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Interview

Plug-and-Play-Chef: „Der Wille zur Perfektion bremst deutsche Gründer aus“

Saeed Amidi gilt mit seinem Plug and Play Tech Center als einer der bekanntesten Startup-Investoren. Im Exklusiv-Interview erklärt er, warum deutsche Gründer sich und ihrem Erfolg oft selbst im Weg stehen.

5 Min.
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Saeed Amidi investiert jährlich in eine vierstellige Anzahl an Early-stage-Startups. (Foto: Plug and Play)

Seitdem der Exil-Iraner Saeed Amidi 1975 von seinen Eltern zur Ausbildung in die USA geschickt wurde, hat er nicht nur Unternehmen gegründet und geführt – sondern in den letzten Jahren vor allem auch über die globale Innovationsplattform Plug and Play in hunderte Startups investiert. Besonders am Herzen liegen Amidi Early-Stage-Investments, die er in industrie- und branchenspezifischen Accelerator-Programmen fördert.

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Inzwischen ist Plug and Play an mehr als zwei Dutzend Standorten weltweit vertreten und investiert jährlich in mehrere hundert Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen – in Deutschland zum Beispiel für Automotive (Startup Autobahn), Handel (Retailtech Hub), Versicherungen (Insurtech Europe), Pharma (Startup Creasphere) sowie Supply Chain & Logistics. Plug and Play hat Unternehmen wie Dropbox, Paypal und N26 unterstützt – und zu den Unternehmenspartnern in Deutschland zählen Allianz, Daimler, die Mediamarkt-Saturn-Gruppe, Munich Re, Porsche, Roche, Sanofi, Visa und Wirecard.

Am Rande der diesjährigen Bits & Pretzels in München haben wir Saeed Amidi getroffen und mit ihm über die Besonderheiten der deutschen Gründerszene gesprochen.

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t3n: Du investiert Jahr für Jahr in viele hundert Startups – warum vornehmlich in deren Frühphase?

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Saeed Amidi: Wir unterstützten mit Plug and Play in den USA insgesamt mehr als tausend Startups im Jahr in irgendeiner Form – sei es durch Investments, sei es aber auch ideell. Mit Plug and Play Mobility oder der Startup Autobahn in Deutschland fördern wir über hundert junge Unternehmen. Ich glaube, dass gerade die Frühphase spannend ist, weil sich da ein Geschäftsmodell, ein Service oder eine Unternehmensphilosophie erst noch herauskristallisiert. Wenn wir Kooperationspartner wie etwa Großkonzerne finden, in deren Business ein solches Unternehmen passt, dann ist das eine hervorragende Möglichkeit, ein Geschäft schnell zu skalieren. Davon abgesehen mag ich ganz persönlich diese Arbeit mit den Unternehmern und Gründern in der Frühphase – da kann Plug and Play aus meiner Sicht das meiste bewirken. Wenn ein Unternehmen hundert Mitarbeiter und 100 Millionen US-Dollar hat, brauchen die meine Hilfe nicht unbedingt.

t3n: Hast du mal ein Beispiel?

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Als Maximilian Tayental und Valentin Stalf von N26 zu mir kamen, waren sie mit ihrer Idee zu zweit. Wir haben sie unter anderem damals mit Peter Thiel zusammengebracht, das war eine große Hilfe. Als Peter dann aber Millionen investiert hatte, brauchten sie meine Hilfe nicht mehr so dringend. In der ersten Phase können wir am meisten bewirken.

t3n: Wie erlebst du die deutsche Startup-Szene, was fällt dir da auf und wo sind die Stärken und Schwächen der Unternehmen?

Mit unserem Programm in Kooperation mit Axel Springer SE haben wir (von Berlin aus) in über hundert Unternehmen in Deutschland investiert – und in Sachen Engineering und Industrietechnologie sind die Deutschen tatsächlich ganz weit vorne. Kürzlich hatte ich Gespräche mit der RWTH Aachen und anderen technischen Hochschulen. Aber was ich leider sehe, ist, dass die Gründer in Deutschland nicht groß genug denken, nicht global genug sind. Think big – werdet selbstbewusst! Viele deutsche Gründer machen ein paar Millionen Umsatz und sind durchaus erfolgreich – aber dass mal einer sagt, er wolle das nächste Google werden, erlebe ich nicht. Alles, was sich ändern muss, ist die Sichtweise – die muss größer und globaler werden für meine Begriffe. Da sind die deutschen Startups, aber auch die in anderen westeuropäischen Ländern, deutlich zurückhaltender die als im Silicon Valley.

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t3n: Muss diese globale Denkweise denn überhaupt sein, um erfolgreich zu sein?

Auf jeden Fall! Deutschland läuft sonst Gefahr, nicht mehr länger eine der international wichtigen Brutstätten für Unternehmer zu sein. Wir haben von Plug and Play Büros in Frankfurt und Stuttgart, in Hamburg und München – und wir glauben, dass wir die Unternehmen international vernetzen können, beispielsweise mit dem Silicon Valley oder mit China. Und das wollen wir mit den großen Startups aus Deutschland machen.

t3n: Glaubst du, dass der Brexit neue Chancen für Deutschland bringt?

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Ja, das ist auch der Grund, warum wir unser Büro in Frankfurt eröffnet haben. Wir haben da sehr viele Unternehmen der Fintech-Szene angesiedelt, die bisher insbesondere in London sehr stark waren. Wir glauben aber, dass gerade Frankfurt hier der nächste große Fintech-Hub für den europäischen Markt werden kann, weil dort die Regulierungsbehörden sitzen und viele wichtige Banken.

t3n: Wie sieht es in der Automobilwirtschaft aus? Da sind deutsche Unternehmen traditionell stark …

„Die Eigenschaft der Deutschen, alles immer perfekt machen zu wollen, bremst sie aus.“

Ich glaube tatsächlich, dass Unternehmen wie Mercedes, BMW und Audi weiterhin stark bleiben und großartige Autos fertigen werden. Noch mehr glaube ich aber, dass gerade sich China im Bereich der Elektromobilität und des autonomen Fahrens deutlich schneller und erfolgreicher bewegt – und dass auch in den USA Tesla und die Firmen in diesem Dunstkreis erfolgreich werden. Die Eigenschaft der Deutschen, alles immer perfekt machen zu wollen, bremst sie ein wenig aus. Großartige Ingenieurstechnik, aber weniger schnell und agil als etwa im Silicon Valley oder in China.

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t3n: Macht die deutsche Politik auch Fehler in diesem Kontext?

Wir hatten Frankreich vorhin schon kurz angesprochen – ich sehe, dass die Franzosen, insbesondere unter der neuen Regierung Macron, vieles richtig machen. Macron ist den Gründern und den Startups sehr zugetan und hat beispielsweise eine 5-Milliarden-Investition in Gründerfonds angekündigt. Plug and Play war in den 2000er-Jahren in Kaliformien einer der ersten Orte, an dem 550 Startups unter einem Dach versammelt waren. In der Station F in Paris sind es heute immerhin 800 Unternehmen, die zusammenkommen. Das ist ein hoch interessanter Platz, wo viel Spannendes passiert. Es ist ein vollständiges Ökosystem entstanden, in dem sich die Unternehmen gegenseitig befruchten. In dieser Hinsicht könnte in Deutschland echt mehr getan werden. Es ist an der Zeit, Gründer durch Investitionen, Partnerschaften und die Förderung ihrer Ideen zu feiern.

t3n: Was sollten Startups tun, wie sollten sich Gründer aufstellen, wenn sie erfolgreich sein wollen? Was sind Kardinalfehler, die du immer wieder siehst?

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Gründer denken mit ihren Unternehmen oftmals nicht weit genug. Sie fragen sich nicht, wo sie in ein oder zwei Jahren stehen wollen. Sie schauen aber auch zu wenig in ihr Umfeld und denken zu wenig darüber nach, welcher Investor für sie anhand der Entwicklung anderer vergleichbarer Unternehmen der richtige sein könnte. Große Investoren wie Plug and Play können Türen öffnen und Startups beispielsweise mit großen Konzernen oder Partnern zusammenführen – das ist die beste Form der Kontaktanbahnung, die man sich vorstellen kann. Gebt am Anfang nicht zu viele Unternehmensanteile weg – mehr als 10 oder 15 Prozent sind da oft zu großzügig gedacht in der C-Phase mit unter einer Million. Schaut Euch andere Startups in eurem Umfeld an und lernt von diesen – kopiert sie nicht, sondern versucht, in einer Art Mashup den für euch richtigen Weg zu finden. Es gibt so viele Unternehmer, die in ähnlichen Situationen waren und die ihren Weg gemacht haben – und daran sollte man sich orientieren und von deren Erfahrungen lernen. Und denkt nicht über einen Plan B nach – das ist nur ein Zeichen dafür, dass Ihr von eurer aktuellen Idee nicht völlig überzeugt seid.

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