickler nun Code hochladen, wird er automatisch und in sauberer Umgebung getestet.
Die gesamte Arbeitsweise von Pivotal baut auf guter Teamarbeit und Kommunikation auf. Deswegen auch die Entscheidung für ein offenes Büro. Sie wollten nicht einfach nur wie irgendein Startup aus dem Silicon Valley aussehen, sagt Bajic. Denn genau das sehe er immer wieder überall auf der Welt. Doch dann würden Mitarbeiter mit Noise-Cancelling-Kopfhörern arbeiten – getreu dem Motto: bloß nicht ansprechen.
„Gespräche im Hintergrund vermitteln Fortschritt.“
Mitarbeiter bei Pivotal dürften nur in Ausnahmefällen Kopfhörer tragen, beispielsweise für Telefongespräche. Denn Extreme Programming funktioniert nur mit offener Kommunikation. Auf die Frage, ob ein Großraumbüro wegen der erhöhten Lautstärke nicht dem Wunsch nach fokussierter Arbeit widerspräche, erwidert Bajic mit einem Kopfschütteln: „Gespräche im Hintergrund vermitteln Fortschritt.“

Es gibt kein Homeoffice bei Pivotal. Die einzelnen Projekt-Teams sollen beisammen sitzen. (Bild: Pivotal Software)
Für die Projekte werden kleine Teams gebildet. Sie bestehen aus einem Projektmanager, einem Designer und höchstens zehn Entwicklern. Die Teams sitzen alle beisammen und sollen jederzeit miteinander kommunizieren können. Die Entwickler arbeiten dabei immer zu zweit: Pair-Programming ist das Stichwort – ein wichtiger Bestandteil von Extreme Programming. Die beiden Entwickler haben zwar einen eigenen Computer, der Inhalt wird allerdings auf einem der beiden Bildschirme nur gespiegelt. Die Hände hat immer nur einer der beiden an der Tastatur. Die Rollen werden dabei immer wieder getauscht. Genau wie die einzelnen Teams – es sollen nicht immer die gleichen Leute zusammenarbeiten.
Lebenslanges Lernen wird bei Pivotal so zum täglichen Lernen. Denn das häufige Wechseln sorgt für einen ständigen Wissensaustausch. Entwickler sollen immer wieder mit Programmiersprachen und Umgebungen konfrontiert werden, in denen sie noch keine Erfahrung haben. In dem Fall agieren sie im Pair-Programming als der passive Part und lernen vom Partner. Die Arbeitsweise funktioniere für Pivotal deswegen auch nur ohne Homeoffice. Laptops werden nur selten für einen Außeneinsatz verteilt.

Die Entwickler arbeiten zu zweit. Pair-Programming soll den Wissensaustausch zwischen den Programmierern steigern. (Bild: Pivotal Software)
Der Kunde wird ins Projekt integriert
Pivotal startet Projekte immer erst mit eigenen Entwicklern. Doch mit dem weiteren Voranschreiten des Projekts müsse der Kunde mit eigenen Entwicklern irgendwann einbezogen werden, sagt Bajic. Die Mitarbeiter werden dann mit denen von Pivotal nach und nach ausgetauscht. So arbeitet der Kunde aktiv am Projekt mit. Denn die Software muss nach getaner Arbeit von Pivotal meistens weiterentwickelt werden. Ein Software-Projekt ist schließlich nie komplett abgeschlossen. Dabei werden dem Kunden auch die Pivotal-Arbeitsweisen näher gebracht. Das gehe so weit, dass die Räumlichkeiten des Kunden angepasst werden müssten, sagt Bajic. Denn wenn ein Büro keine Kommunikation untereinander zulässt, ist Extreme Programming schlicht nicht möglich.
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Ist das Büro nun in San Francisco oder „mitten im Silicon Valley“? San Francisco ist nicht mitten im Silicon Valley.
Hallo Beat,
da hast du recht. Das Büro ist in San Francisco. Danke für den Hinweis.
Viele Grüße
Andreas