Preisexplosion bei Ebay: Sind die Geforce-RTX-50-Karten von Nvidia die Mondpreise wert?

Geforce RTX 5090: Noch müssen viele Käufer:innen auf die von Nvidia-Chef präsentierte Grafikkarte warten. (Foto: picture alliance / REUTERS | Steve Marcus)
„Bringen wir es jetzt auf den Markt, weil wir ein paar Muster haben, die tatsächlich funktionieren, und hoffen, dass wir die Herstellungs- und Produktionsprobleme beheben und es später verkaufen können.“ So definiert der damalige Ars-Technica-Chefredakteur Ken Fisher schon 2004 einen „Paper Launch“. Eine Veröffentlichung nur auf dem Papier also, weil schon im Vorfeld klar ist, dass das Angebot die Nachfrage nicht decken kann.
Auch 20 Jahre später sind „Paper Launches“ gerade im Hardware-Segment weitverbreitet. In den ersten Corona-Jahren waren etwa pandemiebedingte Chip-Engpässe daran schuld, dass Sonys Playstation 5 zur Mangelware wurde. Im Fall von Nvidia waren die wenigen verfügbaren Exemplare seiner RTX-30-Grafikkarten zum Verkaufsstart innerhalb von Sekunden ausverkauft.
Der Geforce-RTX-50-Launch ist ein Papiertiger
Das gleiche Schicksal ereilte auch die neuesten, auf Nvidias Blackwell-Technologie basierenden Grafikkarten RTX 5080 und RTX 5090. Laut Launch-Ticker von PC Games Hardware waren knapp zehn Minuten nach dem offiziellen Verkaufsstart am 30. Januar bei führenden deutschen Händlern und bei Nvidia selbst keine Karten mehr zu bekommen. Stattdessen: Wucher-Angebote bei Ebay, wo das Flaggschiff 5090 auch heute noch statt eines Ladenpreises von rund 2.300 Euro für 3.400 Euro aufwärts verkauft wird.
Ähnlich lief es zur Veröffentlichung der RTX 5070 Ti am 20. Februar. Der empfohlene Verkaufspreis lag laut Nvidia bei 879 Euro. Im offiziellen Shop gibt es keine eigenen, sondern nur ein Partnermodell für knapp 1.000 Euro. Der hinterlegte Amazon-Link führt allerdings zu einem nicht verfügbaren Produkt. Das sieht heute bei großen Anbietern nicht unbedingt besser aus. Bei Alternate sind alle 5070-Ti-Karten ausverkauft, Cyberport listet nur Laptops, und bei Mindfactory fehlt die Kategorie gleich komplett. Immerhin bei Ebay wird man für 1.200 Euro aufwärts fündig.
Dass Scalper, teilweise mit Unterstützung von Bots, begehrte Konsumgüter aufkaufen und sie zu horrenden Preisen auf Plattformen wie Ebay weiterverkaufen, ist nicht neu und war für die RTX-50-Karten auch erwartbar. Laut einer Analyse von Videocardz habe unter anderem eine knapp kalkulierte Preispolitik dazu geführt, dass es pünktlich zur Veröffentlichung der 5080- und 5090-Modelle nur eine stark begrenzte Stückzahl an Partnerkarten gab, was unter anderem auch vom Hardware-Hersteller MSI bestätigt wurde.
Nvidia kann sich seine Preis-Leistungspolitik leisten
Ob die 5080- und 5090-Karten selbst den Originalpreis wert sind, darüber sind sich Kommentator:innen im Netz uneinig. Auf X bezeichnet NSA-Whistleblower Edward Snowden beispielsweise die Produkte als „F-Tier-Wert für S-Tier-Preis“. Tests von Hardware-Expert:innen wie Digital Foundry zeigen, dass die Karte aufgrund ihres Fokus auf DLSS, also das KI-basierte Hochskalieren eines in niedriger Auflösung ausgegebenen Originalbilds, die derzeit beste Gaming-Leistung bietet.
Andererseits fällt der Leistungssprung von der 40- zur 50-Serie im hochpreisigsten Segment weitaus geringer aus als in den Vorgängergenerationen. Ohne neue Features wie DLSS 4 Multi Frame Generation, das per KI aus einem bis zu drei Frames generieren und Bildraten damit verdreifachen kann, ist der Sprung noch einmal deutlich kleiner. Das zeigen selbst offizielle Benchmarks von Nvidia. Zudem unterstützen bislang nur eine Handvoll Spiele überhaupt DLSS 4. Und dann ist da noch der vergleichsweise extreme Stromverbrauch der 5090 von fast 600 Watt unter Volllast, 150 Watt mehr als der Vorgänger 4090.
Dass Gamer:innen und Kreative auf die Blackwell-Generation umsteigen, sobald es wieder Karten gibt, ist nicht gesetzt. Für die finanzielle Situation von Nvidia dürfte das allerdings ohnehin keine allzu große Rolle spielen. Denn obwohl die Firma ihren Erfolg ihren Gaming-Grafikkarten zu verdanken hat, spielen diese im Umsatz-Mix derzeit eine untergeordnete Rolle.
Zwischen November 2024 und Januar 2025 wurden im Gaming-Segment rund 2,5 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Die Umsätze mit Lösungen für Datenzentren betrugen allerdings weit mehr als das Zehnfache. Der Fokus von Nvidia auf Lösungen für Rechenzentren hat sich trotz zunehmender Bedenken über die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit von cloudbasierten KI-Anwendungen gelohnt.
Zölle als Gefahr für den Nvidia-Erfolg?
Was eine Bedrohung für die Umsätze der Chip-Firma darstellen könnte, sind die von US-Präsident Donald Trump geplanten Zölle auf ausgewählte Produkte. So hat Trump beispielsweise vergangene Woche angedroht, Chips aus Taiwan ab April mit einem Einfuhrzoll von 25 Prozent zu belegen. Diese Mehrkosten hätten die importierenden Unternehmen zu tragen. Unternehmen wie Nvidia, das stark abhängig von den von TSMC produzierten Chips ist.
Nicht nur Nvidia wäre davon betroffen. Auswertungen der Halbleiter-Experten von Counterpoint Research zufolge liegt der Marktanteil von TSMC im Bereich Chip-Foundries, also Fabriken, die auftragsmäßig Halbleiter für Firmen ohne eigene Fabriken fertigen, seit zwei Jahren bei rund 60 Prozent.
Das beeinflusst auch den Aktienkurs von Nvidia. Zwischen Januar und Februar war der Preis für Nvidia-Aktien um rund 16 Prozent gefallen. Nach einer kurzfristigen Erholung gab der Aktienwert in den vergangenen fünf Tagen nochmal um sechs Prozent nach. Daran sind allerdings nicht nur Trumps Zolldrohungen schuld, sondern auch Deepseek. Das chinesische KI-Startup hat mit seinem R1-Modell als performante und vermeintlich deutlich günstigere Open-Source-Alternative zu OpenAIs Reasoning-Modellen o3 für ordentlich, teils ungerechtfertigten Hype gesorgt. Was der spätestens für Mai geplante Release von R2 mit dem Aktienkurs von Nvidia machen wird, ist noch nicht abzusehen.
Aber selbst davon könnte Nvidia indirekt profitiert haben. Laut Semianalysis könnte Deepseek Zugriff auf die rund 60.000 KI-Beschleuniger seines Investors High-Flyer gehabt haben. Die wurden allesamt von der US-Firma produziert und sind nicht nur auf die für China beschnittenen Chipsätze beschränkt. Unabhängig überprüfbar sind diese Annahmen nicht.
Nvidias 50er-Serie ist kein Quantensprung für Games, sondern ein Hüpfer für KI
Im Vorfeld der Veröffentlichung hat Nvidia mit jeder Menge Superlative in Bezug auf seine 50er-Serie um sich geworfen. Blickt man hinter die reinen Zahlen, wird deutlich, dass sich gerade für Gamer:innen der Umstieg nicht lohnen dürfte, sofern die Karten in den nächsten Monaten überhaupt flächendeckend erhältlich sind. Interessanter wird es bei der Funktionalität für KI.
Für Berechnungen im großen Stil werden immer noch primär die eigens dafür entwickelten Datenzentren-Chips genutzt. Aber eine Kennziffer ist bei der 50er-Reihe dann doch relevant. Die darauf verbauten Blackwell-Chips können erstmals das nochmals komprimierte FP4 als Dateiformat für Berechnungen nutzen. Das sorgt für geringeren Stromverbrauch und schnelleres Ausführen von KI-Modellen.
Die mangelnde Präzision, die beim Komprimieren von Modellen zwangsweise auftritt, will Nvidia durch proprietäre Technik ausbessern. Tests zeigen ein durchwachsenes Bild. Laut Computerbase schneidert die 5090 in manchen Benchmarks im Vergleich zur 4090 besser ab. In anderen liefert sie aber nahezu identische Ergebnisse. Erste Benchmarks der auf Linux fokussierten Seite Phoronix wiederum unterstreichen, dass die Leistung bei der Textgeneration in bekannten Modellen von Mistral oder Meta deutlich über der des Vorgängers liegt. In Sachen Effizienz stellt die neue Kartengeneration allerdings fast einen Rückschritt dar.
Neuer und teurer ungleich besser und effizienter
Verkorkster Launch und eine messbare, aber geringer als erwartet ausfallende Leistungssteigerung: Ein Traumstart für eine neue Grafikkartengeneration sieht anders aus. Und das vor dem Hintergrund, dass potenzielle Preiserhöhungen aufgrund der US-Politik und Marktentwicklungen den Wechselenthusiasmus ausbremsen dürften. Allerdings hat Nvidia einen deutlichen Vorteil: Der Hauptkonkurrent AMD stellt laut einem Interview von Tom’s Hardware mit Senior-Vizepräsident Jack Huynh auf absehbare Zeit keine High-End-Gaming-Grafikkarten mehr her. Zumindest keine, die mit den Top-Karten von Nvidia konkurrieren können. Aber noch wird wohl auch der leistungshungrigste Gaming-PC ohne die 50er-Reihe auskommen müssen – und können.